NUTS-3 Region Torino (Italien)
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Torino/Turin ist eine ausgedehnte piemontesische Provinz reich an Geschichte, Traditionen und landschaftlicher Schönheit. Naturgeographisch kann sie zwei Großräumen zugeordnet werden: Poebene und Hügelländer im Osten, Alpen(konventions)gebiet im Westen. Ihr Höhepunkt liegt im Gneisgestein des Gran Paradiso (4.061m), dem einzigen Viertausender der Alpi Graie/Grajischen Alpen und höchsten Berg auf ausschließlich italienischer Staatsfläche. Der Ghiacciaio di Noaschetta ist südseitig der größte Gletscher - er erleidet zunehmend Massenverluste. Entlang der italienisch-französischen Staatsgrenze bauen sich gen Süden weitere gletscherbedeckte Gebirgskämme auf, etwa rund um Levanna Centrale (3.619m), Uia di Ciamarella (3.676m) oder Rocciamelone (3.538m) - Richtung Osten fällt die Gebirgsabdachung zögerlich ab. Zu den großen Talsystemen gehören Valle Locana (Orco) und die nach ihren Flüssen benannten Val Grande, Val di Ala und Val di Viù. Die Grajischen Alpen dehnen sich gemäß italienischer Definition bis ins Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste und nach Savoie aus. Die Dora Riparia im Valle di Susa/Susatal markiert den Übergang in die Cottischen Alpen, die sich in den Nachbarregionen Cuneo und Hautes-Alpes fortsetzen. Obgleich die Gipfelhöhen nicht wesentlich geringer sind, gibt es hier kaum noch Gletscher. Dennoch bilden die Massive um Monte Chaberton (3.130m), Punta Ramiere (3.303m) und Grand Queyras (3.114) eine eindrucksvolle Fortsetzung der Staatsgrenze. Das Valle del Chisone prägt die Landschaft, einen größeren rechten Zufluss bildet die Germanasca. Noch weiter südlich verläuft der Pellice. Sämtliche Flüsse Turins münden letztlich in den Hauptfluss Po. Der Steinbock gilt als Symboltier des 703km² großen Parco Nazionale del Gran Paradiso (Natura 2000), doch sind hier auch Gämse, Murmeltier, Hermelin, Luchs, Gartenschläfer, Frettchen und diverse Fledermäuse heimisch. Zahlreiche Hühner- und Kauzarten repräsentieren die Avifauna ebenso wie Mornellregenpfeifer, die Singvögel Zitronengirlitz und Steinrötel sowie die Greifvögel Habicht, Steinadler, Wespenbussard und Bartgeier. Unter den Reptilien sind zumindest Schlingnatter, Gelbgrüne Zornnatter, Aspisviper und Mauereidechse erwähnenswert (zur Flora: vergleiche Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste).
Die meisten Naturparks liegen in den Alpen, etwa Orsiera Rocciavrè (109km²) und Val Troncea (32km²). Natura 2000 beobachtet dort ebenfalls viele Täler, Wälder, Seen und Grotten. In der Pianura Padana existieren Schutzzonen entlang der Flussläufe von Po, Lanzo und Dora Baltea sowie an den Laghi di Ivrea (zur Serra: vergleiche Biella). Die Jahresmittel in Turin (238m) betragen 13,1°C, 869mm und 2.008 Sonnenstunden. Im hinteren Susatal sinken die Jahresniederschläge unter 700mm ab, ansonsten empfangen die Täler und Bergregionen bis zu 1.300mm. Ceresole Reale (1.600m) am gleichnamigen See im hinteren Valle Locana misst 4,3°C und 1.061mm. Mit 2,2 Mio. Menschen beherbergt die Provinz die weitaus meisten Einwohner aller Alpenregionen. Die mittlere Bevölkerungsdichte liegt bei 328 (Tendenz stagnierend), im Hauptort bis zu 7.000 Einwohnern pro km². Die Gebirgstäler sind teilweise seit 150 Jahren mit massiven Abwanderungserscheinungen konfrontiert, das Valle di Susa weniger. Im dicht besiedelten Alpenvorland bereitet die Luftverschmutzung Probleme, und auch die neue 8km kurze U-Bahn im Hauptort kann zur Bewältigung der Verkehrslawine nur marginal beitragen. Höchst umstritten ist der Bau einer Hochgeschwindigkeits-Zugtrasse nach Grenoble (Isère) durch das Susatal, das ohnehin von der vielbefahrenen Autobahn belastet ist. 26.535 € BIP/Kopf bedeuten den dritten Platz innerhalb Italiens, alpenweit Rang 33. Die Arbeitslosigkeit beträgt 4,8%. Der Sekundäre Sektor schafft 36% der Arbeitsplätze, überwiegend in Kraftfahrzeugbau, Bauwesen, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau, Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten. Die Dienstleistungen bieten 62% der Stellen, vorwiegend in Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und Kommunikation sowie Erziehung und