Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Oberallgäu (Deutschland)

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Steckbrief
Hauptort: Sonthofen743m
Höchste Erhebung: Hochfrottspitze2649m
Gemeinden28
Bevölkerung150507
Fläche1528 km²
Bevölkerungsdichte99 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Außerfern, Bludenz-Bregenzer Wald, Kempten im Allgäu (kreisfreie Stadt), Lindau (Bodensee), Ostallgäu, Rheintal-Bodenseegebiet
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Hindelang-Unterjoch (1053 m): ø 5.9 °C / Σ 1731mm
Oberstdorf (806 m): ø 6.1 °C / Σ 1831mm
Oy-Mittelberg (1010 m): ø 6.7 °C / Σ 1447mm
 

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Oberstdorf mit Skiflugschanze und Höfats (2.258m), Allgäuer Alpen (©Pixelio.de)
Schon das Wappen symbolisiert mit dem Dreifels den alpinen Charakter des Oberallgäus, der südlichsten deutschen Nuts-3-Region. Fest umschließt sie Kempten im Allgäu im Norden sowie die Tiroler Enklave Jungholz im Südosten (Außerfern). Das Vorarlberger Kleinwalsertal im Südwesten (Bludenz-Bregenzerwald) ist ebenso auf die Straßenverbindung nach Bayern angewiesen.

Der Allgäuer Hauptkamm um Hochfrottspitze (mit 2.649m höchster Punkt), Mädelegabel (2.644m) mit dem kleinen Gletscherrest des Schwarzmilsferners und dem ihr vorgelagerten Kletterberg Trettachsspitze (2.595m) bildet die Grenze zu Österreich. Weitere markante Erhebungen sind Hochvogel (2.592m), Hoher Ifen (2.230m) oder Nebelhorn (2.224m).

Das Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen (Natura 2000) bietet mit 208km² Fläche ausreichend Reviere für Rauhfußkauz, Uhu, Alpenbraunelle, diverse Spechtarten, Zwergschnäpper, Wanderfalke und Steinadler. Besonders stolz macht die Oberallgäuer der Reichtum an seltenen Schmetterlingsarten (z.T. endemisch), die sich in den entlegenen Seitentälern aufhalten. Birk- und Schneehühner finden ebenfalls hier ihre bayernweit größte Verbreitung, Murmeltiere und der wieder angesiedelten Steinbock begegnen dem Wanderer dennoch häufiger. Artenreich zeigt sich ferner die Bergblumenwelt (Purpurenzian). Der Taeschlefall ist nur einer von zahllosen Wasserfällen im Bärgündeletal. Ein weiteres Naturschutzgebiet liegt am Hohen Ifen und umfasst auch die Piesenkopfmoore.

Gen Norden nimmt die Gebirgshöhe ab, was der Grünten (1.738m) als "Wächter des Allgäus" und letzter Berg der Nördlichen Kalkalpen verdeutlicht. Bevor das eigentliche Alpenvorland beginnt, laufen die Voralpen noch in einigen Flysch- und Nagelfluhzügen aus. An der Nagelfluhkette Hochgrat-Steineberg etwa sind Skabiosen-Scheckenfalter, Apollofalter und Frauenschuh zuhause.

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Strausbergmoos bei Sonthofen (©Sonja Karnath, Sonthofen)
Das von Moränen, Bachläufen, Streuwiesen und Mooren geprägte Alpenvorland fällt bis Dietmannsried deutlich unter 700m Seehöhe ab. Die Namen der folgenden Natura 2000-Gebiete sprechen hier für sich: Hühnermoos, Rottachberg- und Rottachschlucht, Werdensteiner Moos, Rottachmoos, Rohrbachtobel, Quellfluren bei Maisenbaindt und Kürnacher Wald (Auerhühner).

Am Zusammenfluss von Breitach, Trettach und Stillach wird die Iller geboren, die den Landkreis von Süd nach Nord durchzieht. Die Wertach entspringt im Gemeindegebiet Bad Hindelang zwischen Oberjoch und Unterjoch, wo sich Kaltenbrunnenbach und Eggbach vereinen. Im Grüntensee wird der Fluss erstmals aufgestaut (zur Wertach vergleiche Kaufbeuren). Unter den vielen Seen sind Großer und Kleiner Alpsee, Freibergsee, Niedersonthofener See (natürlich) und Rottachsee (gestaut) nur eine Auswahl. Die Wasserqualität der genannten Gewässer ist als sehr gut zu bezeichnen.

