Kulturlandschaftswandel in Südtirol seit 1950

Christine Wanker, Alexander Dusleag

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Vergleichende Analyse

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Die Bevölkerungszahl entwickelte sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in fast allen Gemeinden positiv. Im Durchschnitt wuchs die Bevölkerung in den zehn Untersuchungsgemeinden um ca. 50 %. In Gesamt Südtirol nahm die Bevölkerung zwischen 1951 und 2006 um 46 % zu. In den Gemeinden Naturns, Brixen und St. Ulrich nahm die Einwohnerzahl am stärksten zu. Das geringste Wachstum fand mit 12 % in der Gemeinde Mals statt. Ein negatives Bevölkerungswachstum kennzeichnet die Gemeinde Martell: Zwischen 1951 und 2006 nahm die Bevölkerung um 5,4 % ab.

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Aus der Graphik zur Entwicklung der Siedlungsfläche geht hervor, dass sich die Siedlungsfläche zwischen 1954 und 2006 in allen Gemeinden zumindest verdoppelt hat. In den Gemeinden Naturns und Schenna hat sich die Ausdehnung der Siedlungen sogar nahezu vervierfacht. Da die Siedlungsfläche auch in Gemeinden mit einem geringen Bevölkerungswachstum oder mit einer Abnahme der Bevölkerung zugenommen hat, kann man daraus schließen, dass die Entwicklung der Siedlungsfläche nicht in direktem Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung steht.

Die Daten zur Siedlungsentwicklung gehen aus einer Kartierung aus Orthophotos hervor, die im Laufe des Projektes durchgeführt wurde. Dabei wurden nur neue Siedlungsflächen berücksichtigt. Verdichtungen in bereits besiedeltem Gebiet gehen aus der Erhebung nicht hervor.

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Aufgrund der starken Zunahme der Siedlungsfläche, hat die Siedlungsfläche je Einwohner in allen Gemeinden zugenommen. Die stärkste Zunahme wird dort verzeichnet, wo die Bevölkerung geschrumpft oder nur wenig gewachsen ist (Gemeinden Martell und Mals) und dort wo die Siedlungsfläche verhältnismäßig stark zugenommen hat (Gemeinden Naturns und Schenna).

Betrachtet man die absoluten Zahlen so wird deutlich, dass die Gemeinde Toblach bereits in den 1950er Jahren die höchste Siedlungsfläche pro Einwohner besaß (280 m²). Bereits damals war die touristische Infrastruktur in dieser Gemeinde stark ausgebaut.

Die Gemeinde St. Ulrich verzeichnet den geringsten Anstieg der Siedlungsfläche je Einwohner (ca. 60 %). Dies kann dadurch erklärt werden, dass die Gemeinde im Laufe der letzten 50 Jahre einige öffentliche Bauten sowie Gewerbe- und Handwerkerzonen auf dem Grund der umliegenden Gemeinden realisiert hat.

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In dieser Graphik ist eine starke Zunahme der Haushalte zwischen 1971 und 2006 in allen Gemeinden erkennbar. Am stärksten hat die Anzahl der Haushalte in Naturns um etwa 150 % zugenommen. Mit einem Zuwachs um etwa 120 % fand zudem in den Gemeinden Ahrntal und Ritten ein starker Anstieg statt. Diese Entwicklung ist nicht ausschließlich auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen, sondern auch auf die Abnahme der Haushaltsgröße. Dies kann am Beispiel der Gemeinde Martell verdeutlicht werden: Trotz einer Bevölkerungsabnahme stieg die Anzahl der Haushalte um 64 % an.

