NUTS-3 Region Udine (Italien)
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Vom Monte Coglians/Hohe Warte (2.780m) - dem höchsten Punkt der Karnischen Alpen - fällt der Blick auf die Provinz Udine am Dreiländereck Österreich-Slowenien-Italien. Sämtliche alpine Untergruppen gehören hier zu den Südlichen Kalkalpen. Etwa drei Viertel des 100km langen Karnischen Kamms verlaufen zwischen Udine und den nördlichen Nachbarn Klagenfurt-Villach und Oberkärnten. Die bis zu 400 Mio. Jahre alten Massive aus Korallenriffen und Tiefseekalken zählen zu den geologisch aufschlussreichsten Zonen der Erde. Auch Monte Peralba/Hochweißstein (2.694m) und Monte Canale (2.536m) bilden unbezwingbar erscheinende Felswände, östlich des Plöckenpasses (1.357m) ragen die Berge nicht ganz so weit in den Himmel (Rosskofel/Monte Cavallo: 2.239m). Im 54km² umfassenden Natura 2000-Gebiet um den Monte Coglians tritt der Braunbär in Erscheinung, aber zugleich sind dort Dachs, Schneehase, Baummarder und Gämse zuhause. Die Lüfte beherrschen Steinadler, Schlangenadler, Gänsegeier und Wespenbussard. Unter den großen Alpenflüssen sollten Degano (Canale di Gorto), Bût (Canale di San Pietro) und Chiarzò (Canale d'Incaroio) genannt sein, die von Nord nach Süd dem Hauptfluss Tagliamento und damit der Adria zuströmen. Das Val Canale/Kanaltal im Osten wird von der Slizza/Gailitz durchzogen, die dem Schwarzen Meer entgegenfließt. Südlich der Gailitz bauen sich die Alpi Giulie/Julischen Alpen auf (Jôf di Montasio: 2.753m). Ein 180km² großes Natura 2000-Gebiet ist hier ausgewiesen (zu Geologie, Flora und Fauna: vergleiche Goriška und Gorenjska). Richtung Adria verlieren die Prealpi Giulie/Julischen Voralpen an Höhe (Monte Mataiur: 1.641m). In niederen Lagen stehen Kastanienbäume, darüber Buche, Weiß- und Rottanne, Lärche und Erle. In der Blumenwelt finden sich neben alpinen auch mediterrane und illyrisch-balkanische Elemente, wie Felsen-Faulbaum, Pyramidenglockenblume oder Karnische Lilie. Den westlichen Alpi Carniche/Karnischen Alpen folgen jenseits des Val Pesarina die Alpi Tolmezzine um Monte Bivera (2.473m) sowie die Prealpi Carniche/Karnischen Voralpen um Monte Pramaggiore (2.479m) (vergleiche Pordenone). Im südlichen Anschluss an das Alpenkonventionsgebiet runden das aus Moränenwällen bestehende "Anfiteatro", die auf bis zu 600m Schotter gelagerte Pianura Friulana/Friulanische Ebene und schließlich die Laguna di Marano sowie die Sandstrände der Adria die geomorphologische Führung durch die Nuts-3-Region ab (vergleiche Gorizia). Ans Herz gelegt sei der Tagliamento, der als einer der letzten Wildflüsse der Alpen (vergleiche Lech im Außerfern) ein einzigartiges europäisches Ökosystem darstellt. Dieses ist leider durch kurzsichtige Politik massiv von Verbauungen und damit von endgültiger Zerstörung bedroht. Weitere Wildbäche und Flüsse Udines sind Cellina, Fella, Isonzo, Loncon, Meduna oder Natisone, deren Wässer sich letztlich sämtlich im Tagliamento vereinen. Die Vielzahl der angeführten Fließgewässer verweist auf die häufigen und intensiven Niederschläge, die Udine auszeichnen. Die Alpen bilden eine Barriere für die feuchtwarme Meeresluft und zwingen diese zum Abregnen - der Monte Musi (1.866m) ist mit über 3.000mm Jahressumme italienischer Spitzenreiter und kommt an die Rekordwerte in Goriška heran. Der Hauptort Udine (113m) zeigt annuelle Messwerte von 13,0°C, 1.473mm und 1.916 Sonnenstunden. Die Bevölkerungsdichte liegt heute bei 108 Einwohnern pro km², und nicht einmal 20% der Regionsbevölkerung leben in der einzigen Stadt Udine. Der steten Abwanderung der jungen Berggebietsbewohner in die Ebene versucht die Provinz mit einem umfangreichen Investitionsprogramm entgegenzuwirken. Mit nur 3,3% Arbeitslosigkeit und einem jährlichen BIP/Kopf von 24.866 € (Rang 43 alpenweit) steht diese ökonomisch auf soliden Beinen. Der Sekundäre Sektor bietet 37% aller Arbeitsplätze, insbesondere in Bauwirtschaft, Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten und Recycling, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau sowie Be- und Verarbeitung von Holz. Im mit 59% der Stellen dominierenden