NUTS-3 Region Alpes-Maritimes (Frankreich)
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Der Name "Alpes-Maritimes" spiegelt den beeindruckenden Kontrast aus Mittelmeer und hohen Alpen, der diese Region prägt (Deutsch: "Seealpen" / Okzitanisch-Provençalisch: "Aups Maritims" / Nissart: "Alps Maritims"). Der mit seiner Außenzone 2.085km² große Parc National du Mercantour im Massif du Mercantour umfasst weite Teile der Alpes Maritimes/Seealpen. Park und Gebirge reichen bis in die Alpes-de-Haute-Provence und finden ihre östliche Verlängerung im italienischen "Parco naturale delle Alpi Marittime" und im Argenteramassiv in Cuneo. Das Bergmassiv besteht aus 350 Mio. Jahre alten Gneisen und Graniten, im Osten auch aus jüngeren Sedimenten, etwa Schiefer, Sandstein und Kalk. Der frostige Name des höchsten Regionsgipfels, "Cime du Gélas" (3.143m), will seit Abtauen der Gletscher im 20.Jh. nicht mehr recht passen. Mont Clapier (3.045m) ist der südlichste Dreitausender der Alpen. Im Nationalpark werden 2.000 Pflanzenarten behütet, davon 40 endemische. Zu ihnen zählen Bertolonis Akelei, Grünes Koboldmoos, Ligurischer Enzian und Drôme-Ragwurz (vergleiche Drôme). Nordseitig zieht sich die Colline Stufe bis 1.000m Seehöhe mit Hopfenbuche und Kiefer. Darüber liegen bis 1.600m die Montane Stufe mit Tanne, Fichte und Lärche, bis 2.100m die Subalpine Zone mit Fichte, Lärche, Bergkiefer und Zirbe. Die Südflanken sind mit Flaumeiche und Kiefer bis 1.200m submediterran bewachsen, bis 1.800m montan mit Kiefer und Lärche, bis 2.300m subalpin mit Lärche, Bergkiefer und Zirbe. Die alpine Zone zeichnet sich durch Bergwiesen, Heiden und Geröllflächen aus - den idealen Lebensraum für Alpentiere. Fledermäuse, Luchs und Wolf gehören zu den Highlights. In den Tälern von Cians, Tinée oder Vésubie wächst mit Steineiche und Ölbaum mediterrane Vegetation. Diese Flüsse durchstoßen das Mercantourmassiv Richtung Süden und strömen dem Hauptfluss Var zu (vergleiche Var). Die südliche Regionshälfte nehmen Voralpenzüge ein - im Osten die Préalpes de Nice und ein kleiner Teil der Alpes Ligures/Ligurischen Alpen (vergleiche Imperia). Die hier entspringenden Flüsse Bévéra und Roya fließen direkt ins Mittelmeer. In den Préalpes de Nice sticht das Massif de l'Authion hervor, das an der Pointe des Trois Communes auf 2.080m kulminiert. Westlich der Var erhebt sich das Montagne de Cheiron (Jérusalem: 1.768m) in den Préalpes de Castellane, die aus Kalken und Dolomiten bestehen. Ebenso wie in den Préalpes de Nice kommen auch Molassesedimente vor. 181km² Natura 2000-Gebiet bewahrt im Steppen- und Karstsystem seltene Florenschätze, aber zugleich Fisch- und Wiesenotter.
Gen Süden verbreiten sich zunehmend mediterrane Pflanzen, so baut man im Louptal seit Jahrhunderten Oliven, Wein und auch Blumen an. Die Küstenebene gehört nicht mehr zum Alpenkonventionsgebiet. Das gilt ebenso für die von Delphinen umschwommenen Îles de Lerins. Die ganze Gegend gehört zu den vor Nordwinden am besten geschützten Zonen der Mittelmeerküste, so dass Frosttage Ausnahmeerscheinungen darstellen. Nice/Nizza (4m) empfängt 767mm, das Gebirge über 1.300mm Niederschlag im Jahr. Die Jahresdurchschnittstemperatur in Nizza beträgt dank annuell zirka 2.600 Sonnenstunden sehr hohe 15,3°C. Im Mittel regnet es an nur 63 Tagen jährlich, das Herbstmaximum ist offensichtlich. Ein weiteres Kennzeichen mediterranen Klimas bildet die ausgeprägte sommerliche Trockenphase. Schnee kommt fast ausschließlich im Gebirge vor. Abgesehen vom Bevölkerungsrückgang im Zweiten Weltkrieg wuchsen die Küstenstädte im 20.Jh. stark an - Nizza ist heute die fünftgrößte Stadt Frankreichs. Immer mehr vermögende Ausländer und afrikanische Zuwanderer zog und zieht es an die Côte d'Azur. 247 Einwohner pro km² besiedeln die Region (Tendenz steigend), wobei die Dichte in Nizza mittlerweile auf die 5.000 Einwohner pro km² zugeht! Das Bergland erfährt dagegen seit langem eine starke Abwanderung. Das BIP/Kopf liegt bei 