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Die Haushaltsgröße hat seit dem Jahr 1971 stark abgenommen. Im Schnitt hat die Einwohnerzahl pro Haushalt in Südtirol von 3,72 im Jahr 1971 auf 2,52 im Jahr 2006 abgenommen. Dies entspricht einer Abnahme um ein Drittel. Die Gemeinden Ahrntal, Mals, Martell und Naturns, in denen zu Beginn der 1970er Jahre im Schnitt die größten Haushalte vorzufinden waren, haben die stärkste Abnahme der Haushaltsgröße erfahren. Trotz dieser Entwicklung besitzt die Gemeinde Ahrntal mit 3,18 Einwohnern pro Haushalt im Vergleich zu den anderen Untersuchungsgemeinden große Haushalte. Die Gemeinden Brixen, Kaltern und St. Ulrich besaßen als einzige bereits in den 1970er Jahren Haushalte mit durchschnittlich 3,6 Einwohnern. Heute sind die Unterschiede zwischen den Gemeinden in Bezug auf die Einwohner pro Haushalt geschrumpft.

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Die Übernachtungen je Einwohner haben in allen Gemeinden zugenommen. Den stärksten Zuwachs erfuhr die Gemeinde Schenna, in der 1951 die touristische Nutzung noch weitgehend unbekannt und sehr wenig ausgeprägt war. Der Tourismus spielte zu Beginn der 1950er Jahre nicht nur in der Gemeinde Schenna sondern auch in den Gemeinden Kaltern, Mals und Naturns eine untergeordnete Rolle. Mit weniger als einer Übernachtung pro Einwohner wird dies verdeutlicht. Heute stellen diese Gemeinden wichtige Destinationen für den Fremdenverkehr dar. In der Gemeinde Schenna stiegen die Nächtigungen in nur fünf Jahrzehnten von etwa 250 auf ca. 970.000 an. Dadurch erfuhren auch die Übernachtungen je Einwohner einen Anstieg von 0,12 auf 346.

Auch die Gemeinden Ahrntal und Toblach verzeichneten einen starken Anstieg der Übernachtungen je Einwohner. Bei der Gemeinde St. Ulrich fällt hingegen auf, dass bereits 1951 knapp 70 Übernachtungen pro Einwohner gezählt wurden. Dies ist auf die verhältnismäßig hohen Nächtigungszahlen zurückzuführen, die im Jahre 1951 bereits knapp 190.000 betrugen.

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Die Übernachtungen pro Beherbergungsbetrieb sind in jeder der zehn untersuchten Gemeinden angestiegen. Betrachtet man nur die Übernachtungen so wird ersichtlich, dass auch diese in fast allen Gemeinden zugenommen haben. Eine Ausnahme bildet hier die Gemeinde St. Ulrich, die zwischen 1975 und dem Jahr 2001 einen leichten Rückgang der Nächtigungen erfuhr. Die Anzahl der Beherbergungsbetriebe ist hingegen in den meisten Gemeinden gesunken, was auch der Entwicklung auf Südtirolebene entspricht. Ausschließlich in den Gemeinden Ahrntal, Schenna und Toblach stieg in diesen 26 Jahren die Anzahl der Betriebe.

Am meisten Übernachtungen fanden 1975 in der Gemeinde St. Ulrich mit knapp 554.000 statt. Genauso besaß diese Gemeinde sei es im Jahr 1975 als auch 2001 am meisten Beherbergungsbetriebe. Aufgrund der hohen Betriebszahl und der Abnahme der Nächtigungen verzeichnete St. Ulrich mit knapp 1.600 Übernachtungen pro Beherbergungsbetrieb im Jahr 2001 den geringsten Wert.

Am meisten Übernachtungen pro Beherbergungsbetrieb fanden 2001 mit knapp 4.000 in der Gemeinde Schenna statt, die mit etwa 886.000 Übernachtungen auch an erster Stelle im Vergleich zu den anderen Untersuchungsgemeinden liegt. Auch in der Gemeinde Martell, die 1975 nur etwa 21.600 Nächtigungen zählte, stieg die Anzahl der Übernachtungen pro Beherbergungsbetrieb aufgrund einer starken Zunahme der Nächtigungen und einer Abnahme der Betriebszahl auf 2.067 im Jahr 2001 an. Die restlichen Gemeinden verzeichneten im Jahr 2001 zwischen 1.900 und 3.000 Übernachtungen pro Beherbergungsbetrieb.

