NUTS-3 Region Cuneo (Italien)
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Cuneo bildet eine der ausgedehntesten Nuts-3-Regionen der Alpen und wird auch innerhalb Italiens als "Provincia Granda" bezeichnet. Die italienische Umweltorganisation "Legambiente" reihte sie unlängst unter die zehn Provinzen mit höchster Lebensqualität. Der gesamte westliche und südliche Bogen wird von Teilen des Alpenkonventionsgebiets eingenommen. In den Alpi Cozie/Cottischen Alpen ragt der höchste Gipfel der Provinz auf, die aus Schiefer geformte Pyramide des Monviso (3.841m). Zahlreiche kleine Bergseen prägen dieses Hochgebirge, auf dessen Nordseite am Pian del Re (2.020m) der Po entspringt, der sich in seinem weiteren Verlauf zur Adria zum längsten und wasserreichsten Fluss des Landes entwickelt. Die Bergnamen Viso di Vallante (3.672m) und Brec Chambeyron (3.389m) lassen die Grenzlage zu Frankreich erahnen. Unter den durch die eiszeitlichen Gletscher ausgehobelten und nach ihren Flüssen benannten Tälern sind - von Nord nach Süd - Valle del Po, Valle Varaita, Valle Maira, Valle Grana und Vallone dell'Arma zu nennen. Südlich des Colle della Maddalena (1.996m) und des Valle Stura di Demonte beginnen die Alpi Marittime/Seealpen. Unter ihnen bilden auf Provinzgebiet Cima d'Argentera (3.297m), Cime du Gélas (3.143m/vergleiche Alpes-Maritimes) und Monte Matto (3.097m) die höchsten Berge. Im Valle Stura treten Kalke und Dolomite, rund um Cima d'Argentera Granite an die Oberfläche. Östlich des Colle di Tenda (1.908m) formieren sich die Alpi Liguri/Ligurischen Alpen um Punta Marguareis (2.651m), Monte Mongioie (2.630m) und Monte Bertrand (2.481m). Der von West nach Ost streichende Gebirgskörper wird vom Valle Gesso, den Valli Monregalesi (Flüsse: Pesio, Ellero, Corsaglia, Maudagna) und ganz im Osten vom Valle Tanaro untergliedert. Diverse Natura 2000-Gebiete bewahren Teile der Cottischen und Ligurischen Alpen, jedoch bildet der Naturpark Alpi Marittime (278km²) gemeinsam mit dem französischen Nationalpark Mercantour (Alpes-Maritimes) einen der größten westalpinen Naturschätze. Hier gedeihen 2.600 Pflanzenarten - Kugelblumenblättrige Teufelskralle, Königs-Steinbrech, Filz-Hungerblümchen oder Herzblättriges Leimkraut sind da nur Einzelbeispiele. Die Fauna scheut ebenfalls keinen Vergleich: 4.500 Gämsen und 500 Steinböcke sowie zahllose Wildschweine, Hermeline, Mufflone, Murmeltiere und neuerdings auch Wölfe bevölkern den Park. Zu den 54 von Natura 2000 aufgelisteten Arten der Avifauna zählen Hühner- und Kauzarten, Wander- und Turmfalke, Steinadler, Wespenbussard und Bartgeier.
In den südlichen Gebirgen drückt sich die Nähe zum Mittelmeer im Wachstum mediterraner Pflanzen (Ginster, Lavendel) in ungewohnten Höhenlagen aus. Andererseits finden typisch alpine Gewächse hier ihre südliche Verbreitungsgrenze. In den Valli Monregalesi treten neben den vorwiegend verbreiteten Kastanien- und Buchenwäldern Birke, Zitterpappel, Weide, Kirschbaum und Linde auf. Über 1.800m wachsen Alpenrose und andere Zwergsträucher. Im trockenen Frühjahr 2007 bedrohten in einigen Cuneeser Tälern heftige Waldbrände Häuser und Weiler. Die verbliebene Hälfte der Provinzfläche nehmen Pianura Padana/Poebene und Hügelländer (Monferrato, Langhe) ungefähr zu gleichen Teilen ein. In Canove am Tanaro - dem wichtigsten rechten Zufluss des Po - liegt bei unter 150m ihr niedrigster Punkt. Die Jahresmittel in Cuneo (536m) betragen 10,6°C und 1.028mm. Weil Ebene und Hügelländer in Herbst und Winter anhaltend im Nebel verschwinden, reduziert sich die jährliche Sonnenstundenzahl im Hauptort auf 1.298. Die hochgelegenen Gebirgsregionen erhalten bis zu 1.400mm Jahresniederschlag, die Schneemengen variieren von Jahr zu Jahr deutlich. Die Provinz besitzt eine mittlere Bevölkerungsdichte von 83 Einwohnern pro km², wobei die Tendenz insgesamt minimal ansteigt, sich die Gebirgsorte jedoch immer weiter entleeren. Cuneo weist niedrige Arbeitslosenzahlen (3,1%) und ein BIP/Kopf von 24.862 € aus (Rang 44 alpenweit). Bauwesen, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung (Ferrero), Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau sowie Produktion von Gummi und Plastik sind bedeutsame Branchen des Zweiten Sektors, der 37% der