NUTS-3 Region Graubünden/Grischun/Grigioni (Schweiz)
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"Willkommen! Bainvegni! Benvenuti!" im einzigen Eidgenössischen Kanton mit drei Amtssprachen - Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch. Im Norden erheben sich in Rätikon (Schesaplana: 2.964m), Silvrettagruppe (Piz Linard: 3.410m) und Plessur-Alpen (Aroser Rothorn: 2.980m) Massive der ostalpinen Zentralalpen. Dies gilt ebenso für Sesvennagruppe (Piz Sesvenna: 3.204m), Albula-Alpen (Piz Kesch: 3.418m), Platta-Gruppe (Piz Platta: 3.392m), Livigno-Alpen (Piz Paradisin: 3.302m), Bergeller Alpen (Piz Badile: 3.305m) und Bernina Alpen. Dort liegt mit Piz Bernina (4.049m) auch der einzige Viertausender der Ostalpen und höchster Gipfel Graubündens. Westlich der Linie Hinterrhein-Rhein beginnen geographisch die Westalpen. Den nördlichen Teil bestimmen dort die Glarner Alpen (Tödi: 3.614m), den Süden die Adula-Gruppe (Adula/Rheinwaldhorn: 3.402m). Vadret da Morteratsch/Morteratschgletscher, Vadret da Tschierva/Tschiervagletscher, Vadret da Roseg/Roseggletscher, Vadrec del Forno/Fornogletscher sowie Paradies- und Silvrettagletscher bilden die größten Ferner der Region. Im von der IUCN anerkannten, einzigen Schweizer Nationalpark (170km²) wird die Entwicklung der zirka 5.000 Tierarten und 650 höheren Pflanzenarten von Forschern dokumentiert. Zwischen 2.100 und 2.500m liegen alpine Matten, auf denen zum Beispiel Cenis-Glockenblume, Rhätischer Alpenmohn, Eberreiskreuzkraut und Edelweiß gedeihen. Am Finsteraarhorn wächst Gletscher-Hahnenfuß bis 4.270m hinauf - ein alpenweiter Rekord. Neben den allbekannten Alpentieren ist mittlerweile auch der Bartgeier wieder heimisch. Außerdem besteht Hoffnung, dass eines Tages Luchs, Wolf und Bär permanent zurückkehren. Allerdings müssten der Park dazu erweitert und die menschliche Erholungsfunktion zurückgefahren werden. Zum angrenzenden Nationalpark Stilfser Joch informiert das Kapitel Sondrio. BLN-Gebiete gibt es zuhauf - Oberengadiner Seenlandschaft (Silsersee, Silvaplanersee, Champfersee, Sankt Moritzersee) und Berninagruppe (372km²), Kesch-Ducan (136km²), Silvretta-Vereina (142km²) sind darunter die großflächigsten - und auch geschützte Jagdbanngebiete, Auen und Moore können an dieser Stelle nicht en detail erläutert werden. 19% Graubündens sind waldbedeckt - die Bandbreite reicht von Winterlinde und Traubeneiche in den Föhnlagen über Buche, Tanne, Bergföhre und Fichte hinauf zu Lärche, Arve und Legföhre. Graubünden ist ferner das "Land der 150 Täler". Die Haupttäler Surselva, Rheintal und Engadin mit ihren Flüssen Vorderrhein/Rein Anteriur, Rhein und Inn/En erstrecken sich parallel zum Alpenhauptkamm. Das Rheintal gilt dabei als eines der Schweizer Erdbebenzentren. Weitere große Flüsse sind Albula/Alvra, Julia/Gelgia, Landwasser, Spöl, Mera/Maira, Glenner/Glogn und Poschiavino. Die Bündner Gewässer gehören den vier Einzugsgebieten Rhein, Donau, Etsch und Po an, wobei Vorder- und Hinterrhein sowie Inn im Kanton selbst entspringen. Chur (555m) weist eine relativ hohe Jahrestemperatur von 8,7°C auf, wozu nicht zuletzt die Föhntage beitragen. In Davos (1.594m) sinken diese Werte bereits auf 2,8°C, am Piz Bernina (4.049m) auf -7,7°C. Fallen im Rheintal noch 800-1.200mm Niederschläge im Jahr (Chur: 814mm), so sind es im Engadin bis Sankt Moritz infolge der Gebirgsabschirmung nur 650-900mm. Dort beregnen die Bauern ihre Felder mit Flusswasser. Interessanterweise fallen sogar am Corvatsch südlich von Sankt Moritz auf 3.315m Seehöhe nur 850mm. Andererseits erhält das Engadin annuell etwa 1.800 Sonnenscheinstunden. Die höchsten Niederschläge summieren sich in den Glarner Alpen auf über 2.000mm. Mit über 7.000km² Fläche ist Graubünden die drittgrößte und zugleich mit 26 Einwohnern pro km² eine der am dünnsten besiedelten alpinen Nuts-3-Regionen. Die mittlere Höhe wird mit 2.100m angegeben - dies übertrifft alle anderen Regionen des Alpenraums (gemeinsam mit dem Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste). Die Hälfte der Einwohner lebt oberhalb 1.000m, Davos (1.560m) ist die höchstgelegene Stadt Europas. Chur beherbergt mit 35.000 Einwohnern die meisten Menschen im Kanton. Das BIP/Kopf beläuft sich auf 36.713 € und damit auf "nur" 89% des Schweizer Mittels, alpenweit jedoch auf einem beeindruckenden 13. Rang. Äußerst erfreulich ist gleichfalls die Arbeitslosigkeit von 2,2%. 