Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Sondrio (Italien)

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Steckbrief
Hauptort: Sondrio307m
Höchste Erhebung: Piz Bernina4049m
Gemeinden78
Bevölkerung179767
Fläche3212 km²
Bevölkerungsdichte56 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Bergamo, Bozen/Bolzano, Brescia, Como, Graubünden, Lecco, Trento
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Bormio (1225 m): ø 7.8 °C / Σ 734mm
Lanzada (983 m): ø 7.6 °C / Σ 911mm
Sondrio (298 m): ø 11.4 °C / Σ 899mm
 

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Bergdorf San Giorgio darunter die Chiavenna Ebene bei Novate Mezzola (©Bftravel (digilander.libero.it/bftravel))
Gletscher und Weinreben innerhalb einer alpinen Nuts-3-Region? Vier Kilometer Höhenunterschied ermöglichen dies in Sondrio.

Als einzige lombardische Provinz liegt sie vollständig auf Alpenkonventionsgebiet. Das U-förmige Territorium wird aus den beiden Haupttälern Valtellina/Veltlin und Valchiavenna geformt, die allseits von Hochgebirgen umrahmt sind.

In den Alpi Retiche/Rätischen Alpen werden die größten Erhebungen erreicht. Der 4.049m hohe Pizzo/Piz Bernina ist der einzige Viertausender der Ostalpen. Zu den kristallinen Alpi del Bernina/Bernina Alpen zählen weiterhin Pizzo/Piz Palü (3.905m) und Pizzo/Piz Glüschaint (3.594m). Südexponiert dehnen sich einige Ferner aus, wie Vedretta di Scersen oder Vedretta di Fellaria, gleichwohl diese zunehmend abschmelzen.

Die Alpi della Val Bregaglia/Bergeller Alpen beginnen südwestlich des Passo del Muretto (2.562m). Über Monte del Forno (3.214m), Cima di Castello (3.375m) und Pizzo Badile (3.305m) verläuft - wie durch die Bernina Alpen - die Grenze zu Graubünden. Der allseitig von Fernern überzogene Monte Disgrazia (3.678m) liegt weiter südlich.

Nordöstlich des Passo del Bernina (2.328m) steigen die Alpi di Livigno/Livigno-Alpen an. Die Hochlagen rund um Cima de Piazzi (3.439m), Cima Viola (3.374m) und Piz Paradisin (3.302m) sind ebenfalls etwas vergletschert.

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Chiavenna am Ufer der Mera im Valchiavenna (©Pixelio.de)
Im Nordosten der Provinz erhebt sich die Ortlergruppe mit Monte Cevedale (3.769m) und Gran Zebrù/Königsspitze (3.851m) (vergleiche Bozen/Bolzano und Trento). 30% der Provinzfläche umfassen geschützte Gebiete, darunter diverse Natura 2000-Gebiete und einen Teil des Nationalparks Stilfser Joch, dem mit 1.333km² größten historischen Schutzgebiet Italiens (vergleiche Graubünden, Brescia). In den Tälern gedeihen Fichten-Laubwälder, mit zunehmender Höhe Lärchen-Zirbenwälder, Latschen, Rhododendron, Wacholder und Heidelbeere. Hirsch, Reh, Gämse, Steinbock, Moorschnee- und Steinhuhn sind faunistisch erwähnenswert. Parksymbol ist der Steinadler, und neuerdings kehrt der Bartgeier zurück.

Gen Süden schließt die Sobretta-Gavia-Gruppe rund um den firnüberzogenen Monte Sobretta (3.296m) an. Südlich des Adda-Längstales - und damit der periadriatischen Naht - bauen sich die Alpi Orobie/Bergamasker Alpen auf (Pizzo di Coca: 3.050m / vergleiche Bergamo).

Die Dreitausender der Ceneri-Gruppe (Pizzo Tambo: 3.279m; Pizzo Quadro: 3.025m) bilden die westliche Provinzgrenze.

Eine weitere Abgrenzungsmöglichkeit bilden die Pässe Stelvio/Stilfserjoch (2.757m) und Spluga/Splügen (2.115m), von denen aus man Adda respektive Mera folgend bis fast an das Nordende des Comer Sees gelangt. Der Adda fließen von rechts Bormina (Val Viola), Roasco (Val Grosina), Mallero (Val Malenco) und Masino (Val Masino) zu, von links Frodolfo (Valfurva) oder Rezzalasco (Val di Rezzalo). Nur zwei auf Schweizer Seite, je 8km lange Stauseen entwässern nicht in die Adria: Das Wasser des Lago di Lei fließt dem Rhein und damit der Nordsee zu, der Lago di Livigno gehört zum Einzugsgebiet des Schwarzen Meeres.

1987 stürzten im Val Pola 40 Mio. m³ Fels 1.300m tief in das Tal der Adda und verschütteten dort mehrere Dörfer. Sogar kilometerweit entfernte Siedlungen wurden durch die Flutwelle sowie orkanartige Luftbewegungen zerstört.

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Punta Pioda (3.431m), Ago di Sciora (3.205m), Sciora Dadent (3.275m) und Bondasca-Gletscher (©Wolfgang Schranz)
Im Val Malenco treten die größten Klimaunterschiede auf kurzer Distanz auf: von den Gletscherregionen der Bernina hinab in die südexponierten, sehr milden Weinberge über Sondrio. Der Hauptort weist dabei Jahresmittelwerte von 11,4°C und 899mm auf. Bei winterlichen Hochdrucklagen sind Temperaturinversionen charakteristisch, im Sommer bilden sich intensive Berg-Tal-Windsysteme aus - regional "brezza di monte" und "brezza di valle" genannt.

