Geschichtliche Entwicklung der Gemeinde
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie der Um- und Rücksiedlung kam es in der Gemeinde Mals zu großen Veränderungen.
Schleis und Burgeis (1954-1956) Bearbeitung: Dusleag & Wanker; Datengrundlage: Autonome Provinz Bozen - Südtirol, Raumordnung
In den späten 1950er Jahren setzte die weitgehende Abkehr von der Selbstversorgung ein. Im Zuge dieser Entwicklung wurden Produkte, die bisher für den Eigenbedarf angebaut wurden, vermehrt aufgelassen (z. B. das Brotgetreide). In der Gemeinde Mals sind die meisten Ackerparzellen der fortschreitenden Vergrünlandung gewichen. Dadurch erlangte die Viehwirtschaft eine noch größere Bedeutung, nachdem sich die Viehzucht im Obervinschgau bereits vor der Wende in das 20. Jahrhundert zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt hatte. Die positive Entwicklung der Milchpreise sorgte in den letzten Jahrzehnten zudem für einen erheblichen Bedeutungszuwachs der Milchwirtschaft. (Leidlmair 1993d, S. 678; Fischer 2002, S. 250)
Durch die Entstehung von Monokulturen ist die Kulturlandschaft eintöniger geworden und die Übergänge zu anderen Vegetationsformen treten schärfer und klar erkennbar hervor. (Leidlmair 1993d, S. 678) Obwohl die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat, stellen die kleinparzellierte Flur, der hohe Anteil des Klein- und Zwergbesitzes und die Besitzzersplitterung, die durch die jahrhundertelange Realteilung entstanden sind, ein erhebliches Strukturproblem dar. In der Gemeinde Mals gaben zwischen 1961 und dem Jahr 2000 250 Landwirte ihren Betrieb auf. Unter den verbleibenden Landwirten steigt die Zahl jener, die einem Neben- oder Zuerwerb nachgehen, leicht an. (Leidlmair 1993d, S. 679; Fischer 2002, S. 248)
Ein weiteres Problem stellen die hohen Wanderungsverluste dar. Bis in die 1970er Jahre war die wirtschaftliche und soziale Lage in Südtirol problematisch. Es gab kaum außerlandwirtschaftliche Verdienstmöglichkeiten und auch das Ausbildungsangebot für Jugendliche war gering. Die im Gegensatz dazu positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz zog viele Menschen aus dem Mittel- und Obervinschgau an und führte zu einer starken Abwanderung der arbeitsfähigen Bevölkerung. Auch Liechtenstein war vor allem für die Matscher Bevölkerung ein beliebtes Ziel. Viele Arbeiter ließen sich in den aus Arbeitsgründen aufgesuchten Ländern endgültig nieder.
Trotz des zunächst noch hohen Wanderungsdefizits sorgte ein hoher Geburtenüberschuss für eine leichte Bevölkerungszunahme. (Leidlmair 1993d, S. 674) Seit dem Jahr 1951, in dem in der Gemeinde Mals 4460 Einwohner gezählt wurden, stieg die Bevölkerung bis in das Jahr 2006 um 12 % auf 4996 an.
Tartsch (Mals im Hintergrund) (2008) © Christine Wanker
Die Siedlungsfläche hat sich seit den 1950er Jahren mehr als verdoppelt. In Burgeis wurden bereits zu Beginn der 1960er Jahre mehrere Neubauten realisiert. Durch den Bauleitplan folgte eine weitere bauliche Entwicklung. Er sah sogenannte Wohnbauzonen vor, in denen gegen Ende der 1970er Jahre vor allem in Mals, Burgeis und Tartsch neue Siedlungen entstanden. Zudem waren im Bauleitplan auch mehrere Handwerkerzonen ausgewiesen, die auf die verschiedenen Fraktionen verteilt waren. Diese wurden im Laufe der Jahre von vornehmlich einheimischen Unternehmen bebaut.
Neben dem Handwerk stellt auch der Fremdenverkehr seit einigen Jahrzehnten eine wichtige Einkommensquelle dar. Durch den Bau einiger Skigebiete und eines Langlaufzentrums konzentriert sich der Tourismus seit einigen Jahrzehnten nicht mehr ausschließlich auf die Sommersaison (Juli-Mitte Oktober). Die Übernachtungen im Winter nehmen kontinuierlich zu. Da der Fremdenverkehr viele Verdienstmöglichkeiten bietet, kam es zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe. Der Tourismus veränderte aber auch die Ortsbilder.
Im Zuge des Strukturwandels der Landwirtschaft veränderte sich auch das Bewässerungssystem, das im Vinschgau eine lange Tradition hat. Bereits bevor die bayerischen Siedler ins Land kamen, gab es die Bewässerung. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit entstanden dann durch agrartechnische Fortschritte ausgedehnte Anlagen, die das Wasser über viele Kilometer aus großer Höhe ins Tal führten und über ein stark verzweigtes Waalsystem den Wiesen und Feldern zuführten. Seit den 1960er Jahren setzte die Umstellung von der arbeitsintensiven Berieselung auf die Beregnung ein. Diese Methode ermöglicht die Einsparung von Wasser, ist leichter zu betreiben und brachte eine flächenmäßige Ausdehnung des bewässerten Landes (Leidlmair 1993c, S. 670). Sei es für die Berieselung als auch für die Beregnung wird für die Malser und Tartscher Wiesen und Äcker vor allem das Wasser des Punibaches, der im hintersten Planeiler Tal entspringt, aber auch der Etsch genutzt. Heute dient ein Großteil des Wassers der Puni der Energiegewinnung. (Loose 2003, S. 321)
Für die Malser Haide, den mächtigsten Schuttkegel der Alpen, wird zur Zeit ein Beregnungsprojekt umgesetzt, das die Umstellung von knapp 1000 Hektar auf weniger arbeitsintensive und zeitsparende Methoden vorsieht. Dadurch werden Ertragssteigerungen erwartet und somit auch Nutzungsintensivierungen. Die Zahl der Rinder pro Betrieb und vor allem der Milchkuhbestand könnte folglich erhöht werden, was wiederum die Rentabilität des Betriebes steigern würde. Zudem würde eine Bewässerungsanlage auf der Malser Haide den langsam einsetzenden Einzug des intensiven Apfelanbaus beschleunigen. Mögliche Folgen dieser Entwicklung könnten Spekulation, eine steigende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen und einhergehend eine Erhöhung der Grundstückpreise sein. Zudem werden durch die Realisierung und Intensivierung viele flächendeckende und lineare Kulturlandschaftselemente verloren gehen, die durch eine jahrhundertelange Kultur entstanden sind, und es wird auch zu einem Verlust an Biodiversität und Biotopen kommen. Dies wiederum lässt die Kulturlandschaft noch eintöniger werden. (Fischer 2002, S. 252)
Heute gilt das Dorf Mals als zentraler Ort im Obervinschgau. Obwohl es nach wie vor Wanderungsverluste und viele Pendler gibt, die zum Teil auch über die Landesgrenzen hinweg einer Arbeit nachgehen, ist Mals ein Zentrum für das Schulwesen, die Verwaltung, den lokalen Handel und die medizinische Versorgung. (Fischer 2002, S. 248, 255; Loose 1985, S. 40)
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