10% der Beschäftigten beziehen ihr Einkommen aus der - zumeist bergbäuerlichen - Landwirtschaft. Im produzierenden Gewerbe (24% der Stellen) finden sich Unternehmen der Bereiche Bauwesen (absolut dominant), Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Be- und Verarbeitung von Holz (ohne Möbel), Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren sowie Maschinenbau. 67% aller Erwerbstätigen arbeiten in den Dienstleistungen, allen weit voran das Hotel- und Gaststättengewerbe, danach Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung. Landschaftliche Schönheit, kultureller Reichtum und eine mannigfaltige Infrastruktur machen den Kanton zur bedeutendsten Tourismusregion der Schweiz, in der jährlich 13 Mio. Menschen in 170.000 Gästebetten übernachten. Erstklassigen Bergurlaub erlebt man in weltbekannten Destinationen wie Klosters, Davos, Arosa, Sankt Moritz, Flims-Laax-Falera oder Lenzerheide, die phantastische Winter- und Sommersportmöglichkeiten bieten. Entspannung verspricht die aus 60.000 Quarzitsteinplatten erbaute Therme Vals, die bereits zwei Jahre nach ihrem Bau unter Denkmalschutz gestellt wurde! Auf keinen Fall sollte sich der Reisende die spektakuläre Wegführung der Rhätischen Bahn und das einmalige Panorama des Glacier Express entgehen lassen. Anregend sind aber auch Besuche des Unesco-Weltkulturerbes Kloster Sankt Johann im romanischen Müstair. Chur besitzt eine reizvolle Altstadt, eine romanisch-gotische Kathedrale (1150-1272) und das populäre Bündner Kunstmuseum. Die Gebiete außerhalb des Zentrums mit ihren Wohnhochhäusern und Gewerbevierteln sind weniger beschaulich. Die Trauben Graubündens wachsen überwiegend im Rheintal, und es werden Blauburgunder, Riesling Silvaner, Completer und Merlot gekeltert. Die Bierbraukunst kommt ebenfalls nicht zu kurz, in Monstein befindet sich gar die höchstgelegene Brauerei Europas. Als typische Gerichte empfiehlt man "Capuns" (Krautwickel), "Plain in Pigna" (Kartoffel-Polenta Gratin), "Risotto con Verze" (Wirsingrisotto), luftgetrocknetes Bündnerfleisch oder die berühmte Engadiner Nusstorte. Bleibt nur zu wünschen: "Guten Appetit", "Bien appetit" oder "Buon appetito"!
Geschichtliches
Durch die naturräumliche Zersplitterung Graubündens erfuhren die einzelnen Talschaften eine ganz unterschiedliche geschichtliche Prägung. Man geht davon aus, dass das Unterengadin allmählich von Rätern, Nord- und Mittelbünden von Kelten und Rätern und der Südwesten von keltisch-etruskischen Lepontiern eingenommen wurden. Chur selbst (Keltisch "kora": "Sippe") gilt mit einer 5.000 jährigen Historie als eine der ältesten Siedlungen der Schweiz. Unter ein Dach kam die Region unter der 500-jährigen römischen Herrschaft ab 15 v.Chr. in der Provinz Raetien. Die Römer zeigten ein besonderes Interesse an der damals intensiv genutzten Nord-Süd-Route über den Septimerpass. Im 4.Jh. entstand in Chur das älteste Bistum nördlich der Alpen. Im 6.Jh. wurde die Region Teil des Fränkischen, später des Heiligen Römischen Reichs.
Ab dem 13.Jh. vollzog sich die allmähliche Germanisierung von Norden her, und es begann der Einzug der Walser, zuerst aus dem Wallis, später beispielsweise auch aus dem Ticino. Bis heute konservieren die Dialekte diesen Unterschied. Im Spätmittelalter entsprang der Kanton Graubünden aus der Vereinigung von "Grauem Bund", "Gotteshausbund" und "Zehngerichtebund", die allesamt zur Abwehr äußerer Mächte gegründet worden waren. 1512 zogen sie selbst gen Süden und eroberten für 300 Jahre die Täler von Chiavenna und Bormio sowie das Veltlin. Während der anschließenden Reformation konnte jede Gerichtsgemeinde selbstständig bestimmen, ob sie sich dem protestantischen Glauben zuwenden wollte - Chur stimmte dafür. Anarchische Zustände löste der Dreißigjährige Krieg aus, da die Alpenpässe die Begehrlichkeiten diverser europäischer Großmächte weckten. Der Anschluss an die Helvetische Republik wurde 1798 von Napoleon durchgesetzt. 1803 wurde Graubünden zum eigenständigen Kanton. Über zwei Drittel der Bevölkerung sprechen heute Deutsch, 15% Rätoromanisch und 10% Italienisch. Der italienische Teil zählt mit zur "Svizzera Italiana" (vergleiche Ticino). | |||||||||||||||||||