Kulturlandschaftswandel in Südtirol seit 1950

Christine Wanker, Alexander Dusleag

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Besiedelte Flächen

Landschaftsszene Bildvergleich Point of View

Oberbozen (1954-1956) Bearbeitung: Dusleag & Wanker; Datengrundlage: Autonome Provinz Bozen - Südtirol, Raumordnung

Topographische Karte Fotostandort

Auf dem Ritten herrschten ursprünglich die Einzelhöfe vor. Typisch für den Ritten ist hauptsächlich der Paarhof mit getrenntem Futter- und Wohnhaus. Es kommt aber auch der Wipptalerhof vor, wo das Wohn- und Wirtschaftsgebäude miteinander verbunden sind und das Erdgeschoss gemauert ist. (Pramstaller Suma 1983, S. 34-35)

Durch die frühe Erschließung des Rittens als Sommerfrischeort kam es in den Orten Klobenstein und Oberbozen bereits früh zu einer starken Verdorfung. Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts waren laut Kiene und Pichler (1950) nur die Fraktionen Oberbozen-Himmelfahrt, Wolfsgruben-Lichtenstern und Klobenstein-Lengmoos von Stadt und Fremdenverkehr beeinflusste Orte, während die restlichen Fraktionen der Gemeinde rein bäuerliche Siedlungen bildeten.

Die verkehrstechnische Erschließung des Rittens durch eine Seilschwebebahn nach Oberbozen im Jahre 1966 und durch die Rittnerstraße im Jahre 1971 löste einen regelrechten Bauboom aus. Der Ritten war bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit vor übermäßiger Verbauung und Zersiedlung verschont geblieben war.

Laut Ritter (1969) gab es im Jahre 1969 etwa 135 Sommerfrischevillen auf dem Ritten, 20 befanden sich gerade im Bau. Zudem wurden bestehende Häuser renoviert und ausgebaut. Auch die bisher bäuerlich geprägten Rittner Weiler wurden für den Fremdenverkehr erschlossen. Neben dem Bau von Privathäusern, kam es auch zur Realisierung von einigen öffentlichen Infrastrukturen. Im selben Zeitraum kam es auch zur Ausweisung zahlreicher Gewerbegebiete, in denen sich viele einheimische Handwerks- und Industriebetriebe niederließen.

Siedlungsentwicklung - Klobenstein
Siedlungsausdehnung
Bearbeitung: Dusleag & Wanker; Datengrundlage: Autonome Provinz Bozen - Südtirol, Raumordnung; Informationen zur Siedlungskartierung (html | pdf)

Aus der Kartierung der Siedlungsfläche in den Hauptorten der Gemeinde Ritten geht hervor, dass im Zeitraum zwischen 1954 und 1983 ein regelrechter Bauboom stattgefunden hat. Die besiedelte Fläche in Klobenstein wuchs in diesem Zeitraum um knapp 140 % im Vergleich zum Jahr 1954. Unterinn hat im selben Zeitraum sogar einen Zuwachs von etwa 180 % erfahren. Lengmoos weist mit knapp 60 % Erweiterung den geringsten Zuwachs an Siedlungsfläche auf. Dies entspricht einem durchschnittlichen Siedlungszuwachs pro Jahr von knapp 10.700 m² in Klobenstein, etwa 7.600 m² in Unterinn und etwa 6.200 m² in Oberbozen.

Im Zeitraum zwischen 1983 und 2006 kamen in Klobenstein im Durchschnitt weitere 9.400 m² Siedlungsfläche pro Jahr dazu, was einem Zuwachs der Siedlungsfläche um 40 % seit dem Jahr 1983 entspricht. In Unterinn gab es ebenso einen Rückgang der rasanten Siedlungsausdehnung. In den letzten beiden Jahrzehnten kamen im Schnitt 3.100 m² Siedlungsfläche pro Jahr dazu, was einem Zuwachs um ca. 20 % im Vergleich zum Jahr 1983 entspricht. Oberbozen wuchs seit 1983 um 30 %. Pro Jahr kamen in diesem Dorf etwa 5.300 m² Siedlungsfläche dazu. Insgesamt entfielen im Jahr 2006 auf jeden Einwohner der Gemeinde in etwa 280 m² Siedlungsfläche, im Jahr 1954 waren es 145 m². Bei der Kartierung der Siedlungsentwicklung wurden ausschließlich neu besiedelte Flächen berücksichtigt. Das Auffüllen von Baulücken und Freiflächen in bereits besiedelten Flächen geht somit nicht aus der Kartierung hervor.

