Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Bludenz-Bregenzerwald (Österreich)

overview

Steckbrief
Hauptort: Bludenz588m
Höchste Erhebung: Piz Buin3312m
Gemeinden48
Bevölkerung89174
Fläche1876 km²
Bevölkerungsdichte48 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Außerfern, Graubünden, Liechtenstein, Oberallgäu, Rheintal-Bodenseegebiet, Tiroler Oberland
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Bürs (567 m): ø 8.4 °C / Σ 1357mm
Langen am Arlberg (1270 m): ø 5.9 °C / Σ 1664mm
Schoppernau (835 m): ø 5.6 °C / Σ 1908mm
 

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Bludenz: hier treffen sich Brandner Tal, Walgau, Montafon und Klostertal (©Bludenz Tourismus)
Die österreichische Nuts-3-Region Bludenz-Bregenzerwald bildet mit ihrer äußerst dünnen Besiedlung ein markantes Gegengewicht zum westlichen Teil Vorarlbergs, dem Rheintal-Bodenseegebiet. Hier - im Bregenzerwald, im Kleinen und Großen Walsertal, am Arlberg, in der Alpenregion Bludenz und dem Montafon - stehen Natur, Berglandwirtschaft und Tourismus im Vordergrund.

Eingekeilt zwischen Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz tun sich herrliche Landschaften quasi aller wichtigen alpingeologischen Einheiten auf. Der Vorderwald (abgeschürfte Molasse) im Norden erreicht dabei keine 1.500 Höhenmeter, im zentralen Bregenzerwald (Helvetikum) wird mit der Damülser Mittagspitze (2.095m) die 2.000m-Marke überschritten. Der Hinterwald (Rhenodanubischer Flysch) ist noch höher (Zitterklapfen: 2.403m). Im Osten ragen die Allgäuer Alpen herein (Widderstein: 2.533m), die wie die Lechtaler Alpen (Valluga: 2.809m) zu den Nördlichen Kalkalpen gehören.

Verwall (Kaltenberg: 2.896m), Rätikon (Schesaplana: 2.965m) und Silvretta sind bereits Teil der Zentralalpen (zur Zuordnung des Rätikons zu den Zentralalpen: vergleiche Liechtenstein). Südlich der Bieler Höhe liegen in der Silvretta die Riesen der Region, Piz Buin (3.312m), Silvrettahorn (3.244m) und Dreiländerspitze (3.197m). Dort breiten sich Klostertaler Gletscher, Schattenspitz- und Schneeglockengletscher, Ochsentaler Gletscher, Vermuntgletscher und kleinere Firnfelder aus.

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Sankt Gerold (848m) im Großen Walsertal (©Alpenregion Bludenz)
Inmitten all dieser Berggruppen spannen sich die Richtung Rhein entwässernden Flusstäler von Bregenzerach, Lutz (Großes Walsertal), Alfenz (Klostertal), Litz (Silbertal) und Ill (Montafon/Walgau). Lech (Lechtal) und Breitach (Kleinwalsertal) gehören zum Einzugsgebiet der Donau.

Weite Teile der Region unterliegen den Vorkehrungen von Natura 2000, so etwa das Verwall (121km²). Als eines der abgeschiedensten Gebiete der Ostalpen und ohne jede harte touristische Erschließung bewahrt es eine einzigartige Vogelwelt mit Alpenschneehuhn, Dreizehenspecht oder Steinadler, aber auch hohe Wildbestände. Die Bergwälder im Klostertal mit ihrer naturnahen Bewirtschaftung und den artenreichen Magerwiesen beherbergen diverse Käuze, Spechte und sogar den Wespenbussard. In der Kernzone des Unesco-Biosphärenparks Großes Walsertal wechseln Spirkenwald, Fichtenwald, Waldmeister-Buchenwald, Schlucht- und Hangmischwald, kalkreiche Niedermoore und (sub)alpine Kalkrasen einander ab. Frauenschuh und Alpenmannstreu gehören zu den Besonderheiten.

Klimatisch sticht die Station Schoppernau (835m) im Tal der Bregenzerach hervor: gegenüber dem Rheintal liegt die Zahl der Sonnenstunden deutlich höher, jedoch wird mit 1.908mm Jahresniederschlag auch einer der höchsten österreichischen Werte bei vergleichbarer Seehöhe verzeichnet (vergleiche aber Goriška). Die gemittelte Jahrestemperatur beträgt 5,6°C. Langen am Arlberg auf immerhin 1.270m zeigt dagegen nur Niederschläge von 1.664mm und mit 5,9°C durchaus ähnliche Temperaturen im Jahresschnitt.

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Brand (1.037m) im Brandner Tal mit Schesaplana (2.965m) (©Alpenregion Bludenz)
Administrativ setzt sich die Nuts-3-Region heute aus dem Politischen Bezirk Bludenz sowie dem Gerichtsbezirk Bezau zusammen. Eine außergewöhnliche Position besitzt bis in die Gegenwart die Steueroase Kleinwalsertal, die nur von Deutschland aus per Straße erreichbar ist (vergleiche Oberallgäu) und erst seit 2003 keine deutsche Telefonvorwahl mehr hat. Der Konflikt um die Postleitzahlen schwelt noch.

Die Bevölkerungsdichte der Region Bludenz-Bregenzerwald wird auf geringe 48 Einwohner pro km² berechnet. Interessanterweise aber erwirtschaftet Bludenz-Bregenzerwald mit 27.631 € ein fast ebenso hohes BIP/Kopf wie die Vorarlberger Schwesterregion. Alpenweit wird damit immerhin der 30. Rang erreicht, dabei fehlen größere industrielle Zentren weitgehend. Die Arbeitslosigkeitsrate liegt bei 4,6%.

