Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Pordenone (Italien)

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Steckbrief
Hauptort: Pordenone24m
Höchste Erhebung: Cima dei Preti2706m
Gemeinden51
Bevölkerung300223
Fläche2276 km²
Bevölkerungsdichte132 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Belluno, Treviso, Udine
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Pordenone (24 m): ø 13.2 °C / Σ 1291mm
 

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Campanile di Val Montanaia, "Wahrzeichen" des Naturparks Dolomiti Friulani (©Gerhard Lieb)
Die Provinz Pordenone ist Teil der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien und wird deshalb im hiesigen Dialekt zu "Pordenon" abgekürzt. Die Flüsse Tagliamento (vergleiche Udine) und Livenza bilden die geographischen Grenzen im Osten und Westen, im Norden sind es die Prealpi Carniche/Karnischen Voralpen, einzig die Grenzlinie im Süden ist politischer Art. Von ihrer Gestalt zeigt sich die Provinz damit beinahe rechteckig.

Der Terminus "Voralpen" wird dabei dem nördlichsten, aus Hauptdolomit bestehenden Gebirgsrücken bei Höhen bis zu 2.706m (Cima dei Preti) nicht gerecht. Weitere raue Gipfel wären hier Monte Duranno (2.652m), Cima Monfalcon (2.548m) oder Monte Pramaggiore (2.478m). Tief eingeschnitten wurden die nach ihren Flüssen benannten Täler Cimoliana und Settimana. Jura- und Kreidekalke formen die südlicheren Berge Monte Cavallo (2.251m) und Monte Raut (2.226m). Auch die Namen ihrer Täler - Valcellina, Meduna und Arzino - leiten sich von den entsprechenden Flüssen ab.

Speleologen kommen in diesen Karstzonen der Südlichen Kalkalpen voll auf ihre Kosten (vergleiche Notranjsko-kraška). Auf Gemeindegebiet von Polcenigo entspringt der Fluss Livenza einer Karstquelle. Mit einer mittleren Schüttung von 15m³ pro Sekunde ist sie eine der größten ihrer Art in Italien.

Nordwestlich von Meduno liegen die künstlich gestauten Seen von Cà Zul (10 Mio. m³ Volumen) und Cà Selva (36 Mio. m³). Meduna, Silisia und Chiarzò vereinen sich zum pittoresken Natursee Lago di Tramonti/Redona, der maximal 20m Tiefe, 5km Länge und 500m Breite besitzt.

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Maniago: Übergang vom Hügelland in die Friulanische Ebene (©Gerhard Lieb)

Alpine Fauna und Flora wird stellvertretend anhand der 367km² des Parco naturale regionale Dolomiti Friulane veranschaulicht (Natura 2000), der auch nach Udine hinüber reicht. Allein die Reptilienwelt ist mannigfaltig: So schlängeln sich die ungiftige Äskulapnatter, die beißfaule Würfelnatter sowie die nach ihrer aggressiven Natur benannte Zornnatter durch Wiesen und Bäche. Zu den Amphibien zählen Alpen- und Feuersalamander, Mauer-, Smaragd- und Waldeidechse, Alpenmolch, Erd- und Wechselkröte. Die Säugetiere werden unter anderem von Dachs, Flattertier, Siebenschläfer, Stinktier und Steinbock vertreten, Bären werden selten gesichtet. In der reichen Avifauna stechen Birk- und Schneehuhn, Uhu, Kauz, Milan, Königs- und Schlangenadler hervor. Unter den endemischen Pflanzenarten sind Huters-Sandkraut, Karawanken-Enzian und Gelber Frauenschuh bekannt.

Ein Hügelband rundet den Gebirgsabschluss zur Pianura Friulana/Friulanischen Ebene hin ab - dort endet das Alpenkonventionsgebiet. In den "Magredi" liegen ausgedehnte Steppenrasenflächen und Kiesbänke (diverse Natura 2000-Gebiete). Geradezu paradox erscheint die Tatsache, dass der durch den Karst bedingte Wassermangel bis zu 70 Arten pro 100ha hervorbringt - die Zweifarbige Flockenblume ist endemisch, der Meerkohl dagegen eine Pusztapflanze. Silberwurz gedeiht normalerweise 1,5km höher in den Alpen.

Im Hauptort Pordenone (24m) werden Jahresmittel von 13,2°C und 1.291mm gemessen. Wenngleich das Klimadiagramm abflauende Niederschläge im Juli anzeigt, ist dennoch bei weitem kein "mediterranes Klima" abzulesen. In den Gebirgstälern von Pordenone wird es - auch durch in Karsthöhlen eingelagerte Schneereste (vergleiche Bergamo) - schnell kühler. Im Valcellina beispielsweise wächst die Latschenkiefer bereits am Talboden.

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Pordenone, Corso Vittorio Emanuele mit Dom San Marco (13.Jh.) (©Gerhard Lieb)
Die Bevölkerungsdichte beträgt 132 Einwohner pro km². Obwohl die Bevölkerungsentwicklung insgesamt steigende Tendenz aufweist, verlieren die Gebirgsorte seit Jahrzehnten ihre Bewohner. So weisen beispielsweise Cimolais im Valcimoliana und Claut im Valcellina heute 50% weniger Einwohner auf als 1950. Relativ erfreulich sind die geringe Arbeitslosigkeit von 3,4% und der Pro-Kopf-Beitrag von 24.536 € zum BIP, was Pordenone einen Rang im Mittelfeld des alpinen Vergleichs einbringt (Platz 53).