Betrachtet man die Baufertigstellungen von Wohngebäuden zwischen 1995 und 2005 wird ersichtlich, dass vor allem in der Wohnbauzone C (Erweiterungszone) und in der natürlichen Landschaft – Zone E (landwirtschaftliches, alpines Grün und Wald) Wohnkubatur realisiert wurde.

Das Wachstum der Siedlungen ist auch auf die veränderte Haushaltsgröße zurückzuführen. Im Jahr 2001 bestanden in etwa 28 % aller Haushalte aus einer Person, während es im Jahr 1971 nur in etwa 12 % waren. Haushalte mit vier oder mehr Personen sind stark zurückgegangen. Dies hat gemeinsam mit einem Anstieg der Einwohnerzahl zu einer Verdoppelung der Haushaltszahl geführt.

Da es viele Zweitwohnsitze auf dem Ritten gibt, sind nur 72 % aller Wohnungen ständig bewohnt. Zudem ist der Anteil der Einzelhäuser an der Gesamtzahl mit 45 % sehr hoch. Dies weist auf eine hohe Zersiedlung hin.

Verkehr

Durch den Bau der Zahnradbahn wurde der Ritten in den Jahren 1906/07 für den Verkehr erschlossen. Diese Schmalspurbahn führte vom Walterplatz in Bozen über Maria Himmelfahrt und Oberbozen nach Klobenstein. Die bessere Erreichbarkeit des Rittens zog eine wirtschaftliche und demographische Veränderung nach sich.

Im Jahre 1966 wurde die Zahnradstrecke von Bozen nach Maria Himmelfahrt aufgelassen. Dieser Abschnitt wurde durch eine Seilschwebebahn nach Oberbozen ersetzt, die im selben Jahr eröffnet wurde. Auch die restliche Strecke der Bahn war der Schließung nahe, doch diese konnte gerettet werden und stellt heute eine touristische Attraktion dar. Nach der Bahn folgte im Jahre 1971 die Fertigstelllung der Rittnerstraße, die die Erreichbarkeit des Rittens noch erheblich steigerte. (Raiffeisenkasse Ritten 1992, S. 53; Demar et al. 2007, S. 11; Ritter 1969, S. 19) Heute führen drei Straßen auf den Ritten und ab Mai 2009 tritt an die Stelle der Seilschwebebahn eine Umlaufbahn mit erhöhter Kapazität. (Demar et al. 2007, S. 12-14)

In den letzten Jahrzehnten wurden zudem viele Forststraßen und Hofzufahrten für alle landwirtschaftlichen Betriebe gebaut. Diese Straßen verbesserten die Erreichbarkeit und verhindern die Abwanderung aus den entlegenen und ländlich geprägten Räumen der Rittner Hochfläche.

© Universität Innsbruck | Impressum | Aktualisiert am: 22.12.2008

Wohnung

Aus einem einzigen Raum bzw. aus mehreren Räumen (Zimmer und Nebenräume) bestehende Unterkunft, die den Erfordernissen entspricht, um als ständiger Wohnort zu dienen. Eine Wohnung muss sich in einem Gebäude befinden, durch Wände von anderen Wohneinheiten getrennt sein und einen eigenen Zugang besitzen.  Astat 2005

Einzelhäuser

Darunter versteht man über das Gemeindegebiet verstreute Häuser, die so weit auseinander liegen, dass sie nicht einmal als Weiler gelten können.  Astat 2006c

Wohngebäude

Unter Wohngebäude versteht man ein Gebäude oder einen Teil davon, das ausschließlich oder vorwiegend zu Wohnzwecken dient.  Astat 2004b

Fraktion

Eine Fraktion ist ein von der Gemeinde für Verwaltungszwecke definierter Teil des Gemeindegebietes. Eine Fraktion kann bewohnt oder unbewohnt sein. Die Bevölkerung einer bewohnten Fraktion ist die Summe der Bevölkerung der bewohnten Ortschaften und Weiler und der Bewohner der Einzelhäuser auf dem Gebiet der Fraktion.  Astat 2006c

Weiler

Es handelt sich dabei im Allgemeinen um eine Gruppe von angebauten oder nahe stehenden Häusern mit wenigstens fünf Haushalten, in denen jedoch keine Einrichtungen bzw. Dienste für die Allgemeinheit untergebracht sind. In Einzelfällen können Ortschaften oder Weiler aus Häusern bestehen, die auf dem Gebiet von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden liegen; in diesem Fall bilden die Häusergruppen diesseits und jenseits der Gemeindegrenze aneinander angrenzende Ortschaften oder Weiler und können denselben Namen haben (z.B. die Ortschaft Kaltenbrunn zwischen den Gemeinden Montan und Truden).  Astat 2006c