Unterricht. Automobilsalon und Buchmesse genießen Weltruf. Die Olympischen Winterspiele 2006 bestätigen den Stellenwert des Tourismus. Allein Valle di Susa und Valle del Chisone beschneien - ökologischer Bedenken ungeachtet - mit über 1.000 Schneekanonen mehr als 600 Pistenkilometer. Sestriere ist Wintersportlern ein Begriff, weniger bekannte Skiregionen sind etwa Bardonecchia, Usseglio, Chiomonte, Cesana, Pragelato oder Prali. Langlaufen, Skitourengehen, (Eis)Klettern, Kajakfahren, Mountainbiken und Wandern auf der Via Alpina gehören zu den sportlichen Möglichkeiten. Die Wässer der Terme di Castagneto Po entfalten mit hohem Brom-, Jod- und Schwefelgehalt heilende Wirkungen. Die Täler beweisen jeweils eigene Identitäten. Im Susatal treffen piemontesische, arpitanische und okzitanische Kultur und Sprache aufeinander. Nach Durchschreiten des römischen Stadttors in Susa wird die hübsche Altstadt mit der Cattedrale San Giusto (11.Jh.) erreicht. Alljährlich führt eine Wallfahrt auf die höchste Kapelle der Alpen am Rocciamelone (3.538m). Das Susatal beherbergt ferner Castello Villar Dora (ab 1287), Forte di Exilles (ab 7.Jh.), Abbazia di Novalesa (Gründung 726) und Certosa di Montebenedetto (Gründung 1198). Die monumentale Abtei Sacra di San Michele (ab 10.Jh.) am Taleingang ist das Symbol des Piemont. Sehenswert sind außerdem das Naturwissenschaftliche Museum in Pinerolo, Museo Valdese in Torre Pellice, Museo Valli di Lanzo in Ceres oder Museo Archeologico dell'Alto Canavese in Courgnè. Traditionen finden in den Gebirgsorten ihren Ausdruck in Folklore-, Tanz- und Theatergruppen sowie den Chören. Im Hauptort zählen die Residenzen der savoyischen Herzöge zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Kathedrale San Giovanni Battista (1491-98) behütet das Turiner Grabtuch. Das Museo Egizio ist ein weltbekanntes Ägyptisches Museum, die Galleria Sabauda zeigt Werke von Tintoretto, Botticelli, Veronese oder Rembrandt. Als lokale Spezialität gilt beispielsweise "Grissino-Beefsteak alla Torinese", aus dem Susatal stammen "Pennette alla Valsusina" und Canestrelli-Kekse. Hiesige DOC-Bezeichnungen sind Canavese (Barbera, Nebbiolo), Erbaluce di Caluso, Freisa die Chieri, Pinerolese (Bonarda, Freisa) und Valsusa. Geschätzt werden die Grappe aus Alpenblumen sowie der Vermouth aus Weißwein der Turiner Hügel. Ein beliebtes Mitbringsel ist die Gianduia-Schokolade.
Geschichtliches
Kelten und Ligurer vermischten sich im 5.Jh. v.Chr. im Susatal. Der Name "Torino" stammt von den am Po siedelnden Taurinern (Keltisch: "thor" = "Berge"). 28 v.Chr. errichteten die Römer die Siedlung "Augusta Taurinorum", das Susatal diente als strategische Achse gegen die Gallier. Ab dem 5.Jh. folgte eine lange Phase der Instabilität, in der Barbarenhorden einfielen, die Stadt von den Goten, Langobarden und Franken unterworfen und von Bischöfen regiert wurde. Der Episode als Hauptstadt der Markgrafschaft Turin im 10./11.Jh. folgte ab 1280 die lange währende Herrschaft des Hauses Savoyen-Piemont (vergleiche Savoie). Emanuele Filiberto machte Turin 1563 zur Hauptstadt des Herzogtums Savoyen, und eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit setzte ein.
Die Pest wütete 1630, 1706 belagerten französische Truppen vergeblich die Stadt. Ab 1720 war Turin Hauptstadt des Königreiches Sardinien-Piemont. Zwischen 1798 und 1814 besetzen napoleonische Heerscharen Stadt und Bergtäler. 1861 wurde Turin vier Jahre lang Hauptstadt des Königreichs Italien. 1871 begann der Verkehr durch den Mont-Cenis (Fréjus), den ältesten großen Eisenbahntunnel der Alpen, und Turin wurde zum bedeutenden Knotenpunkt. Giovanni Agnelli gründete 1899 die "Fabbrica Italiana Automobile Torino - FIAT", 1906 folgte Lancia. Stahlindustrie und Fahrzeugbau profitierten vom Ersten Weltkrieg, dagegen begannen im Zweiten Weltkrieg schon 1942 heftige Luftangriffe. Als Reaktion auf die deutsche Besatzung 1943 wichen viele junge Menschen ins Gebirge, um von dort gegen den Faschismus vorzugehen. In der Wirtschaftswunderzeit zogen Süditaliener scharenweise nach Norden, so dass Turin ab 1960 zur Millionenstadt heranwuchs - seit der Industriekrise der 1980er Jahre ging die Einwohnerzahl jedoch auf 865.000 zurück. | |||||||||||||||||||