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NUTS-3 Region Alpes-de-Haute-Provence (Frankreich)

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Steckbrief
Hauptort: Digne-les-Bains608m
Höchste Erhebung: Aiguille de Chambeyron3412m
Gemeinden245
Bevölkerung153393
Fläche6925 km²
Bevölkerungsdichte22 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Alpes-Maritimes, Cuneo, Drôme, Hautes-Alpes, Var, Vaucluse
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Saint Auban (461 m): ø 12.4 °C / Σ 736mm
 

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Sisteron am Durance-Durchbruch (©Dr. Hanns Kerschner)
Alpes-de-Haute-Provence (Okzitanisch: "Aups d'Auta Provença") bricht einige europäische Rekorde. Der Grand Canyon du Verdon ist die größte Schlucht, die Réserve Géologique de Haute Provence das umfangreichste geologische Schutzgebiet des Kontinents. Der Lac d'Allos auf 2.230m Meereshöhe bildet den großflächigsten Hochgebirgssee. Das Observatoire de Haute-Provence beobachtet die Tiefen des Weltalls durch den klarsten Himmel Europas.

Am weitesten hinauf geht es am Aiguille de Chambeyron (3.412m) in den Alpes Cottiennes/Cottischen Alpen, genauer im Haute-Ubaye-Tal im Nordosten. Die West-Flanke des Tals beherrscht das kristalline Massif du Parpaillon rund um Tête de Girardin (3.385m). Beide Gebirgszüge weisen viele Bergseen auf, und die Fauna entspricht der typisch alpinen. Südlich von Barcelonette und östlich des Verdonflusses liegen die aus Kalk aufgebauten Alpes Maritimes/Seealpen, von denen weite Teile zum 2.085km² umfassenden Nationalpark Mercantour gehören (Mont Pelat: 3.053m/vergleiche Alpes-Maritimes).

Im Westen der Region erheben sich die diversen Berggruppen der (Pré)Alpes Provençales/Provençalischen (Vor)Alpen. Tête de l'Estrop (2.961m) aus Sandstein und Mergel ist das höchste Massiv. Roche Close (2.739m), Blayeul (2.189m), Aujour (1.834m) oder Montagne de Lure (1.826m) in der Fortsetzung des Mont Ventoux bleiben deutlich niedriger.

Das Molasseplateau von Valensole verkörpert mit Lavendelfeldern, Öl- und Mandelbäumen sowie eingestreuten Dörfern den Inbegriff der Haute Provence. 160 Vogelarten sind in dieser offenen Kulturlandschaft heimisch, darunter Zwergtrappe, Triel, Alpensegler und Königsadler. Natura 2000 schützt ferner die 16 Fledermausarten der Alluvialterrasse, unter anderem die Große Hufeisennase. Das (sub)mediterrane Klima prägt die Vegetation mit Macchie und Steineiche, aber auch Kalktrockenrasen mit zahlreichen Orchideen sowie Mischwälder kommen vor.

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Lac de Sainte Croix liegt am Ausgang der Verdonschlucht (©Pixelio.de)

Ein weiteres Plateau erstreckt sich rund um Forcalquier. Einigermaßen eben ist es ansonsten nur zum Teil entlang der Flüsse Sasse, Bléone, Asse, Colostre, Jabron und besonders am Hauptfluss Durance, an dem bei 280m auch der tiefste Punkt der Region gemessen wird.

Der Lac de Serre-Ponçon an der Durance ist mit maximal 120m Tiefe (im Sommer 60m), 20km Länge, 28km² Oberfläche und 1,3 Mrd. m³ Volumen der zweitgrößte europäische Speichersee. Nach verheerenden Überflutungen wurde die Durance in den 1950er Jahren aufgestaut und dazu 1.500 Menschen umgesiedelt. Heute produzieren die Kraftwerke des Sees ein Zehntel der gesamten Hydroenergie Frankreichs. Der Lac de Sainte Croix am Verdonfluss fasst bei maximal 93m Tiefe, 11km Länge und 22km² Oberfläche etwa 760 Mio. m³ Volumen.

In der Nähe liegt der Parc du Luberon im gleichnamigen Gebirge (Bellevue: 791m/vergleiche Vaucluse). Auf 1.650km² Fläche findet sich auf den Nordhängen submediterrane Vegetation in Form des laubwerfenden Weißeichenwalds mit Vögeln wie Kleiber oder Waldschnepfe. Mediterranen Bewuchs zeigen die Südseiten mit immergrüner Steineiche, wo Waldohreule und Mönchsgrasmücke zuhause sind.

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Lavendelanbau am Plateau Valensole (Provençalische Alpen) (©Dr. Hanns Kerschner)
Das Klimadiagramm für Saint Auban (461m) - unweit des Zusammenflusses von Bléone und Sasse - zeigt bereits eine trockene Phase im Juli, was immerhin als ein Hauptmerkmal des mediterranen Klimas gilt. Die Trockenheit währt allerdings nur sehr kurz, und auch das herbstliche Niederschlagsmaximum ist gering ausgeprägt. Die Jahreswerte offenbaren hohe 12,4°C Temperatur und niedrige 736mm Niederschlag. In den Hochgebirgstälern fallen 1.200mm. Dort und auf den Gipfeln wird das Klima alpiner. Die sehr warmen Sommertemperaturen bewirken intensive Gewitter und heftige Winde in den Gebirgstälern, im Westen bläst der Mistral (vergleiche Drôme). Die Sonne scheint an über 300 Tagen im Jahr - ein alpiner Spitzenwert.