Im Sekundären Sektor finden sich 37% der Arbeitsstellen. Bauwesen, Nahrungs- (Suchard), Genussmittel- und Getränkeproduktion, Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau sowie Textil- und Bekleidungsindustrie liegen hier auf den vorderen Rängen. Die hohe Zahl an Speicherseen, wie Lüner-, Silvretta-, Kops-, Spuller-, Bolgenach- oder Vermunt-Stausee, führt zu relativ vielen Arbeitsplätzen in der Energie- und Wasserversorgung. Tertiäre Arbeit (59% der Jobs) bieten Beherbergungs- und Gaststättenwesen, Handel und Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehungs- und Unterrichtswesen.

Ein entscheidender Wirtschaftsfaktor für die Region ist der Fremdenverkehr, obwohl oder gerade weil dieser meist sanft ausgerichtet ist. Der Pfarrer von Warth fuhr schon vor über 100 Jahren über die Berghänge ins Tal. 1906 wurde den Einheimischen erstmals Skiunterricht erteilt, ab 1923 dann genauso den Gästen. Heute kommen diese aus aller Welt und nutzen die 84 Liftanlagen, die zwischen 1.450 und 2.800m Seehöhe 260km Piste und 180km freies Gelände erschließen. Ein weltweit einzigartiges Umweltmanagement der Bahnen zeugt vom Bemühen um umweltfreundliche Nutzung der Bergwelt. Warth-Schröcken, Schruns-Tschagguns, Damüls und Silvretta Nova sind ebenfalls bekannte Orte des alpinen und nordischen Wintersports, Kanzelwand, Gargellen und kleinere Skiregionen präsentieren sich gemütlicher. Dank der unverdorbenen Alpenlandschaft floriert auch der zukunftsträchtigere Sommertourismus. So liegen rund um Bludenz über 1.000km Wanderwege und viele reizvolle Berghütten. Der Radsport wird ebenso großgeschrieben. Im Alpenbad Val Blu in Bludenz schaffen Wasser und Wärme harmonischen Ausgleich für den geschundenen Körper.

Als einstiges Zentrum des Silberbergbaus bleibt dem Hauptort eine mittelalterliche Altstadt mit Stadttoren, Maueranlagen und barocken Häusern erhalten. Unter südländisch anmutenden Arkaden und auf Märkten lässt es sich reizvoller einkaufen als in den neu errichteten Bürser Einkaufparks. Der 50m hohe Turm der Kirche St. Laurentius (1491-1514) gilt als Wahrzeichen der Stadt Bludenz. Bei einer Fahrt mit dem Wälderbähnle entlang der Käsestraße Bregenzerwald fällt der Alltagsstress ab und Gourmets erfreuen sich alpiner Spezialitäten. Speck, Bergschinken und Kaminwurzen sind hier beliebt, unter den Käsen stechen Räskäse und Vorarlberger Bergkäse hervor. Bedenkt man, dass nur noch 2% der europäischen Milch ohne Silagefutter gewonnen werden, so wird der Wert der Käsestraße als heute größte komplett silofreie Region der EU begriffen. In Schwarzenberg kommen Musikfreunde bei der Schubertiade auf ihre Kosten. "Juppe" und "Schapele" ergänzen sich zu einer einmaligen Frauentracht, die am besten bei den Fronleichnamsprozessionen oder auf Musikfesten bewundert werden kann. Walserkultur erlebt man in Großem und Kleinem Walsertal, und auch im Montafon lebt die Tradition nicht nur in den Museen fort. Dennoch geben Heimatmuseum Schruns, Bergbaumuseum Silbertal und Tourismusmuseum Gaschurn einen guten Einblick in die historische Prägung der Region.

Geschichtliches

Spuren der keltischen Brigantier, der Römer und Alemannen sind spärlich, geichwohl waren weite Teile der Region aufgrund ihrer Rohstoffvorkommen bereits in der Bronze- und Eisenzeit besiedelt. Man baute Eisen, Kupfer und sogar Silber ab - die Ortsbezeichnung "Silbertal" bezeugt dies noch immer. Bludenz wurde erstmalig 842 n.Chr. urkundlich erwähnt, der Bregenzerwald erfuhr seine dauerhafte Besiedlung aber erst um 1000 n.Chr. In das Kleinwalsertal zogen Ende des 13. Jhs. aus der Schweiz stammende Walser ein, deren höchstalemannischer Dialekt sich bis heute vom Niederalemannischen im Allgäu und Teilen Vorarlbergs sowie dem Hochalemannischen in der Schweiz und dem übrigen Vorarlberg unterscheidet. Auch Lech am Arlberg wurde zu jener Zeit von Walsern gegründet.

Die Werdenberger erhoben Bludenz 1265 zur Stadt. Nach 1380 formierte sich die "Bauernrepublik" des Brengenzerwaldes mit eigener freier Landgemeinde, Verfassung und Gerichtsbarkeit. Die Habsburger regierten die Grafschaft Bludenz ab 1420, später zählten auch Kleinwalsertal und Montafon zum Besitz des führenden europäischen Adelsgeschlechts. 1805 geriet Vorarlberg an das von Napoleon geschätzte Bayern, ab 1814 verblieb es bei Österreich. Bittere Armut erzwang bis ins frühe 20.Jh. hinein die Entsendung der Kinder als Arbeitskräfte ins nahe gelegene Schwaben (vergleiche Außerfern, Tiroler Oberland). Seit 1918 ist Vorarlberg ein Bundesland der Republik Österreich, unterbrochen nur von der nationalsozialistischen Phase als Gau Tirol-Vorarlberg. Zwischen 1945 und 1955 war es Teil der französischen Besatzungszone.

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