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Nahezu in allen Untersuchungsgemeinden hat die Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe zwischen 1961 und 2000 abgenommen. Im Durchschnitt wurde in diesen zehn Gemeinden ein Rückgang um 20 % verzeichnet. Im Vergleich dazu ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Südtirol im Schnitt um knapp 9 % zurückgegangen. Einzig in der Gemeinde Ritten nahm die landwirtschaftliche Betriebszahl um etwa 21 % zu. In der Gemeinde Toblach wurden, nach einem Anstieg der Betriebszahl in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren, im Jahr 2000 gleich viele Betriebe gezählt wie 1961.

Den stärksten Rückgang erfuhr die Gemeinde Mals wo vor allem Kleinbetriebe die Landwirtschaft aufgaben. Auch in der Gemeinde Kaltern ging die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe stark zurück. Hier verlor die Viehhaltung stark an Bedeutung. In den Gemeinden St. Ulrich und Schenna, wo auch ein starker Rückgang verzeichnet wurde, verdrängte der Tourismus immer stärker die Landwirtschaft.

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Die Anzahl der Betriebe mit Rinderhaltung hat in allen Gemeinden stark abgenommen. Sogar in der Gemeinde Ritten, wo die Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe zugenommen hat, wird eine Abnahme der Rinderbetriebe um knapp 40 % verzeichnet. Dies ist auf den Bedeutungsgewinn des Obst- und Weinanbaus zurückzuführen. In den Gemeinden Kaltern und Naturns, wo der Obst- und Weinanbau eine starke Ausdehnung erfahren haben, gingen die Rinderbetriebe am stärksten zurück. In der Gemeinde Kaltern sind sogar fast alle rinderhaltenden Betriebe verschwunden. Im Jahr 2000 waren nur noch fünf Rinderbetriebe vorhanden.

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Gegen Ende der 1950er Jahre besaß ein Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe Rinder. Ausschließlich in der Gemeinde Kaltern war der Anteil der Rinderbetriebe mit knapp 26 % bereits damals relativ gering. Inzwischen ist der Anteil der Rinderbetriebe an der Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in allen Gemeinden zurückgegangen.

Dadurch dass in der Gemeinde Kaltern nur noch fünf Rinderbetriebe vorzufinden sind, ist ihr Anteil an der Gesamtzahl von 26 % im Jahr 1959 auf 0,6 % gesunken. Auch im Martelltal, wo in den 1950er Jahren noch fast jeder Bauer Vieh besaß, sank der Anteil der Rinderbetriebe auf knapp 45 % ab. Hier haben viele Landwirte im Talboden die Rinderhaltung aufgegeben und sind auf den Anbau von Sonderkulturen umgestiegen. Auch auf dem Ritten und in der Gemeinde Naturns hat der Obstanbau auf Kosten der Rinderhaltung an Bedeutung gewonnen. In der Gemeinde Mals spielt die Rinderhaltung mit einem Anteil von knapp 83 % nach wie vor eine wichtige Rolle.

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Die Entwicklung der Rinderzahl ist sehr heterogen. Trotz einer Abnahme der Rinderbetriebe und auch des Anteils der Rinderbetriebe an der Gesamtzahl in allen Gemeinden hat die Rinderzahl in sechs Gemeinden zugenommen. In den Gemeinden Brixen und Toblach wurde nahezu eine Verdoppelung der Rinderzahl verzeichnet. Auch in der Gemeinde Ahrntal stieg die Zahl der Rinder um knapp 73 % an. Eine Zunahme fand auch in den Gemeinden Ritten (54 %), Mals (32 %) und Martell (4 %) statt. Leicht abgenommen hat die Rinderzahl hingegen in der Gemeinde Schenna, während in der Gemeinde Naturns im Jahr 2000 knapp 50 % weniger Rinder als im Jahr 1959 vorhanden waren. In der Gemeinde Kaltern sank die Rinderzahl auf 16 Stück ab. Einzig in der Gemeinde St. Ulrich erreichte die Rinderzahl im Jahr 2000 wieder das Niveau von 1959.