24.720 € (Rang 45 alpenweit), die Arbeitslosigkeit bei 9,7%. Der Tertiäre Sektor schafft stolze 83% der Arbeit, vorzugsweise in Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht. Im Sekundären Sektor (16% der Arbeitsplätze) sind Bauwirtschaft (absolut dominant), Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Chemie-, Gummi- und Kunststoffindustrie, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung sowie Energie- und Wasserversorgung führend. Von den 10 Mio. Touristen und 70 Mio. Übernachtungen pro Jahr entfallen auf das nördliche Bergland "Haut Pays" gerade einmal 5%. Dort liegen 15 Wintersportorte mit zusammen 134 Skiliften und 710km Piste. Auron, Isola 2.000 und Valberg-Beuil besitzen internationales Renommee, Audibergue, Gréolières-les-Neiges oder Turini-Camp-d'Argent sind gemütlicher. In Roubion-Les-Buisses schweifen die Blicke während des Ski- oder Langlaufs bis nach Korsika. 4.500km Wanderwege, darunter die Via Alpina und die Grande Traversée des Alpes, erfreuen im Sommer den Sportler. Pro Jahr gehen 4.000 Veranstaltungen über die Bühne, davon immerhin 40% abseits der Küste. Die Sommer-Soiréen und das Festival du Conte des Alpes-Maritimes bilden kulturelle Highlights, gleichwohl sie nicht den Bekanntheitsgrad eines Filmfestivals von Cannes besitzen. Gerade das Vésubietal vermittelt in seinen Dorffesten eine ursprüngliche Lebensfreude, die in lokalen Musikgruppen, heiteren Volkstänzen und dem Duft knisternder Kastanien Ausdruck findet. Unter den Museen überzeugen das der Merveilles in Tende - einem mittelalterlichen Gebirgsdorf - und das der Asiatischen Künste in Nizza. Die Museen für Moderne und Zeitgenössische Kunst sowie Matisse sind ebenfalls Glanzpunkte im Hauptort. Ein Streifzug durch die Vieille Ville lohnt sich immer. Auf dem Cours Saleya werden bunte Märkte abgehalten, die prachtvolle Chapelle de la Miséricorde (1736) steht an seiner östlichen Seite. Sehenswert sind ferner die Kathedrale Sainte Réparate (1650-1757) und das Palais de la Préfecture (1613). Die Karnevalsfeierlichkeiten gehen auf eine jahrhundertelange Überlieferung zurück. Im bekannten "Salade Niçoise" mischen sich viele lokale Agrarprodukte, darunter mediterraner Thunfisch. Aus dem Mercantour sind die Rezepte mit ortstypischen Käsesorten bekannt. Zu AOC-Weinen keltert man Rolle, Cinsault, Braquet Noir, Ugni Blanc, Grenache und Mourvèdre.
Geschichtliches
Aus der Bronzezeit stammen die ligurischen Felsgravuren im Vallée des Merveilles, das griechische Erbe zeigt sich in Antibes und Nizza - die Phokäersiedlung "Nikaia" entstand im 4.Jh. v.Chr. Die römische Provinz Alpes Maritimae existierte ab 14 v.Chr. und umfasste Gebiete bis zur Durance. Auf den Römerstraßen stießen später die Barbaren bis tief in die Alpen vor und plagten deren Bewohner, so dass diese sich im 7.Jh. der Republik Genua, 741 dem Franken Martell unterstellten. Es folgten die erbarmungslosen Sarazenen, gegen die der Papst einen Kreuzzug unternahm. Erst im 11.Jh. gelang König Otto der Sieg des Heiligen Römischen Reichs gegen die Araber. Schnell kamen der Feudalismus und zugleich der Unmut über denselben auf. So beherrschten die Spannungen gegenüber und zwischen den Grimaldi (vergleiche Monaco), den aragonesischen Grafen der Provence, der Kirche und anderen Grundeigentümern das weitere Geschehen.
Charles d' Anjou läutete mit seinem Zug gegen Neapel im 13.Jh. eine Katastrophe für Ligurien ein, und auch die folgenden Jahrhunderte wurden mit Erdbeben, Pest sowie Spanischem und Österreichischem Erbfolgekrieg nicht besser. 1796 nutzte Napoleon Nizza als Ausgangspunkt für seinen Italienfeldzug, jedoch schlugen die Österreicher zurück. Im Jahr 1860 verschenkte das Königreich Sardinien-Piemont seine Grafschaft Nizza an Frankreich und das Département entstand (vergleiche Savoie). Zu dieser Zeit galt Nizza wegen der vielen Touristen bereits als "englische Stadt". Im Zweiten Weltkrieg bildeten sich im Gebirge einzelne Nester der Résistance. | |||||||||||||||||||