Kulturlandschaftswandel in Südtirol seit 1950

Christine Wanker, Alexander Dusleag

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Land- und forstwirtschaftliche Nutzung

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges hat es einen großen Wandel der Landnutzung in der Gemeinde Ahrntal gegeben. Noch bis in die 1960er Jahre herrschte die Selbstversorgung vor. Die Bauern produzierten eine Vielzahl an landwirtschaftlichen Produkten und sie betrieben vor allem Viehzucht. Nur wenige lieferten täglich die Milch nach Bruneck in die Sennerei. Ein weiteres wichtiges Standbein war der Holzhandel. Deshalb war das Tal reich mit Sägen und Mühlen ausgestattet. Die typische Bodennutzungsform in den vorwiegend klein- und mittelbäuerlichen Betrieben war die Egartwirtschaft mit einem etwa 10-jährigen Umlauf. Die sogenannten Kornmandeln aber auch die Heustifler, die weit verbreitet waren und auf den Äckern und Wiesen der Bergbauern standen, gehörten somit genauso zur traditionellen Kulturlandschaft des Ahrntales wie die zahlreichen Kahlschläge in den Wäldern. (Innerhofer 2006, S. 151-165; Rutz 1968, S. 175)

In den letzten dreißig bis vierzig Jahren ist die Arbeit auf dem Hof durch den Einsatz von Maschinen sehr erleichtert worden. Aus diesem Grund werden auch keine Dienstboten mehr gehalten und die Erwerbstätigen im primären Sektor gingen seit 1951 um 82 % zurück. Im Jahr 2001 waren noch 11,4 % der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Zudem sind die Höfe im Tal, in vielen Fällen aber auch die Almen, seit den 1970er Jahren durch Zufahrtswege erschlossen worden.

Diese Entwicklung brachte große Veränderungen mit sich. Durch die erhöhte Erreichbarkeit der Höfe haben sich die Landwirte auf die Milchproduktion spezialisiert. Zudem konnte aufgrund der besseren Verkehrsanbindung günstiges Getreide importiert werden, sodass der arbeitsintensive Getreideanbau fast vollständig aufgelassen wurde.

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Steinhaus (1950-1969) © Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abt. 14, Amt für audiovisuelle Medien, Foto Ghedina, Cortina

Topographische Karte Fotostandort

Dies zeigen auch die statistischen Daten der Landwirtschaftszählungen. Im Jahr 1970 waren noch 309 ha Ackerfläche vorhanden, dreißig Jahre später hingegen nur noch 25 ha. Die dominierende Landnutzung ist seither die Grünlandwirtschaft. Die Dauerwiesen und Weiden haben sich zwischen 1970 und 2000 von knapp 6000 ha auf etwa 6500 ha ausgedehnt. Hinzu kommt noch, dass die Flächen seit dem Einzug der Maschinen an die neue Bewirtschaftungsform angepasst wurden: Planierungen wurden vorgenommen, Hecken und Flurgehölze entfernt und Feldwege gebaut. Das Landschaftsbild ist dadurch monotoner geworden und die Pflanzenvielfalt hat abgenommen. Während die Gunstlagen im Tal intensiv bewirtschaftet werden, kommt es vermehrt zur Auflassung von Grenzstandorten. Steile und schwer erreichbare Flächen liegen oft brach. Eine Extensivierung der Nutzung wird auch an der starken Ausdehnung der Weideflächen im Vergleich zu den Dauerwiesen deutlich. Diese Entwicklung betrifft vor allem die flächenmäßig stark ausgedehnten Almflächen, die immer weniger als Bergmähder, dafür aber verstärkt als Weidefläche für Jung- oder Galtvieh verwendet werden. (Tasser 2007b, S. 171-177)

Die Waldweide hat im Gegensatz dazu abgenommen. Dies ist auch auf den Bedeutungsverlust der Schaf- und Ziegenzucht zurückzuführen. Da auch die Waldnutzung für die Holzgewinnung an Bedeutung verloren hat, kommt es seit einigen Jahren zu einer Verdichtung der Waldflächen. (Rutz 1968, S. 176-179) Trotzdem hat der Wald seit dem Jahr 1970 leicht abgenommen und nahm im Jahr 2000 in etwa 5800 ha ein.

Die sonstigen Flächen haben seit dem Jahr 1970 um etwa 400 ha zugenommen und lagen im Jahr 2000 bei knapp 1900 ha. In diese Kategorie fällt unter anderem der Anbau von Sonderkulturen (z.B. Beeren und Kräuter), dem ein paar Bauern seit einigen Jahren nachgehen. Die ungenutzten Flächen sind von etwa 900 ha im Jahr 1982 auf 130 ha im Jahr 2000 gesunken.

Die landwirtschaftliche Gesamtfläche hat seit dem Jahr 1961 zugenommen und seit 1991 wieder leicht abgenommen. Im Jahr 2000 verzeichnete die Gemeinde 15.500 ha landwirtschaftliche Gesamtfläche. Ein Großteil dieser Fläche liegt in der eigenen Gemeinde, knapp 800 ha werden in anderen Gemeinden bewirtschaftet und in etwa 850 ha im Ausland. Auch die landwirtschaftliche Nutzfläche erfuhr in den Jahren zwischen 1970 und 2000 eine Ausdehnung: Sie stieg von etwa 6250 ha auf ca. 7050 ha an.