Der noch immer sehr starke Zweite Sektor bietet 47% der Arbeitsplätze, vorwiegend in Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten und Recycling, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau, Bauwesen sowie Be- und Verarbeitung von Holz. Die Dienstleistungsberufe (49% aller Stellen) setzen sich speziell aus Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht sowie Hotel- und Gaststättengewerbe zusammen.

Die Provinz Pordenone ist keine übermäßig bekannte Tourismusregion, überzeugt aber durch ihre Ursprünglichkeit. Gipfel und Täler gehören zu den am wenigsten verfälschten Landschaften der Alpen. Sanfter Tourismus steht deshalb hoch im Kurs, die wenigen Skigebiete stören dabei nicht. Claut-Cimolais bietet neben einigen Skiliften auch Eisklettern an, in Claut fanden unlängst Mixed-Europameisterschaften im Curling statt. Piancavallo ist mit 11 Liften und 24km Piste deutlich größer und hat mit der Loipe "Pian delle More" zugleich Langlauffreunden etwas zu bieten. Sehenswert sind die Dinosaurierabdrücke im Fels des oben beschriebenen Naturparks, die erst 1994 von einer wandernden Schulklasse zufällig entdeckt wurden.

Kulturliebhaber verbringen unvergessliche Stunden in prachtvollen Schlössern und bescheiden gebliebenen Gebirgsdörfern. Letztere feiern ihre Feste umso ausgelassener. Im Valcellina etwa finden alljährlich die "Paesi Aperti" statt, eine Art "Tag des Offenen Dorfes", an dem der Gast von den einheimischen Familien herzlich aufgenommen wird. In Tramonti di Sopra zelebriert man das Fest der Berge, in Medino das Fest der Madonna. Die Passion Jesu wird in Erto dargestellt. Maniago, die Stadt der traditionellen Eisenverarbeitung, besitzt einen gotischen Dom (15.Jh.) und die Kirche San Borromeo (1637). Im Hauptort Pordenone selbst beeindrucken neben der Altstadt im venezianischen Stil vor allem die Bilder von Giovanni Antonio de’ Sacchis (1484-1539), die im romanisch-gotischen Dom San Marco (13.Jh.) und in der städtischen Pinakothek hängen.

Die lokale Küche verwöhnt mit Käsepolenta "Balote" aus Clauzetto, Schafsfleischlaibchen "Petuccia" aus dem Valcellina, geräucherte Forellenfilets "Filetti di Trota Affumicati" aus Cordenons oder Ravioli "Cialzons" aus der Ebene. Die weit über 100 DOC-Weine tragen die Denominationen Friuli Grave, Friuli Latisana oder Lison Pramaggiore. Sie umfassen Rebsorten von diversen Cabernets und Chardonnays über Pinot, Refosco, Tocai und Latisana bis hin zur klassischen Friauler Sorte Verduzzo.

Geschichtliches

Die belegte Geschichte begann zirka 1000 v.Chr. mit den Paläovenetern, ab dem 5.Jh. v.Chr. zogen keltisch-karnische Siedler nach. Ab dem 3.Jh. v.Chr. bahnte sich die Romanisierung von Venedig her an - schließlich wird der Provinzname vom lateinischen "Portus Naonis" abgeleitet, dem "Hafen am Fluss Noncello". Schon ab dem 2.Jh. n.Chr. beendeten Barbareneinfälle der Markomannen, Alemannen, Westgoten, Hunnen, Heruler und Ostgoten die guten Zeiten. Im 6.Jh. kamen Byzantiner und Langobarden, und eine langsame Erholung setzte ein. 774 folgten die Karolinger, ebenso jedoch Ungarneinfälle, die das Land in Not und Elend stürzten. Allmählich erlangten die Patriarchen von Aquileia die Macht über Friaul (vergleiche Udine) und diese übertrugen sie wiederum an Feudalherren, die prächtige Landsitze und Schlösser errichteten.

Ab dem 13.Jh. war Pordenone Hauptstadt des autonomen Staates Curtis Regia Naonis und treuer Außenposten der Habsburger. 1508 jedoch konnte sie dem Druck der "Serenissima" nicht weiter standhalten, und wurde ein lebendiges Glied des venezianischen Handelssystems. Das bäuerliche Hinterland verarmte und entsiedelte sich indes. Der Napoleonischen Herrschaft ab 1797 folgten das habsburgisch dominierte Königreich Lombardo-Venetien ab 1815 und das Italienische Königreich ab 1866. 1855 erfolgte die Eisenbahnanbindung, und allmählich fasste das Textilgewerbe Fuß. Den Zweiten Weltkrieg prägten der antifaschistische Partisanenkampf im Gebirge und zahlreiche Bombardierungen. Im modernen Italien entstand mit Zanussi (heute Electrolux-Konzern) das größte südeuropäische Produktionszentrum für Haushaltsgeräte. 1968 löste sich Pordenone offiziell von Udine ab. 2007 beherrscht der Widerstand gegen Atomsprengköpfe auf der US-Airbase Aviano das Tagesgespräch.

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