Tertiären Sektor findet man Arbeit insbesondere in Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht sowie Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Gebirge liegen die touristischen Perlen Udines. Tarvisio/Tarvis war 2007 erstmalig Austragungsort eines Weltcupskirennens und spurt außerdem über 100km Langlauf-Loipen. Ansprechende Wintersportbedingungen bieten ebenfalls Ravascletto-Zoncolan und Sella Nevea auf dem "Ghiacciaio del Canin". Forni di Sopra bildet mit Pisten zwischen 900 und 2.073m das höchstgelegene Wintersportgebiet. Der Geo-Trail in den Karnischen Alpen ist der längste seiner Art in Europa, die Via Alpina durchzieht Udine ebenso. Da es Adriafreunde im Sommer ohnehin an die Sandstrände von Lignano Sabbiadoro und Marano Lagunare zieht, könnten diese auf dem neuen Radweg Villach-Gemona dem Meer näherkommen. In Tolmezzo lohnen Besuche des Doms (18.Jh.), der engen Altstadt sowie des Museo Carnico, das einen passioniert zusammengestellten Einblick in vergangene Zeiten vermittelt. Alte Dörfer, Mühlen und Villen lassen sich entlang des Flusses Stella entdecken, bezaubernde Kirchen in den Tälern von Natisone, Degano und Bût. Dem traditionellen Markt von Tarvis wurde unlängst durch Bau eines Shoppincenters im nahen Klagenfurt-Villach jede Kaufkraft entzogen, und auch die neu erbauten, extrem lauten Autobahn- und Eisenbahnanlagen belasten das Kanaltal. Zu den Kunstschätzen des Hauptorts Udine - der "venezianischsten aller friulanischen Städte" - zählen der Dom (13.-15.Jh.) und die Piazza della Libertà zu Füßen des Castello (16.Jh.). Sehenswert sind ferner die Galleria d'Arte Antica (Caravaggio) und die Galleria d'Arte Moderna (Modigliani, Sironi). Unter den Festen der Stadt sticht "Friuli DOC" hervor, eine jährliche Schau der beinahe 250 (!) Udineser Qualitätsweine der Herstellungsgebiete Colli Orientali del Friuli, Friuli Annia, Friuli Aquileia, Friuli Grave oder Friuli Latisana. Einzelne Reben zu nennen, erscheint unerschöpflich, die weiße Ramandolo kreiert jedoch einen besonders edlen Tropfen. Zur Küche gehören "Ris e Lujanis" (Reis), "Bisna" (Polenta) und "Brovada" (Rüben mit Schwein vom Spieß). Wo immer die Friulanische Sprache ("O soi un furlan, o ven di Udin") in der Luft liegt, sollte jedes Wort erfreut aufgenommen werden...
Geschichtliches
Vermutlich besiedelten Paläovenetier und Gallokelten die Region zuerst. Ab dem 2.Jh. v.Chr. erlebte Aquileia eine wirtschaftliche Blütezeit, deren Auswirkungen bis in die Alpentäler um Tolmezzo zu spüren waren. Aquileia sollte im Römerreich zur viertgrößten Stadt mit 200.000 Einwohnern heranwachsen, bis Attila es im 5.Jh. dem Erdboden gleichmachte. Der kurzen Byzantinischen Präsenz folgten 568 die Langobarden, ab 600 war "Karnien" Teil des slawischen Fürstentums Karantanien. Dieses wurde im 8.Jh. von den Franken übernommen, im 9.Jh. vom Herzogtum Bayern. Die Patriarchen von Tolmezzo kontrollierten den Handelsverkehr im Gebirge, und schon gegen 1200 erhielt der Ort Marktrechte, 1356 wurde er Karniens Hauptstadt. 1223 verlieh Graf Berthold von Andechs dem heutigen Hauptort Udine Marktrechte, die ihn zum Handels- und Verkehrszentrum verwandelten.
1420 wurde der gesamte Landstrich Teil der "Serenissima", die jedoch an dessen weiterer Entwicklung kein gesteigertes Interesse zeigte. Im 18.Jh. breitete sich die Textilindustrie in den Gebirgstälern aus. 1797 rückten napoleonische Truppen ein und alsbald fiel das Gebiet an die Habsburger, die es schon 1805 wieder an das Königreich Italien abtreten mussten. Im Ersten Weltkrieg kämpften die Alpini im Gebirge gegen die österreichischen Truppen. St. Germain zerriss Kärnten, und so kam das bis dahin von deutsch- und slowenischsprachigen Bewohnern geprägte Kanaltal an Udine (vergleiche Unterkärnten). Im Zweiten Weltkrieg wurde die Region Bestandteil des Dritten Reichs. Seinen Autonomiestatus erhielt Friaul-Julisch Venetien 1964, als kommunistische Bevölkerungsteile für einen Anschluss an Jugoslawien plädierten. 1976 erlebte Friaul vernichtende Erdbeben, bei denen zirka 1.000 Menschen ihr Leben und 70.000 ihr Obdach verloren. | |||||||||||||||||||