Besiedelte Flächen
Das Ahrntal hat sich in den letzten 30 Jahren durch bauliche Maßnahmen stärker verändert als in vielen Jahrhunderten zuvor (Rieder 2006, S. 329). Der starke Wandel seit den 1950er Jahren geht auch aus einer Siedlungskartierung aus Orthofotos hervor. Die Siedlungsfläche in der Gemeinde Ahrntal hat sich seit dem Jahr 1954 mehr als verdoppelt. Dies obwohl die schlechte wirtschaftliche Situation im Tal und der extreme Mangel an Arbeitsplätzen nach dem Zweiten Weltkrieg bis hinein in die 1970er Jahre zu einer starken Abwanderung geführt haben und die Bevölkerungszahl seit 1951 nur um 40 % zugenommen hat.
Ein starkes Siedlungswachstum hat vor allem in der Zeitspanne zwischen 1954 und 1985 stattgefunden. In den folgenden zwei Jahrzehnten hat sich die Siedlungsausdehnung verlangsamt.
Die Siedlungsfläche der Fraktionen Luttach und St. Johann (inklusive Steinhaus) hat sich bis 1985 nahezu verdoppelt. Pro Jahr kamen in Luttach im Schnitt 4.900 m² Siedlungsfläche dazu, in St. Johann sogar in etwa 11.800 m². Die Fraktion St. Jakob verzeichnete vor allem zwischen 1985 und 2006 ein starkes Siedlungswachstum. Hier dehnte sich die Siedlung um ca. 4.500 m² pro Jahr aus. Mit dem starken Wachstum vergrößerte sich auch die Siedlungsfläche pro Einwohner. Zu Beginn der 1950er Jahre entfielen auf jeden Einwohner in etwa 180 m² Siedlungsfläche, im Jahr 2006 waren es knapp 300 m².
In der Gemeinde Ahrntal hat neben dem Bevölkerungsanstieg vor allem auch der wirtschaftliche Aufschwung zur Siedlungsausdehnung beigetragen. Der Tourismus gewann seit den 1950er Jahren immer mehr an Bedeutung und stellt seit den 1970er Jahren mit hohen Besucherzahlen im Sommer und im Winter das wichtigste Standbein der Wirtschaft dar. Durch den steigenden Wohlstand wurden Gasthäuser ausgebaut und neue Hotels errichtet. Auch private Wohnhäuser entstanden in großer Anzahl und es kam zur Niederlassung erster Industrie- und Gewerbebetriebe in den dafür ausgewiesenen Zonen. Die erste Gewerbezone entstand auf der „Gisse“ mit der Niederlassung des Drahtwerks „Elektrisola Atesina GmbH“ im Jahr 1972. In den folgenden Jahren erlebten Industrie und Gewerbe, aber auch die Bauwirtschaft, einen starken Aufschwung. Auch der Handel gewann durch die florierende Tourismusbranche stark an Bedeutung. Seit dem ersten Bauleitplan aus dem Jahr 1975 wird auch der geförderte und soziale Wohnbau in den Wohnbauzonen vorangetrieben.
Aus der Graphik zu den Baufertigstellungen wird ersichtlich, dass zwischen 1996 und 2004 viel Wohnkubatur in der Wohnbauzone C (Erweiterungszone) realisiert wurde. Regelmäßig kam auch Wohnkubatur in der Zone E (landwirtschaftliches, alpines Grün und Wald) dazu. Seit einigen Jahren ist eine starke Bautätigkeit in der Zone B (Auffüllzone) erkennbar.
Die hohe Bautätigkeit im landwirtschaftlichen Grün führte dazu, dass der Anteil der Einzelhäuser an der Gesamtzahl anstieg und im Jahr 2001 23 % ausmachte. Dies spricht für eine hohe Zersiedelung. Da sich die Siedlungsfläche vor allem auf die Talsohle beschränkt und sich speziell entlang der Straßen ausdehnt, wachsen die einzelnen Dörfer mehr und mehr zusammen. Mittlerweile bilden die Dörfer schon fast einen zusammenhängenden Siedlungskörper, der nur mehr schwer getrennt werden kann.
Zusätzlich zum wirtschaftlichen Aufschwung hat auch die Abnahme der Haushaltsgröße zum Anstieg der Bautätigkeit beigetragen. Dadurch stieg die Anzahl der Haushalte stark an, was zu einem erhöhten Wohnungsbedarf beitrug. Nach wie vor gibt es im Ahrntal sehr viele Haushalte mit fünf oder mehr Personen, doch der Anteil der kleineren Haushalte hat stark zugenommen. Auf jedes Wohngebäude entfielen im Schnitt im Jahr 2001 1,7 Wohnungen.
Laut einer Studie des ASTAT (2004) waren im Jahr 2002 1,53 % der Gemeindefläche besiedelt. Potentiell besiedelbar wären knapp 4 % der Gemeindefläche.
Verkehr
Ausschlaggebend für die wirtschaftliche Entwicklung des Tales war die verkehrsmäßige Erschließung. Bereits durch das Bergwerk in Prettau wurde im 19. Jahrhundert die Straße durch das Ahrntal ausgebaut. Die Eröffnung der Lokalbahn von Bruneck nach Sand im Jahr 1908 erhöhte zudem noch die Erreichbarkeit des Tales. (Lechner 2006, S. 219) Im Jahr 1957 hat die Bahn zwischen Bruneck und Sand ihre Tätigkeit eingestellt. Im selben Jahr wurde aber eine sieben Meter breite Talstraße auf einer zum Teil neuen Trasse zwischen Sand und Luttach fertiggestellt. Bis 1964 wurde sie bis Steinhaus weiter gebaut. (Rutz 1968, S. 170)
Ab den 1970er Jahren sind die Höfe im Tal, aber in vielen Fällen auch die Almen, durch Zufahrtswege erschlossen worden. Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts war die Höfe- und Almerschließung zum Großteil abgeschlossen.
Durch den ansteigenden Tourismus und die zunehmende Motorisierung hat der Verkehr in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Deshalb wurden die Umfahrung von St. Johann, der Bau eines Tunnels hinter St. Peter sowie Verbreiterungs-, Sicherungs- und Begradigungsarbeiten notwendig. In den letzten Jahren wurde auch der öffentliche Nahverkehr ausgebaut. Seit 1993 verkehren die Buslinien des Ahrntales im Halb-Stunden-Takt. (Innerbichler 2006 S. 161-165)
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