Besiedelte Flächen
Das Siedlungsbild der Gemeinde Brixen hat sich im 20. Jahrhunderts erheblich verändert. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Gemeinde Brixen aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und des Bevölkerungswachstums eine Blütezeit erlebte, wurden viele Infrastrukturen realisiert und Häuser renoviert oder neu errichtet. In der Zwischenkriegszeit ließ der Staat neue Wohnhäuser errichten, da durch den Zuzug vieler italienischer Familien nach dem Anschluss Südtirols an Italien der Wohnungsbedarf groß war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann mit dem Jahr 1948 ein wirtschaftlicher Aufschwung. Dieser wirkte sich auf die Bautätigkeit aus. Im Stadtgebiet aber auch in den Fraktionen wurden Wasserleitungen, Brunnen, Straßen und Schulen gebaut sowie der Domplatz neu gestaltet. 1957 wurde ein modernes Freischwimmbad gebaut und Neubauten entstanden in Köstlan und an der Elvasstraße. (Gelmi 2000, S. 288)
Das im Jahr 1954 besiedelte Gebiet beschränkte sich, wie aus der Kartierung im Orthofoto ersichtlich, auf die Altstadt und auf das südlich und nördlich davon gelegene Umland. Es handelt sich dabei um einen relativ kompakten Siedlungskörper. Ausschließlich auf der östlichen Talseite ist ein gegliedertes Siedlungsbild erkennbar, das vor allem im Bereich des Dorfes Milland aus einzelnen Häusergruppen bestand.
In den Jahren zwischen 1954 und 1985 verdoppelte sich die besiedelte Fläche in der Stadt Brixen nahezu. Hauptsächlich zwischen 1965 und 1975 erlebte Brixen einen rasanten Wandel. Aufgrund der seit 1962 wieder ansteigenden Tourismuszahlen kam es in den Jahren 1963/1964 zum Bau einer Seilbahn auf die Plose. Mitte der 1960er Jahre entstand eine Industriezone im Süden der Stadt, die inzwischen den gesamten Talboden im Westen des Eisack einnimmt und sich weit in Richtung Süden erstreckt. Zudem sorgte der hohe Bevölkerungsanstieg in den 1960er und 1970er Jahren, verursacht durch den Bevölkerungszuzug aus den umliegenden Landgemeinden und aus anderen Regionen Italiens, für eine hohe Wohnungsnachfrage im städtischen Bereich. Diese konnte trotz reger Bautätigkeit, vor allem im östlichen Stadtbereich und hauptsächlich in Milland, nicht gedeckt werden. In den 1970er und 1980er Jahren wurden auch im Norden der Stadt, im Gebiet Rosslauf sowie auch in den stadtnahen Fraktionen der Gemeinde, erste Wohnsiedlungen errichtet, um die zunehmende Abwanderung in die Stadt zu stoppen.
Auch in den 1990er Jahren fanden aufgrund der nach wie vor hohen Bevölkerungszunahme und der somit hohen Wohnungsnachfrage Veränderungen im Siedlungsbild statt. Der im Jahre 1997 genehmigte Bauleitplan sah große Erweiterungszonen für den geförderten und privaten Wohnbau vor. Nachdem Milland bereits um 1980 stark verbaut war, konzentrierte man sich auf das Gebiet Rosslauf und verdichtete bereits erschlossene Räume. Genauso setzte seit den 1990er Jahren eine rege Bautätigkeit in den weiteren Fraktionen der Gemeinde ein. Die Dörfer Elvas und St. Andrä veränderten sich dabei am stärksten. Die Siedlungsfläche in Elvas ist bis in das Jahr 2006 um knapp 200 Prozent im Vergleich zum Jahr 1985 gewachsen, jene von St. Andrä um 91 Prozent. Die Siedlungsfläche der Stadt Brixen hat im selben Zeitraum um 11 Prozent zugenommen.