Arbeitskräfte auffängt. Starke Anstiege erlebt der Tertiäre Sektor (52% aller Jobs), vornehmlich in Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung. Die Landwirtschaft spielt mit Weinbau, Obst- und Haselnussplantagen, Gemüse-, Getreide- und Futterpflanzenanbau sowie Rinderzucht weiterhin eine erhebliche Rolle - so arbeiten 11% im Primären Sektor. Wintersportler bedienen sich der vielen Aufstiegsanlagen, die 450km Pisten zwischen 600 und 2.700m Seehöhe erschließen. Mondolé (100km) und Limone Piemonte (80km) sind die beiden größten Skiressorts. Valmala, Sampeyre, Pontechianale oder Frabosa Soprana weisen bescheidenere Ausmaße auf. Erkundungstouren erfolgen am besten auf den Weitwanderwegen Grande Traversata delle Alpi und Via Alpina oder den "Sentieri della Libertà" (Wege des antifaschistischen Widerstands). Tagesetappen ermöglichen eindrucksvolle Begegnungen mit Natur und Kultur. Erholung bieten die Thermen von Valdieri (Naturgrotten), Lurisia, Garessio (Trinkkuren), Vicoforte und Vinadio. Grandiose Baudenkmäler bilden Castello dei Principi d'Acaja in Fossano (ab 1324), Kathedrale (1491-1501) und Casa Cavassa (14.Jh./Museo Civico) in Saluzzo, Castello dei Solaro in Monasterolo di Savigliano (ab 1241) und unzählige weitere Schlösser und Burganlagen. Einige der mächtigen Festungen in Richtung Frankreich und Ligurien wurden nie genutzt, beispielsweise Forte Albertino (1834-47) im Valle Stura di Demonte (vergleiche Imperia). Keinesfalls dürfen die kühn gelegenen Bergdörfer und Wallfahrtskirchen, aber auch Holzschnitzkunst und Musikinstrumentenbau (Salvi-Harfen) in den Alpentälern unbeachtet bleiben. Im Hauptort folgt man von der Piazza Galimberti aus der Via Roma, um Kathedrale (1662), Rathaus (1631) und die Kirche San Ambrogio (1703-43) zu erreichen. Sehenswert sind auch Museo Civico mit Ausstellungen etwa zur Archäologie und Volkskunde sowie Museo Galimberto mit angeschlossener Bibliothek. Nahe Mondovì wandern Pilger zur Wallfahrtskirche von Vicoforte (1596-1733), wo die 36x25m große und durch Mattia Bortoloni ausgeschmückte Kuppel Bewunderung auslöst. Das "Festival dei Saraceni" zieht alljährlich Freunde alter Musik nach Mondovì. Als Spezialitäten der Provinz gelten die okzitanische Gemüsesuppe "Supa mitunà", Gnocchi aus dem Valle Varaita, Kartoffelpolenta, Jungrind-Gerichte ("Vitello tonnato") und Speisen mit den berühmten Trüffeln von Alba ("Tajarin con pezzi di tartufo"). Außergewöhnliche Käse sind Castelmagno, Bra, Murazzano oder Toma d'Alba. Verschiedenste Mineralwässer und über 60 DOC-Weine zeigt die Getränkeliste, so der Herkunftsregionen Alba (Barbera, Nebbiolo), Colline Saluzzesi, Langhe (autochthone Reben: Arneis, Favorita), Piemonte, Pinerolese und Roero (autochthone Rebe). Am Karnevalsfest "Bahio" in Sampeyre sind nur Männer beteiligt - generell bewahrt dieses Tal die okzitanische Tradition.
Geschichtliches
Die frühe Geschichte unterscheidet sich kaum von der des umliegenden Piemonts, so hatten die Römer die keltisch-ligurischen Bewohner schon ab 89 v.Chr. unter Kontrolle und diese erhielten römische Bürgerrechte. Im 12.Jh. schikanierten die Grundherren ihre Untertanen derart, dass diese aus ihren Dörfern flohen und eine eigene Gemeinde gründeten - 1198 n.Chr. erfolgte deren erste urkundliche Erwähnung als "Picium de Cuneo". Immer wieder wechselten die Besitzansprüche zwischen Mailand, der Markgrafschaft Saluzzo, dem Haus Anjou und den Visconti, bis sich die Stadt 1382 an das Haus Savoyen anschloss (vergleiche Savoie).
Sieben Belagerungen durch Schweizer und insbesondere französische Heerscharen musste Cuneo zwischen 1515 und 1744 überstehen, dazu Inquisition und Pest (1630). Ab 1796 gehörte Cuneo zu Frankreich, 1800 schleiften napoleonische Truppen die Befestigungsanlagen. 1815 stellte der Wiener Kongress die Herrschaft des Hauses Savoyen über das Piemont, Savoyen und Nizza (Alpes-Maritimes) wieder her. Die Cuneeser Alpentäler waren zwischen 1850 und 1950 von exodusgleichen Auswanderungswellen betroffen, in denen die notleidenden Menschen speziell nach Frankreich, Nordamerika und Argentinien übersiedelten. Im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Provinz zu einem der großen antifaschistischen Widerstandszentren. | |||||||||||||||||||