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NUTS-3 Region Vaucluse (Frankreich)

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Steckbrief
Hauptort: Avignon19m
Höchste Erhebung: Mont Ventoux1909m
Gemeinden151
Bevölkerung529077
Fläche3567 km²
Bevölkerungsdichte148 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Alpes-de-Haute-Provence, Drôme, Var
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Orange (53 m): ø 13.8 °C / Σ 693mm
 

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Papstpalast in Avignon (14. Jh.), Unesco-Weltkulturerbe (©Pixelio.de)
Ausgerechnet in der Vaucluse (Okzitanisch-provençalisch: "Vauclusa"), deren Name "geschlossenes Tal" bedeutet, liegt die Wiege des Alpinismus. Francesco Petrarca bestieg hier 1336 den Mont Ventoux und beschrieb "Naturerlebnis, Zufriedenheit und Erregung des Herzens". Verständlich, denn noch heute besticht die Region mit ihrer im Alpenkonventionsgebiet gelegenen Osthälfte.

Nahe der Grenze zur Drôme im Norden ragen die Dentelles de Montmirail (Crête de Saint-Amand: 734m) empor, in denen Steineiche, Aleppokiefer und der Duft ätherischer Öle das mediterrane Klima widerspiegeln.

Das gen Osten anschließende Massif des Baronnies zählt ebenso zu den Südlichen Kalkvoralpen - im "provençalischen Riesen" Mont Ventoux (1.909m) findet die Vaucluse ihren höchsten Punkt. Die Vegetation der Süd-Flanke ist bis fast ganz hinauf mediterran geprägt, die Nord-Seite dagegen, je nach Höhe, submediterran bis subalpin. Sein Gipfel ist durch die Windeinwirkung kahl. Einige seltene Arten kommen sowohl in den Pyrenäen als auch hier vor. Pfingstrose, Bertolonis Akelei, Kochscher Enzian, Zottiger Mannsschild, Frauenschuh, Sonnenröschen und speziell Lavendel prägen die Blumenwelt des 804km² umfassenden Unesco-Biosphärenreservats und Natura 2000-Gebiets. Die Wälder bestehen aus Stein- und Flaumeiche, Zeder, Buche, Tanne und Lärche.

Während in den Karsthöhlen einige Fledermausarten nisten, nehmen Brachpieper, Uhu, Ziegenmelker, Schlangenadler, Hortulan und Provencegrasmücke den Himmel für sich ein. Mufflon, Wildschwein, Hase und Reh gehören zu den friedlicheren Bewohnern, am Boden sollten Wanderer auf die giftige Wiesenotter achten.

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Sault-en-Vaucluse (©Dr. Hanns Kerschner)
Richtung Süden folgen die Monts de Vaucluse, die im Osten in ein verkarstetes Hochplateau übergehen (800-900m), jedoch auch bis 1.256m aufragen (Saint Pierre). Diese Berge verleihen der Region ihren Namen. Wassermangel lässt am Plateau de Vaucluse keine vielfältigere agrarische Nutzung zu, jedoch werden Schafzucht betrieben und großflächig Lavendel für die Industrie angebaut. Zwei Drittel der Fläche sind mit Rundblättriger Eiche, Steineiche und Pinie bewaldet. Natura 2000 nennt die Schmetterlinge Osterluzeifalter und Blasenstrauch-Bläuling, Heidegrashüpfer und Jordansveilchen.

Ganz im Süden liegt das mergelig-kalkige, fossilienreiche Massif du Luberon (Grand Luberon: 1.125m) mit seinem 1.745km² großen Parc Naturel Régional. Hier sprechen Wissenschaftler von 1.500 Pflanzenarten, 2.300 Schmetterlings- (!) und 135 Vogelarten. Ausläufer des Parks reichen bis zum östlichen Nachbarn Alpes-de-Haute-Provence.

Sowohl in als auch entlang der Rhône und Durance ist man um den Schutz der verbliebenen Auenvegetation und Fische (Rhônebarsch) bemüht. Letztlich enden alle Flüsse der Region - Aigues, Ouvèze, Auzon, Coulon - im wasserreichsten Fluss Frankreichs, der Rhône. Verheerende Hochwasserereignisse treten immer wieder auf.

Das Klimadiagramm zeigt für Orange (53m) Jahreswerte von 13,8°C und 693mm. Die Niederschlagsmaxima fallen in Herbst und Frühling, der Sommer ist trocken. Im Gebirge erhöhen sich die Jahresniederschläge bis 1.100mm. Die Sonnenscheindauer von 2.900h im Jahr ist alpenweit absolut rekordverdächtig. Im Rhônetal selbst bläst der Mistral jährlich an durchschnittlich 120 Tagen, so dass Weinreben, Gemüse- und Obstkulturen geschützt werden müssen (vergleiche Drôme).

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Karstquelle Fontaine de Vaucluse (mehr als 300m tief) (©Dr. Hanns Kerschner)
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt die Region einen starken Wirtschaftsaufschwung und anhaltenden Bevölkerungszuwachs. Gegenwärtig leben hier 148 Einwohner pro km², wobei die Siedlungsdichte im Westen nahe der Autobahn A7 und der TGV-Strecke Paris-Marseille am höchsten ist, während der gebirgige Osten mit Abwanderung kämpft. Das BIP/Kopf beträgt 20.565 € und erreicht damit alpenweit Rang 76. Hohe 10,8% der erwerbsfähigen Bevölkerung sind arbeitslos.