Die Region weist heute nur 22 Einwohner pro km² auf - der geringste Wert unter allen alpinen Nuts-3-Regionen (gemeinsam mit dem Lungau), jedoch steigen die Zuzüge. Die Besiedlung konzentriert sich auf die großen Talgebiete, gerade entlang der Autobahn A51. Die Arbeitslosigkeit beträgt hohe 9,9%, das BIP/Kopf 19.382 €. Damit wird alpenweit gerade einmal Rang 84 belegt.

Tertiäre Berufe - insgesamt 78% der Stellen - schaffen vornehmlich Gesundheits- und Sozialwesen, Handel und Instandsetzung, Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen sowie Erziehung und Unterricht. 19% der Arbeitsplätze bietet der Sekundäre Sektor, hauptsächlich in Bauwesen, Chemie-, Gummi- und Kunststoffindustrie, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Energie- und Wasserversorgung sowie Papier-, Verlags- und Druckgewerbe.

Das Département erhält nur 7% aller Touristen der Region Provence-Alpes-Cote d'Azur. 86% der Übernachtungen rühren von französischen Gästen her, und diese kommen meist im Sommer. Ausländische Urlauber stammen überwiegend aus Benelux-Ländern. Skigebiete existieren in beschränkter Anzahl, wobei L'Espace Lumière im Ubayetal mit 180km Piste und 50 Liften eine halbe Million Besucher jährlich anzieht. Charmanter sind die mittelgroßen Ski- und Langlaufgebiete, wie Saint-Jean-Montclar, Le Sauze, Sainte-Anne-La-Condamine, Chabanon-Selonnet, und die kleinen Stationen Larche oder Montagne de Lure. Besonders imposant sind Wanderungen in der Verdonschlucht (vergleiche Var). Einige aus der Tour de France bekannte Alpenpässe werden regelmäßig für Hobbyrennradfahrer gesperrt. Manche Seilbahnen transportieren auch Mountainbikes, sportlichere Bergerlebnisse verschaffen aber die zahlreichen Klettersteige der Region. An den im Sommer bis über 25°C warmen großen Stauseen ist jeglicher Wassersport möglich - sogar Wasser- und Jetskifahren.

Die meistbesuchten Attraktionen sind Norman Fosters Prähistorisches Museum in Quinson (21.Jh.), die Zitadelle in Sisteron (13.Jh.), das ethnologische Museum in Salagon, die Museen des Ubayetals und das Astronomische Observatorium in Saint Michel. Im Hauptort und Thermalkurort Digne-les-Bains faszinieren die schmucke Altstadt rund um die erhabene Kathedrale Saint Jérôme (15.Jh.) und das "Centre de Géologie". Höchstromantisch zeigen sich die mittelalterlichen Dörfer - entlang der Flüsse, eingenistet in die Berge oder umgeben von Lavendelfeldern. Käse aus Banon, Lamm aus Sisteron, Fruchtsaft aus Entrevaux, Wurst aus der Ubaye, Honig, Olivenöl sowie Trüffel begeistern die Gaumen der Feinschmecker. AOC-Weine reifen auf den Hängen von Pierrevert, die meist roten Vin de pays der Alpes-de-Haute-Provence stammen vorwiegend aus dem Durance-Tal. Sommeliers empfehlen jedoch auch die Roséweine aus Carignan, Sauvignon, Merlot und Syrah sowie die Weißweine Chardonnay, Clairette und Muscat.

Geschichtliches

Hallstatt- und La Tène-Zeit hinterließen ihre Spuren ebenso wie die keltischen Stämme der Albici, Bodionti, Esubiani, Reii und Salinensi, die erst Augustus bis 14 v.Chr. unterwarf. Von den Römern stammt übrigens die Regionsbezeichnung "Provence", die von "Gallia Narbonensis provincia" übrigblieb. Den Römern folgten Westgoten, Franken, Sachsen, Langobarden, Merowinger und die Errichtung von fünf kleinen Bischofssitzen. Guglielmo di Arles vertrieb die Araber und erwarb sich damit den ersten Grafentitel der Provence. Sein Territorium wurde in die Grafschaften Avignon und Arles gespalten und in der Grafschaft von Forcalquier 1209 wieder zusammengeführt. Dem Haus Barcellona-Aragon folgte die Linie Anjou, 1388 die Annektion des Ubayetals durch Savoyen (vergleiche Savoie).

Ludwig XI nahm die Provence im 15.Jh. für die französische Krone in Besitz. Während der Reformation erlitten Sisteron, Castellane und Seyne Belagerungen, die Jahre 1629 und 1720 sahen Pestepidemien, 1790 entstanden die Départements. Trotz infrastruktureller Maßnahmen, speziell des Eisenbahnbaus, erlebte die Region ab 1830 einen herben wirtschaftlichen und demographischen Einbruch, der bis 1950 anhalten sollte. Viele Menschen wanderten in die französischen Städte und sogar nach Nordafrika ab. Der Erste Weltkrieg forderte seine Opfer insbesondere unter der Landbevölkerung. Partisanenkrieg im Gebirge, Bombardierungen - auch von Digne - und ein heftiger deutscher Besetzungskampf im Ubayetal prägten die Epoche des Zweiten Weltkriegs.

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