Hauptverkehrsadern, Siedlungen und die wenigen Industriebetriebe füllen die beiden Haupttäler. Ökonomisch ist die Provinz heute Teil der erfolgreichen Region Lombardei, in der zirka ein Fünftel des gesamten italienischen BIPs erwirtschaftet wird. Allerdings unterscheidet sich Sondrio insofern, als es mit 56 Einwohnern pro km² zu den am geringsten besiedelten Landesteilen gehört und auch das BIP/Kopf deutlich hinter dem regionalen Schnitt zurückbleibt. Es beträgt 22.815 € und belegt alpenweit Rang 66. Wenngleich die Arbeitslosigkeit mit 4% gering ist, hinken die Löhne den ansonsten regional üblichen Werten hinterher.

Der Dienstleistungssektor spielt für Sondrio mit 61% der Arbeitsplätze die mit Abstand wichtigste Rolle. Handel und Instandsetzung, Gesundheit und Soziales, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Erziehung und Unterricht sowie Hotel- und Gaststättengewerbe schaffen hier die meisten Jobs. Den Zweiten Sektor (35% der Stellen) dominieren diesbezüglich Bauwesen, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Maschinenbau.

Der Tourismus wird in gleichen Teilen von in- und ausländischen Gästen getragen. Beinahe drei Viertel der Urlauber nächtigen dabei im Veltlin und vor allem in den famosen Bergsportdestinationen von Livigno, Aprica, Santa Caterina di Valfurva und Bormio. Allein im zollfreien Livigno stehen 33 Lifte zur Verfügung, die 115 km Piste erschließen. 40 km Loipe lassen Langläuferherzen höher schlagen, nicht zuletzt, weil schon der Talboden auf über 1.800 Höhenmetern liegt! Bormio konnte sich 2005 erneut als Schauplatz der Skiweltmeisterschaften der Weltöffentlichkeit präsentieren. Schon Plinius der Ältere badete in den hiesigen Thermen, die unlängst neu gestaltet wurden.

Das ganze Jahr über werden in der Provinz traditionelle Feste veranstaltet, wobei man die "Pasquali" im Valchiavenna - ein Umzug mit allegorischen Festwagen und historischen Kostümen - und die vielen Wein- und Käse-Feste im Herbst nicht versäumen sollte. Der unverfälscht erhaltene Hauptort reflektiert in seinen Straßen und Gassen Renaissance, Barock, Neoklassizismus und Moderne. Das "Museo Valtellinese" zeigt sehenswerte geschichtliche und künstlerische Ausstellungsstücke. Hoch über der Stadt thront das Castello Masegra aus dem 14.Jh., in dem sich das Museum die besondere Beziehung zwischen Veltlinern und Graubündnern zum Thema gemacht hat.

Um 1400 begann in der Umgebung die Anlage weitflächiger Terrassen für den Weinbau, die bis heute ein eindrucksvolles Monument agrarischer Landschaftsgestaltung bleiben. Hier werden die weltbekannten Weine der Denomination "Valtellina" produziert. Die roten Sorten Sforzato und Valtellina (riserva) gehören zu den DOC-Weinen. Sie werden zu den typischen Gerichten "Polenta taragna" (vergleiche Lecco) und "Sciatt", ein Schmalzgebäck aus Buchweizen mit Käse, gereicht.

Geschichtliches

Als ab 15 v.Chr. die Römer immer tiefer in die Alpen vorstießen, gelangten bald auch das Veltlin und dessen räto-ligurische Bewohner in römischen Einfluss. Erst 500 Jahre später fiel das Land in ostgotische Hände. 564 brach die erste große Pestwelle herein, kurz bevor die Langobarden die Macht in Nord- und Mittelitalien übernahmen. Von ihnen stammt die Regionsbezeichnung "Lombardei", der Name "Sondrio" leitet sich aus dem Langobardischen "Sundrium" ab, das übertragen "Land freier Männer" bedeutet. 775 wurde das Veltlin dem Kloster Saint Dénis übertragen. Über 300 Jahre beherrschten die Franken Oberitalien, bis sich im Mittelalter die Verhältnisse komplizierten. 1158 erschien Friedrich Barbarossa in Chiavenna, die Mailänder verhehlten ihre Besitzansprüche ebensowenig.

Valtellina und Valchiavenna wurden 1335 Besitz des Herzogs von Mailand, und auch Bormio war alsbald ein Teil der Signoria dei Visconti. 1512 besetzte Graubünden beide Täler, die Habsburger folgten. 1639 gaben die Spanier den Landstrich unter der Bedingung an die drei Bünde zurück, so dass die weitgehend erfolgte Reformation wieder rückgängig gemacht wurde. Napoleons Repubblica Cisalpina verleibte sich die Valli 1797 ein, nach 1815 gehörten sie zur Österreich unterstehenden Lombardei. 1859 trat Sondrio dem Königreich Sardinien bei, welches ab 1861 im Italienischen Königreich aufging. Stilfser Joch und Ortler waren Schauplätze des Ersten Weltkriegs, im Zweiten Weltkrieg sollte das Veltlin zum letzten Bollwerk innerhalb der Republik von Salò werden (vergleiche Brescia), doch verloren auch viele Bürger im Partisanenkampf gegen den Faschismus ihr Leben.

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