Der Wandel aus der Sicht der Einheimischen
Die Kulturlandschaft der Gemeinde Ahrntal hat sich in den letzten 30 Jahren sehr stark verändert. Zum einen konnte ein starker Wandel der Siedlungsfläche wahrgenommen werden, andererseits hat aber auch in der Land- und Forstwirtschaft ein starker Strukturwandel stattgefunden.
St. Johann (1950-1969) © Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abt. 14, Amt für audiovisuelle Medien, Foto Ghedina, Cortina
Das zweite Autonomiestatut aus dem Jahr 1972 brachte der Gemeinde Ahrntal einen wirtschaftlichen Aufschwung. So sah das Wohnbaureformgesetz aus dem Jahr 1972 die Ausweisung von Wohnbauzonen durch die Enteignung von Grundstücken vor. Dadurch wurde die private aber auch die geförderte und soziale Bautätigkeit ermöglicht. Bis zu diesem Zeitpunkt waren kaum Grundstücke für die Verbauung vorhanden. Ausschließlich Landwirte, die selbst Grundstücke besaßen, konnten das Wohngebäude erweitern oder ein neues für die Söhne errichten. Ansonsten waren nur sehr schlechte Grundstücke auf den Schwemmkegeln erhältlich, die in vielen Fällen großen Gefahren wie Vermurungen oder Hochwasser ausgesetzt waren. Der Bauleitplan aus dem Jahr 1975 sah mehrere Wohnbauzonen vor, die schließlich auch verbaut wurden. Mittlerweile sind in allen Dörfern der Gemeinde Wohnbauzonen verbaut worden. Seit Mitte der 1970er Jahre wurden auch viele öffentliche Bauten (Schulen, Kulturhäuser, Sportanlagen, Feuerwehrhallen, …) realisiert sowie zahlreiche Bäche verbaut.
Auch der Straßenbau brachte viele Veränderungen mit sich. Mit Beginn in den 1970er Jahren wurden alle Höfe und viele Almen mit Zufahrtswegen erschlossen. Zu Beginn der 1990er Jahre wurde die Höfeerschließung erfolgreich abgeschlossen. Die erhöhte Erreichbarkeit der Höfe und der Einzug der Maschinen in der Landwirtschaft führten zu einem Umbruch der Bewirtschaftung. Nachdem bis weit in die 1960er Jahre die Selbstversorgung dominierte und viele Produkte angebaut wurden, verschwanden immer mehr Getreidefelder aus dem Landschaftsbild. Die Landwirte gingen von der Viehzucht ab und spezialisierten sich auf die Milchproduktion. Seither wird fast ausschließlich Grünlandwirtschaft betrieben. Zudem sind durch Planierungen, die Beseitigung von Hecken und den Bau von Feldwegen viele Kulturlandschaftselemente verloren gegangen.
Im Zuge dieser Entwicklung wuchsen die für das Ahrntal typischen Paarhöfe durch den Einsatz von Maschinen aber auch durch den Zukauf von Futter sowie durch die Lagerung der Gülle zu einer großen Ansammlung von Wirtschaftsgebäuden heran. Auch die Bewirtschaftung der Wälder hat sich verändert. In den 1950er Jahren wurden häufig große Kahlschläge im Ahrntal durchgeführt, da der Holzhandel hohe finanzielle Einnahmen brachte. Seit einigen Jahrzehnten werden meist nur einzelne Bäume gefällt. Der tiefe Holzpreis sowie die geringere Nutzung des Waldes für Weidezwecke haben zu einer Verdichtung des Waldes und gemeinsam mit Aufforstungen zu einem Anstieg der Waldgrenze geführt. Die vielen Sägen, die im Tal vorhanden waren, sowie auch die zahlreichen Mühlen, wurden als Folge des Nutzungswandels aufgelassen.
Der Almbereich wird nach wie vor zur Futtergewinnung, aber auch für Weidezwecke genutzt. Trotzdem sind zahlreiche Almen im Laufe der letzten Jahrzehnte aufgelassen worden. Dies hat zur Folge, dass sich die Alpenrosen immer stärker ausdehnen und somit potentielle Weidefläche verloren geht.
Luttach (2008) © Christine Wanker
Seit den 1970er Jahren bildet der Tourismus die wichtigste Einnahmequelle. Die Ankünfte und Übernachtungen sind seither vor allem im Winter stark angestiegen. Durch diese Entwicklung wurde auch die Bautätigkeit stark vorangetrieben. Seit den 1990er Jahren führte vor allem die quantitative aber auch die qualitative Erweiterung zu einem rasanten Anstieg der touristischen Infrastruktur. Zudem fand im Ahrntal eine Architektur Einzug, die zwar viele Preise ins Tal holte, gleichzeitig aber auch viel Kritik auslöste.
Neben dem Tourismus bieten auch die vielen Handwerks- und Gewerbebetriebe, die sich in den eigens dafür vorgesehenen Zonen niedergelassen haben, viele Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung. Trotzdem pendeln nach wie vor viele Menschen nach Bruneck oder Bozen, um dort einer Arbeit nachzugehen.
Zusammengefasst Aussagen der befragten Personen H. Rieder, E. Hofer, R. Tasser, A. Steger, J. Leiter, F. Innerbichler
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