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Aufgrund der relativ starken Abnahme der Rinderbetriebe in allen Gemeinden und des teilweise starken Anstiegs der Rinderzahl, stieg die Rinderzahl pro Rinderbetrieb in allen Untersuchungsgemeinden an. In nahezu allen Gemeinden stieg die durchschnittliche Rinderzahl auf mehr als zehn Rinder pro Betrieb an. In den Gemeinden Toblach, Ritten und Mals entfallen auf jeden Rinderbetrieb im Schnitt mehr als 15 Rinder. Dies zeigt, dass es in diesen Gemeinden viele Groß- und wenig Kleinbetriebe gibt.

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Die Ackerfläche hat seit dem Jahr 1970 in allen Gemeinden stark abgenommen. In der Gemeinde St. Ulrich, wo bereits im Jahr 1970 nur noch ein Hektar Ackerland vorhanden war, wurde auch noch die letzte Anbaufläche aufgelassen. Auch in den Gemeinden Toblach, Naturns und Ahrntal verschwanden die Ackerflächen fast vollständig aus dem Landschaftsbild. Nach wie vor sind aber in fast allen Gemeinden kleine Restflächen an Ackerland vorhanden. In der Gemeinde Brixen wird noch auf 165 ha Ackerbau betrieben.

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Die Ausdehnung und Intensivierung des Obstbaus hat in einigen Gemeinden sehr große Veränderungen der Kulturlandschaft hervorgerufen. Vor allem in den tiefen Lagen der Gemeinden Ritten gewann der Obstbau stark an Bedeutung. In den 1970er Jahren wurde nur auf zwei Hektar Obstbau betrieben. Im Jahr 2000 waren es bereits in etwa 140 Hektar. Auch in der Gemeinde Brixen fand eine Verdoppelung der Obstbauflächen statt. Die größten Obstbauflächen findet man in der Gemeinde Kaltern (726 ha) und in der Gemeinde Naturns (655 ha). In der Gemeinde Mals beschränkt sich die Obstbaufläche auf zehn Hektar (Jahr 2000), in der Gemeinde Martell sogar auf zwei (Jahr 2000).

Einzig in der Gemeinde Schenna haben die Obstflächen in den letzten 30 Jahren einen leichten Rückgang erfahren. Dies kann auf die starke Ausdehnung der Siedlungsfläche zurückgeführte werden. In den Gemeinden Ahrntal, St. Ulrich und Toblach wird kein Obstbau betrieben.

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In den letzten Jahrzehnten wanderten viele Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft aufgrund besserer Verdienstmöglichkeiten in anderen Wirtschaftssektoren ab. Viele Arbeitskräfte fanden vor allem im Tourismus oder in der Industrie eine besserer Beschäftigung. Um den Arbeitskräftemangel wett zu machen, wurde die Landwirtschaft mechanisiert. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Statistik wieder: Zwischen 1951 und 2001 sank die Zahl der Erwerbstätigen im primären Sektor im Schnitt um 69 %. Am stärksten war der Rückgang in der Gemeinde St. Ulrich, wo im Jahr 2000 nur noch 23 Personen, also 1,15 % der Erwerbstätigen im primären Sektor tätig waren.

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Die Anzahl der Beschäftigten in Industrie und Gewerbe hat in allen Gemeinden zugenommen. Der stärkste Zuwachs fand in den Gemeinden Naturns und Ritten statt, da sich hier einige Betriebe niedergelassen haben, die inzwischen große Produktionsmengen aufweisen und auch über die Landesgrenzen hinweg bekannt sind. Am meisten Beschäftigte in Industrie und Gewerbe besitzt die Gemeinde Brixen (knapp 1.900 Beschäftigte). Seit den 1970er Jahren haben sich in der Industriezone der Stadt Brixen viele Betriebe niedergelassen. In den Gemeinden Martell und Schenna sind weniger als 50 Menschen in Industrie und Gewerbe beschäftigt.

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© Universität Innsbruck | Impressum | Aktualisiert am: 22.12.2008