Kulturlandschaftswandel in Südtirol seit 1950

Christine Wanker, Alexander Dusleag

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Was bedeutet der Begriff Kulturlandschaft?

Der Begriff Kulturlandschaft kann in verschiedener Art und Weise definiert werden. Aus allen Definitionen geht aber hervor, dass der Mensch eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Erhaltung der Kulturlandschaft spielt.

Eine Kulturlandschaft ist eine vom Menschen geprägte und überformte Landschaft, die im Laufe der Zeit entstanden ist und einem ständigen Wandel unterliegt. Das Ausmaß und die Auswirkungen der menschlichen Eingriffe auf die Natur werden von den kulturellen Rahmenbedingungen sowie dem wirtschaftlichen und sozialen Hintergrund der Bevölkerung beeinflusst. Je nach Intensität des menschlichen Einflusses, unterscheidet man zwischen naturnahen, land- und forstwirtschaftlich geprägten und naturfernen Kulturlandschaften. Stadtlandschaften und Industriezonen gehören demnach genauso zur Kulturlandschaft wie extensiv genutzte Wiesen und Weiden.

Weitere Definitionen

Carl Sauer, der als Begründer der modernen humangeografischen Landschaftsforschung gilt, hat als erster zwischen Natur- und Kulturlandschaft unterschieden. Die Naturlandschaft ist demnach ein Erdraumausschnitt, der nicht dem Einfluss des Menschen unterworfen ist (Mitchell 2000). Wird sie durch Aktivitäten des Menschen beeinflusst, wird sie zur Kulturlandschaft. „Die Kulturlandschaft entsteht erst durch den Einfluss der Kultur auf die natürliche Landschaft während einer bestimmten Zeit“ (Mitchell 2000). Wichtige Faktoren, welche die Landschaft prägen, sind die Bevölkerung, die Mobilität, die Besiedlung, die Kommunikation und anderes. Sauer wollte aufzeigen, dass die Landschaft stärker durch den Menschen geprägt wird, als der Mensch durch die Landschaft. Sein Interesse galt den in der Landschaft hinterlassenen Spuren. (Jackson 1989, S. 11)

Auch Wolfgang Hartke sah die Kulturlandschaft als „Registrierplatte menschlicher Tätigkeiten“ (Werlen 2000, S. 165). Spuren auf dieser Platte gelten für ihn als Indikatoren bestimmter sozialer Prozesse (Werlen 2000). Dollinger unterscheidet in Anlehnung an Spreitzer (1951, S. 253-257) zwischen Ur-, Natur- und Kulturlandschaft. Urlandschaften existieren nicht mehr, da sie vor den Eingriffen des Menschen vorhanden waren. Eine Naturlandschaft wird hauptsächlich von natürlichen Faktoren bestimmt. Es sind also keine direkt erkennbaren anthropogenen Nutzungseinflüsse vorhanden. Die Kulturlandschaft ist hingegen eine vom Menschen gestaltete Landschaft, die im Beziehungsgefüge zwischen Mensch, Natur und Kultur steht und einem ständigen Wandel unterworfen ist. Die Landnutzungen prägen ihr Erscheinungsbild. Weiter unterscheidet Dollinger je nach menschlichem Einfluss zwischen naturnahen, land- und forstwirtschaftlich geprägten und naturfernen Kulturlandschaften. (www.culture-nature.com)

Die Kulturlandschaft setzt sich demnach aus drei Hauptkomponenten zusammen. Dies sind die Städte und Industrieflächen gemeinsam mit den dazugehörigen Ver- bzw. Entsorgungsinfrastrukturen, die Agrar- und Forstwirtschaftsflächen sowie die durch extensive Landnutzung beeinflussten Flächen. Eine scharfe Trennung dieser Nutzungsarten ist nicht möglich. Durch ihre Vermischung und gegenseitige Durchdringung im Raum entstehen oft auf engstem Raum vielfältige Landschaftsbilder. (Job 1999, S. 24)

Briemle unterscheidet die Kulturlandschaft von der Wirtschaftslandschaft. Erstere ist „eine vom Menschen zwar intensiv genutzte, jedoch durch kleinräumige Wirtschaftsweisen geprägte Agrarlandschaft, deren Haushalt durch eine Vielzahl von Landschaftselementen ökologisch relativ stabil ist und in ihrer Physiognomie naturräumliche Verschiedenheiten wahrt“. Die Wirtschaftslandschaft ist hingegen „eine durch großräumige Wirtschaftsweisen intensiv genutzte Agrarlandschaft, die durch nivellierende Eingriffe des Menschen, Ausräumung von raumgliedernden Landschaftselementen sowie durch Uniformität geprägt ist und deren Haushalt über künstliche Eingriffe im ökologischen Gleichgewicht gehalten wird.“ (Briemle 1978)

Für Neef sind Kulturlandschaften keine Systeme, sondern „Ensembles“, welche die anthropogen geformte „[…] Einheit von naturgegebener Materie, funktionalem Ausbau und ästetischer Gestaltung umfassen“ (Neef 1981, S. 27).

Gunzelmann definiert die Kulturlandschaft folgendermaßen: „Die Kulturlandschaft ist das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen naturräumlichen Gegebenheiten und menschlicher Einflußnahme im Verlauf der Geschichte. Dynamischer Wandel ist daher ein Wesensmerkmal der Kulturlandschaft“ (www.denkmalpflege-hessen.de).

Laut UNESCO illustriert die Kulturlandschaft „die Evolution der menschlichen Gesellschaft und Besiedlung in der Zeit, unter dem Einfluß physischer Beeinträchtigungen und/oder Möglichkeiten der natürlichen Umgebung sowie unter dem Einfluß aufeinanderfolgender und sowohl von außen wie von innen wirkender sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Kräfte“ (UNESCO 1995, S. 11).

© Universität Innsbruck | Impressum | Aktualisiert am: 22.12.2008