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NUTS-3 Region Var (Frankreich)

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Steckbrief
Hauptort: Toulon10m
Höchste Erhebung: Montagne de Lachens1715m
Gemeinden154
Bevölkerung967054
Fläche5973 km²
Bevölkerungsdichte162 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Alpes-Maritimes, Alpes-de-Haute-Provence, Vaucluse
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Le Luc (80 m): ø 14.6 °C / Σ 857mm
St Raphaël (2 m): ø 14.4 °C / Σ 823mm
Toulon (24 m): ø 15.9 °C / Σ 665mm
 

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Der Stausee Lac de Sainte Croix an der Verdon (©Pixelio.de)
Krieg und Frieden - die südlichste alpine Nuts-3-Region, Var (gleichlautend im Okzitanisch-Provençalischen) ist wichtigstes französisches Département für das Militär und zugleich den Blumenanbau!

Der Norden gehört zum Alpenkonventionsgebiet, und nur in den Préalpes de Haute-Provence im Nordosten erreichen Montagne de Lachens (1.715m), Brouis (1.592m) und Malay (1.426m) sowie Le Grand Margès (1.577m) voralpine Höhen. Der Lac de Sainte Croix bildet einen der größten Stauseen der Alpen (vergleiche Alpes-de-Haute-Provence).

Flussaufwärts beginnt eine der größten Schluchten Europas. Der Verdon hat sich hier über 700m tief in die Jurakalke eingetieft und den "Grand Canyon du Verdon" geformt (vergleiche Alpes-de-Haute-Provence). Im 1.800km² großen Parc Naturel Régional du Verdon bilden Bertolonis Akelei und der endemische Farn Doradille du Verdon die floristischen Natura 2000-Höhepunkte. In den Höhlen und Felsspalten pflanzen sich Mopsfledermaus, Großes Mausohr, Langflügelfledermaus, Spitzohrige Fledermaus und Kleine Hufeisennase fort.

Im Fluss tummeln sich Eurasischer Biber und die Fischarten Rhône Streber, Forellenbarbe oder die Groppe. Höchst wertvoll ist ebenso die Avifauna mit Zwerg- und Königsadler, Gänse-, Schmutz- oder Mönchsgeier (350 Vogelarten gibt es im Var insgesamt). Erfreulicherweise wurde das Projekt, eine Hochspannungsleitung durch die Verdonschlucht zu errichten, 2006 ad acta gelegt. Genügt es doch, dass der Grand Plan de Canjuers, eine bewaldete Kalkhochebene mit Dinosaurierfossilien, durch den größten Truppenübungsplatz Kontinentaleuropas belastet ist.

Weiter im Westen beginnt - das Geschrei der Zikaden in der Luft - das Hügelland von Haut-Var mit mediterraner Vegetation aus Steineiche, Aleppokiefer, Wacholder, Zistrose oder Rosmarin.

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Toulon am Golfe du Lion (©Fréderic Béraud)

Der Fluss Argens bildet durch die Entwässerung eines Karstsystems mit perennierendem Regime einen Gegensatz zu den stoßweise Wasser führenden Torrenten. So konnten sich artenreiche Auenwälder ausbilden (insgesamt zählt Var 3.000 Pflanzenarten!).

Den Süden Vars bestimmen, neben den Ebenen, drei minder hohe Bergmassive, angefangen im Westen mit dem Massif de la Sainte Baume (Signal du Joug de l'Aigle: 1.147m). Der jahrhundertealte Wald, die Karsthöhlen, Schluchten und Quellen reinsten Wassers sowie der Geruch provençalischer Garrigue zeichnen den Ort aus.

Mit dem Massif des Maures (Sauvette: 779m) beginnt der kristalline Regionsteil (Rohstoffe) und damit eine andersartige Flora. Die Korkeiche bleibt trotz verheerender Brände die Königin der Wälder, in denen auch Stein- und Flaumeiche, Kastanie, Aleppo- und Strandkiefer, Erdbeerbaum und Stechpalme vorkommen. Ginster, Lavendel, Affodil, Zistrose und wilde Orchideen beherrschen die Bergflora, in Meeresnähe wachsen Mimose, Tamariske, Palme und Oleander.

Das Massif de l'Estérel (Mont Vinagre: 618m) besticht durch seine vulkanische Prägung.

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Verbrannte Korkeiche im Massif de Maures - die Îles d'Hyères im Mittelmeer (©Pixelio.de)
Ganz im Süden rundet die Küstenebene der Côte d'Azur den Var ab - abgesehen von den Îles d'Hyères. Port-Cros hat Nationalparkstatus und ist ein Vogelparadies.

Zu den größten noch nicht genannten Flüssen gehören Durance, Aruby, Bresque, Nartuby, Aille, Issole, Gapeau und Réal Collobrier.

Dem heiß-trockenen Sommer steht im Var ein mild-feuchter Herbst und Winter gegenüber. Schneefall bleibt auch über 800m auf wenige Tage im Jahr beschränkt. Die Niederschläge liegen in Toulon (24m) an der Küste bei nur 665mm, im Gebirge werden bis 950mm erreicht. Der Hauptort erfreut sich an 2.799 Sonnenstunden im Jahr - ein alpiner Rekordwert. Die mittleren Jahrestemperaturen betragen hier sehr hohe 15,9°C, mit der Höhe fallen diese deutlich ab. Im Westen der Region nimmt der Mistral Einfluss auf das Klima (vergleiche Drôme).