Die landwirtschaftliche Betriebszahl ist seit 1961 um etwa 17 % gesunken. Der stärkste Rückgang wurde zwischen den Jahren 1961 und 1982 verzeichnet. Seither stieg die Betriebszahl wieder leicht an. Im Jahr 2000 waren noch 400 Landwirtschaftsbetriebe vorhanden. Die Einrichtung des geschlossenen Hofes hat dazu beigetragen, dass die Landwirtschaft und das Bauerntum erhalten bleiben. (Rieder 2006, S. 332).

Ein Großteil dieser Betriebe besitzt mehr als einen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, doch die Zahl der Betriebe ohne landwirtschaftliche Nutzfläche ist seit 1982 angestiegen. Im Jahr 2000 besaßen 51 Betriebe keine landwirtschaftliche Nutzfläche, 55 Betriebe hingegen weniger als einen Hektar. Zwei Betriebe bewirtschafteten im Jahr 2000 überhaupt keine Landwirtschaftsfläche.

Die Verteilung der landwirtschaftlichen Betriebe nach sozioökonomischen Kriterien hat sich seit 1982 kaum verändert. Allerdings muss dabei erwähnt werden, dass vor dem Jahr 1982 der Anteil der Vollerwerbsbetriebe dominierte. (Innerbichler 2006, S. 155) Den größten Anteil nahmen im Jahr 2000 mit 47 % die Nebenerwerbsbetriebe ein. Der Anteil der Vollerwerbsbetriebe erfuhr seit 1982 einen leichten Rückgang und betrug im Jahr 2000 43 %. Leicht zugenommen hat die Bedeutung der Zuerwerbsbetriebe. Nicht nur der Urlaub auf dem Bauernhof, der im Jahr 2000 von knapp 15 % aller landwirtschaftlichen Betriebe angeboten wurde, stellt für die Landwirte eine interessante Einnahmequelle dar. Viele Bauern gehen einer Saisonarbeit nach oder sogar einem Vollzeitberuf, um ein weiteres finanzielles Standbein zu haben.

Obwohl die landwirtschaftliche Betriebszahl seit 1961 leicht gesunken ist, hat die Anzahl der Rinder um 1610 Stück (+ 73 %) zugenommen. Im Jahr 2000 waren 3817 Rinder in 260 rinderhaltenden Betrieben vorhanden. Die Zahl der Rinderbetriebe hat im Vergleich zur Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit einem Rückgang von 41 % stärker abgenommen. Der Anteil der Rinderbetriebe an der Gesamtzahl betrug im Jahr 2000 65 %. Noch zu Beginn der 1960er Jahre besaßen fast alle landwirtschaftlichen Betriebe (91 %) Rinder.

Mit dem Rückgang der Rinderbetriebe und dem Anstieg der Rinderzahl kam es fast zu einer Verdreifachung der Rinderzahl pro Betrieb. Die Zahl stieg von fünf im Jahr 1959 auf knapp 15 im Jahr 2000.

Trotz der gestiegenen Rinderzahl standen jedem Rinderbetrieb im Jahr 2000 im Schnitt nur sechs Hektar Dauerwiese zur Verfügung. Im Jahr 1982 waren es bei einer geringeren Rinderzahl 6,5 Hektar.


© Universität Innsbruck | Impressum | Aktualisiert am: 22.12.2008

Dauerwiesen und Weiden

Grasfutterkulturen ohne Wechselwirtschaft, die den Boden für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre belegen. Bei Dauerwiesen wird das Futter in der Regel nur durch Mähen geerntet. Bei Weiden hingegen wird es in der Regel durch weidendes Vieh genutzt.  Astat 2002

Rinder

Als Rinder gelten männliche und weibliche Zucht- und Schlachttiere, Milchkühe sowie andere Kühe, die als Masttiere und/oder Arbeitstiere gehalten werden.  Astat 2002

Wald

Als Wald gelten von forstwirtschaftlichen Bäumen oder Sträuchern bedeckte Flächen, deren Hauptprodukt das Holz ist. Dazu gehören auch jene mit Forstpflanzen bedeckten Flächen, auf denen zusätzlich oder nebenbei auch Grünpflanzen gedeihen. Darunter fallen auch die forstwirtschaftlichen Baumschulen, die für den Betriebsbedarf bestimmt sind. Auszuschließen sind die Edelkastanien und die Pappelhaine.  Astat 2002

Erwerbstätige

Personen mit 15 oder mehr Jahren aus der Wohnbevölkerung, welche selbstständig oder in einem Dienstverhältnis einer Tätigkeit nach gehen, durch die sie einen Ertrag oder eine Vergütung erhalten. Als erwerbstätig gelten auch jene, die ohne einen geregelten Arbeitsvertrag mit einem Familienmitglied mitarbeiten, welches eine selbstständige Tätigkeit ausübt (mithelfendes Familienmitglied).  Astat 2006b