Der hohe Wohnungsbedarf ist nicht nur auf den Einwohnerzuwachs zurückzuführen, sondern auch auf die zunehmende Zahl der Ein-Personen-Haushalte. Im Jahr 2001 gab es etwa drei Mal so viele Singlehaushalte wie im Jahr 1971, während sich die Zahl der Haushalte mit fünf und mehr Personen im selben Zeitraum fast halbiert hat. Zudem hat die Gesamtzahl der Haushalte seit den 1990er Jahren einen rasanten Anstieg erfahren. Allein in den Jahren 1991 bis 2006 stieg die Haushaltszahl um knapp 40% an. Durch das Bevölkerungswachstum erhöhte sich auch die Einwohnerdichte. Im Jahr 1951 lebten 1,4 Personen pro Hektar Gemeindefläche, im Jahr 2006 hingegen 2,3. Berücksichtigt man bei der Berechnung der Dichte nur den Dauersiedlungsraum, erhält man für das Jahr 2006 einen Wert von 23 Einwohnern/ha.
Betrachtet man das Ausmaß der Fertigstellungen von Wohngebäuden in Kubikmetern zwischen 1995 und 2005 erkennt man einen Rückgang der neu errichteten Wohnkubatur ab dem Jahr 2002. Zudem wird ersichtlich, dass ein Großteil der Baufertigstellungen in den Wohnbauzonen B (Auffüllzone) und C (Erweiterungszone) realisiert wurden. Auch in der Zone E (Landwirtschaftliches, alpines Grün und Wald) kam jedes Jahr eine beachtliche Wohnkubatur dazu.
Die geschilderte Entwicklung weist auf einen erhöhten Flächenverbrauch im Laufe der Jahre hin. 2006 entfielen auf jeden Einwohner der Gemeinde knapp 240 m² besiedelte Fläche, während es im Jahre 1954 in etwa 100 m² weniger waren. Die Siedlungsfläche ist seit 1954 um knapp 160% gewachsen und deren heutige Ausdehnung entspricht in etwa 8% der Gemeindefläche. Laut einer Studie des Landesinstitutes für Statistik (Astat 2004), die in Zusammenarbeit mit dem Geographischen Institut der Universität Göttingen durchgeführt wurde, wären 10,14% der Gemeindefläche potentiell besiedelbar.
Der urban geprägte Talraum ist relativ dicht bebaut. Es handelt sich hier um einen kompakten Siedlungskörper. Die Fraktionen an der Mittelgebirgsterrasse im Westen und Osten der Stadt sowie im Aferer Tal weisen hingegen einen höheren Anteil an Einzelhäusern auf. Die Ortskerne sind aber auch hier meist dicht bebaut und geschlossen.
Verkehr
Der Ausbau der Verkehrswege ging mit der Siedlungsentwicklung einher. Die neuen Wohngebiete im Umkreis der Stadt und in den Fraktionen sowie die Industriezone im Süden der Stadt mussten mit Straßen erschlossen werden, die immer häufiger asphaltiert wurden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat auch die Zahl der Forstwege zugenommen. Zudem wurden Hofzufahrten gebaut und bereits vorhandene Karrenwege zu befahrbaren Straßen ausgebaut. Es kam also zu einem rasanten Anstieg der vesiegelten Flächen.
Brixen und das Mittelgebirge in Richtung Südosten (2007) © Christine Wanker
Mit der zunehmenden Einwohnerzahl wuchs auch der Verkehr. In den 1970er Jahren erreichte die Belastung durch den Verkehr schließlich ein derart großes Ausmaß, dass die im Jahre 1974 fertiggestellte Autobahn, die die Gemeinde in Nord-Süd Richtung auf der westlichen Talseite quert, begrüßt wurde (Mock 2004, S. 297).
Seit einigen Jahren droht die Stadt wieder im Verkehr zu ersticken. Täglich stauen sich die Fahrzeuge zu den Stoßzeiten entlang der Hauptstraße, die nach Norden und Süden führt. Aufgrund der langjährigen Verkehrsbelastung wird nun an einer Umfahrung der Stadt gebaut, die unterirdisch verläuft.
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