Kulturlandschaftswandel in Südtirol seit 1950

Christine Wanker, Alexander Dusleag

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Der Wandel aus der Sicht der Einheimischen

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Kompatsch (1954) © Familienarchiv Hermann Wenter

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Das Landschaftsbild der Gemeinde Naturns hat sich sehr stark verändert. Noch in den 1950er Jahren gehörte zu jedem Haus im Tal auch ein Wirtschaftsgebäude. Die Bauern waren zum Großteil Selbstversorger. Sie bauten Getreide an und kombinierten den Obstbau mit der Viehwirtschaft. Durch die Aufgabe der Selbstversorgung und die zunehmende Marktorientierung setzte eine Intensivierung der Landwirtschaft ein. Die Getreidefelder wurden aufgelassen und durch Monokulturen ersetzt. An den Hängen des Sonnenberges wurden die Waale aufgelassen, da sie durch die künstliche Bewässerung nicht mehr gebraucht wurden. Dadurch ging die wertvolle Flora und Fauna im Bereich der Waale verloren. Zudem wurden die zahlreichen Auen gerodet und gemeinsam mit den Mösern entwässert, um neue landwirtschaftliche Nutzfläche zu gewinnen. Viele Flächen wurden planiert, damit sie für die maschinelle Bearbeitung geeignet sind. Dadurch sind Trockenmauern und Zäune aus der Landschaft verschwunden. Heute wird der Talboden vom intensiven Obstanbau beherrscht, es werden fast ausschließlich Äpfel angebaut. Da die Viehwirtschaft im Zuge dieser Entwicklung aufgelassen wurde, standen im Tal viele Wirtschaftsgebäude leer und wurden folglich abgerissen oder umgebaut.

Vieh- und Milchwirtschaft werden heute fast ausschließlich auf den Berghöfen betrieben. Der Bau von Materialseilbahnen in den 1960er und 1970er Jahren löste am Berg einen großen Strukturwandel aus: Die Getreideflächen wurden aufgelassen und in Wiesen umgewandelt, da durch die Erschließung zum ersten Mal Milchtransporte ins Tal möglich waren. Für einen weiteren großen Wandel sorgte der Bau der Hofzufahrten in den letzten drei Jahrzehnten. Die Berghöfe wurden dadurch für Maschinen erreichbar, was großflächige Planierungen, den Bau von Feldwegen und die Verbesserung der Wohnverhältnisse ermöglichte. Zudem werden die landwirtschaftlichen Nutzflächen heute maschinell bearbeitet.

Der Fremdenverkehr, der vor allem seit den 1970er Jahren eine große Bedeutung in Naturns hat, stellt für viele Landwirte einen interessanten Nebenverdienst dar. Sei es im Tal als auch am Berg bieten viele landwirtschaftliche Betriebe Urlaub auf dem Bauernhof an. Am Berg spielt auch der Hofschank eine wichtige Rolle. Aufgrund der guten Verdienstmöglichkeiten haben einige Bergbauern bereits das Vieh aufgegeben und bewirtschaften nicht mehr alle Wiesen im Umkreis der Höfe. Zudem könnten in Zukunft steile Flächen aufgelassen werden, da die Bewirtschaftung sehr zeitaufwendig ist. Die Verbuschung dieser Flächen könnte zu weiteren Veränderungen der Kulturlandschaft und zu einem erheblichen Attraktivitätsverlust der selben führen.

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Naturns (2008) © Christine Wanker

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Eine ähnliche Entwicklung ist auch auf den Almen erkennbar. Die Kühe verbringen heute das ganze Jahr im Stall und auf die Almen wird nur noch Galtvieh aufgetrieben. Das Interesse der Bauern, die beweidbaren Flächen zu pflegen, ist heute gering. Das Entfernen der kleinen Büsche müsste regelmäßig durchgeführt werden, um das Zuwachsen der Weiden zu verhindern und stellt somit einen beachtlichen Zeitaufwand dar.

Die Siedlungsfläche hat sich in Naturns stark ausgedehnt. Dazu hat neben dem Bau von Wohnhäusern vor allem auch der Tourismus und die Ansiedlung von Handels- und Handwerksbetrieben in den acht Gewerbegebieten beigetragen. Einen markanten Eingriff in die Kulturlandschaft stellte auch der Bau des neuen Etschwerkes zu Beginn der 1960er Jahre dar.

(Zusammengefasst Aussagen der befragten Personen A. Heidegger, G. Pöll, F. Ganthaler, M. Fliri Gerstgrasser, A. Fliri, H. Wenter.)

© Universität Innsbruck | Impressum | Aktualisiert am: 22.12.2008

Almen

Dies sind hochgelegene Grünlandflächen außerhalb der Dauersiedlungsgrenze, die wegen ihrer Höhenlage und der dadurch bedingten klimatischen Verhältnisse nur während der Sommerperiode (etwa zweieinhalb bis dreieinhalb Monate) eine geschlossene Weidewirtschaft ermöglichen.  Astat 1993

Monokulturen

Auf einem Grundstück wird nur eine Pflanzenart angebaut.  Astat 2002