Viele heimkehrende Algerien-Franzosen siedelten sich im Var an, so dass die Bevölkerungsdichte auf heute 162 Einwohner pro km² anwuchs - um 75% in 30 Jahren! Die Hälfte der Bewohner lebt in der Agglomeration um Toulon, und auch der Rest der Küstenebene entlang der Côte d'Azur ist dicht besiedelt. Im Kontrast dazu wandern die Menschen aus dem Gebirgsraum zusehends ab. Das BIP/Kopf liegt bei niedrigen 18.910 € (Rang 85 alpenweit), die Arbeitslosigkeit bei sehr hohen 11,8%.

Stolze 83% der Jobs hängen vom Tertiären Sektor ab, und hier vor allem von Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung, Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen sowie Erziehung und Unterricht. Der Sekundäre Sektor schafft gerade einmal 16% der Arbeitsplätze, insbesondere in Bauwirtschaft (absolut dominant), Fahrzeugbau, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Energie- und Wasserversorgung sowie Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten.

Neun Millionen Touristen, davon über 90% Franzosen, lassen pro Jahr 1,8 Mrd. € im Var. Allein das 6.000 Seelen-High-Society-Dorf St. Tropez sieht alljährlich 5 Mio. Besucher, ebenso werden die Sandstrände, allen voran in Cavalaire-sur-Mer, und Felsbuchten stark frequentiert. In der Westhälfte um Toulon (Militärhafen) zeigt sich die Côte d'Azur von der betonierten Seite, so dass sich selbst die Bewohner zur Erholung gerne in die Berge zurückziehen, zumal es im Sommer dort milder ist. 800km GR-Fernwanderwege und 1.700km ausgeschilderte Mountainbikerouten versprechen sportlichen Ausgleich. Reiten, Kanu- und Kajakfahren stehen ebenso auf dem Programm wie das Bestaunen der Naturschönheiten. An den Speicherseen, etwa am Lac de Saint-Cassien, treffen sich Badegäste und Angler.

Die Abtei Le Thoronet (12.Jh.) und die antike Stadt Olbia sind ein Muss, genau wie die Bergdörfer. Unter den acht "villages perchés" im Pays de Fayence ist Fayence selbst das größte. Das Ökomuseum (Var hat 80 große Museen), "Fête du Pain" und Streichquartettfest gehören erlebt. Die Porte Sarrasine als Teil der ersten Wehrmauern (12.Jh.), die Kirche Saint Léger (11.Jh.) und die Kapelle Notre Dame de L'Ormeau (16.Jh.) befinden sich in oder nahe Seillans. Die Schlossruine Bargème (14.Jh.) verhilft zu einem herrlichen Ausblick. Der Duft der aus reichlich Knoblauch und Mayonnaise angerührten "Sauce Aioli" zu Fisch und Gemüse verspricht mediterranen Hochgenuss und man ist stolz auf Lavendel und Thymian, selbst gemachten Honig, die kostbaren Trüffel und natürlich die AOC-Weine sowie die Vins de Pays. Beim weltgrößten Roséproduzenten Var können die Rebsorten Cinsault, Grenache, Mourvèdre, Syrah nur stellvertretend stehen. Tibouren wird exklusiv im Var angebaut.

Geschichtliches

Festungen bezeugen den Durchzug von ligurischen Stämmen vor rund 4.500 Jahren, Griechen ließen sich 600 v.Chr. in Marseille nieder und gründeten Handelsplätze im Var. 200 Jahre später kamen die Kelten - Deceates, Sueltres und weitere Stämme - und wurden allmählich zu Keltoliguren. Die Römer erschienen gegen 125 v.Chr. und ordneten die Gegend bald der Provinz Gallia Narbonensis zu. Sie gründeten auch im Gebirge neue Siedlungen, etwa im Pays de Fayence. Ab 400 n.Chr. kamen Burgunder, West- und Ostgoten, Sachsen, Langobarden, Franken, Sarazenen und die Zeit des Königreiches von Arles. Im 10.Jh. wurde die Provence zur katalanischen beziehungsweise Anjou'schen Grafschaft, die 500 Jahre währen sollte.

Danach sah die Küste immer wieder feindliche Anlandungen, so vom Herzog Savoyens 1707 (vergleiche Savoie) oder den Österreichern 1746. Das Département entstand 1790, jedoch entzog Napoleon Toulon die Hauptstadtfunktion, weil es sich 1793 auf Seiten Englands gestellt hatte, und verlieh Grasse dieses Privileg. Der namensgebende Fluss Var wurde 1860 dem Département Alpes-Maritimes zugeteilt, 1884 wütete die Cholera. Da der Erste Weltkrieg die Produktion militärischer Güter entfacht hatte, richteten sich die Kriegshandlungen des Zweiten Weltkriegs direkt auf Var. 1943 besetzten die Deutschen weite Teile im Gebirge. Erst 1974 wurde Toulon erneut Hauptort der Region.

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