Tertiäre Arbeit (76% der Stellen) schaffen hauptsächlich Handel und Instandsetzung, Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung, Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen sowie Erziehung und Unterricht. 19% aller Arbeitsplätze bietet der Sekundäre Sektor, vor allem in Baugewerbe, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Glasgewerbe, Herstellung von Waren aus Steinen und Erden, Chemie-, Gummi- und Kunststoffindustrie sowie Papier-, Verlags- und Druckgewerbe. Der Primäre Sektor beschäftigt weiterhin 5% der Erwerbstätigen - die tieferen Regionen sind Zentren des Gemüse- und Obstanbaus mit ausgedehnter Bewässerung.

Die Vaucluse zeigt sich mit 3,5 Mio. Touristen pro Jahr bescheiden, dennoch wäre die Gegend längst mit Zweitwohnsitzen übersäht, wenn nicht die Naturparkregulatorien dies verböten und die Landschaft in ihrer Pracht erhielten. Diese durchziehen 4.000km Wanderwege, und auch dem Rad-, Kanu- und Kajakfahrer stehen genügend Möglichkeiten offen. Die Skilifte am Mont Ventoux laufen je nach Schneebedingungen. Die Felsen der Dentelles de Montmirail sind unter Kletterern bekannt.

Unter den 545 historischen Monumenten findet man Schlösser und Festungen, Kathedralen, Kirchen, Abteien, Synagogen und Überreste der Antike. Triumphbogen und römisches Theater in Orange, der Canal du Midi sowie der historische Kern Avignons mit der einstigen Papstresidenz zählen zum Unesco-Weltkulturerbe. Musée du Petit Palais zeigt Kunstwerke der Malerschule von Avignon, Musée Calvet antike Skulpturen und Gemälde, Muséum Requien geologische und botanische Schaustücke. In Vaucluse existieren insgesamt 53 Museen. In Gordes, einem Städtchen im Luberon schlängeln sich enge Gassen rund um die Burg (11./16.Jh.). Das Freilichtmuseum bewahrt die sogenannten "Bories", aus unverbundenen Steinplatten erbaute Hütten mit Spitzdächern (17.Jh.). Als einstiges Zentrum des Ockerabbaus bleibt dem herrlichen Gebirsdorf Roussillon eine kleine Farbmühle erhalten. Der einstige Bischofssitz Venasque besitzt mit der Kirche Notre-Dame (ab 6.Jh.) eine der ältesten vorromanischen Kirchenbauten des Landes. Und die genannten Dörfer sind nur drei von sieben auf der Liste der schönsten Dörfer Frankreichs.

Traditionen bleiben in der Enklave Valréas mit Feiern und Märkten lebendig, doch gerade auch das Festival d'Avignon besitzt hohes Renommee. Gourmets lieben "Soupière de homard et truffes noires de Vaucluse" (Hummer-Trüffelterrine) oder "Agneau du Pays de Sault" (Lamm), sowie Nougat und Aprikosen. Die bekanntesten Côtes du Rhône-Weine (AOC) stammen aus Châteauneuf-du-Pape, wo aus Grenache, Mourvèdre, Cinsault, Terret Noir, Picpoul und dem in Vaucluse angestammten Muscardin vollmundige Rotweine prodúziert werden. Beispiele für Weißweine wären Clairette Blanche und Roussanne. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Luberon- und Ventoux-Weine.

Geschichtliches

Kavaren, Voconcer und Meminien hießen die keltischen Stämme, die sich mit der ligurischen Urbevölkerung vermischt hatten und Hannibal an der Rhône Widerstand leisteten. Die Allianz mit Rom wandelte sich in eine Dominanz durch Rom, das die Vaucluse in die Provinz Gallia Narbonensis eingliederte. Ab dem 5.Jh. folgten Alanen, Sueben, Vandalen, Goten, Burgunden, Franken, Langobarden, Sarazenen, die Grafen der Provence und von Toulouse. Zahlreiche Dörfer in geschützter Lage auf Anhöhen zeugen von der wechselvollen Geschichte. 1309 zog Clemens V. nach Avignon. Bis 1376 sollten sechs weitere Päpste und bis 1403 zwei Gegenpäpste es ihm gleich tun. Der mächtige Papstpalast entstand zwischen 1334 und 1363. Avignon selbst - Keltoligurisch "Aouenion" bedeutet so viel wie "Herr über den Wassern" - gedieh in wirtschaftlicher wie kultureller Hinsicht und wurde Kreuzungspunkt europäischer Kulturen.

Während der Reformation belagerte 1562 der Protestantenführer François de Beaumont die Stadt, der seinerseits das Massaker von Orange rächen wollte. 1791 verlangten die Bürger Avignons die Angliederung an Frankreich, das rundum gelegene Comtat Venaissin hingegen wollte Unabhängigkeit. Beide gingen letztlich in den neuen französischen Staat ein und bildeten zusammen mit Orange 1793 das Département. Besatzung und Bombardierungen zeichneten Vaucluse und Avignon während des Ersten und Zweiten Weltkriegs, 1944 befreiten französische und amerikanische Truppen die Region. Angefügt sei, dass auch die einstige päpstliche Enklave Valréas in Drôme zum Département Vaucluse gehört.

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