Klimatisch unterscheiden sich die mittleren Jahrestemperaturen zwischen Kempten (705m) und Oberstdorf (806m) um ein knappes Grad (6,9 versus 6,1°C). Bei den Niederschlägen sind die Unterschiede signifikanter: So verdoppeln sich diese beinahe auf der relativ kurzen Strecke von Kempten mit 1.273mm über Oberstdorf mit 1.831mm bis nach Oberstdorf-Rohrmoos (1.067m) auf 2.320mm. In Relation zur Höhenlage sind dies extrem hohe Werte (vergleiche Bludenz-Bregenzerwald).

Stetig wächst die Bevölkerungsdichte von derzeit 99 Einwohnern pro km², wobei jeder Bürger im Schnitt 20.966 € zum BIP beiträgt. Alpenweit bedeutet dies gerade einmal Rang 72. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,5%. Die Zahl der Arbeitsstellen verteilt sich zu 7%, 31% und 62% auf Ersten, Zweiten und Dritten Sektor.

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Purpurenzian (lat. Gentiana purpurea), im Oberallgäu findet er seine östliche alpine Verbreitungsgrenze (©Sonja Karnath, Sonthofen)
Tertiäre Berufe findet man überwiegend in Handel und Instandsetzung, Hotel- und Gaststättengewerbe, Gesundheits- und Sozialwesen, Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung sowie Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen. Der Sekundäre Sektor bietet Arbeit in Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Baubranche, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Maschinenbau sowie Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen.

Mit über 40.000 Betten bietet das Oberallgäu so viele Übernachtungsmöglichkeiten wie in Garmisch-Partenkirchen und im Berchtesgadener Land zusammen, was den Tourismus zu einer tragenden volkswirtschaftlichen Säule macht. Oberstdorf - Austragungsort der Vierschanzentournee und Nordischen Ski Weltmeisterschaft 2005 - spielt dabei mit 2,3 Mio. Übernachtungen jährlich die Hauptrolle.

Neben allerlei Bergsportarten - von "Canyoning" bis "Skisprung Action Tower" - bemüht man sich sehr um moderne Präsentation der über 100 Naturdenkmäler, darunter jahrhundertealte Bäume, Breitach- und Starzlachklamm oder die Karstphänomene in der Sturmannshöhle. Die neue "Bergschau" in Oberstdorf, am Fellhorn und im Kleinwalsertal sowie die vielen Naturlehrpfade - Wald-Natur-Erlebnis-Lehrpfad Balderschwang, Geologische Rundwanderung und Hochmoorlehrpfad Bad Hindelang, Naturerlebnispfad Wertach oder Sennalpenweg Balderschwang - zielen in dieselbe Richtung. Wintersport ermöglichen die Bahnen in Oberstaufen, Ofterschwang, Oberjoch, Immenstadt oder Wertach (längster Allgäuer Schlepplift). Die Namen der Skigebiete in Hindelang und Bolsterlang, nämlich Hornbahn und Hörnerbahn, sowie Nebel- und Fellhornbahn in Oberstdorf, deuten auf die typische Form der Allgäuer Berge. Ihnen zu Füßen werden unendliche Loipenkilometer in den Schnee gezogen. Bad Hindelang, Fischen, Oberstaufen und Oberstdorf (Therme) sind heilklimatische Kurorte.

Der Hauptort besitzt infolge eines Dorfbrandes den typischen Charakter eines in der zweiten Hälfte des 19.Jhs. neu errichteten Bergdorfes. Unter dem spitzen Turm der 1866 wiederaufgebauten neugotischen Kirche findet die südlichste Pfarrgemeinde Deutschlands ihr Zuhause. Neben den barocken Passionsbildern ist die Muttergottes aus dem Jahr 1440 sehenswert. Heil überstand den großen Brand ein Bauernhaus in der Ortsmitte, das heute als Heimatmuseum fungiert und die Vergangenheit lebendig werden lässt. Einödsbach gilt als Deutschlands südlichste Siedlung und die Marienkapelle als südlichstes Kirchlein im Lande.

Das einstige Bergbauerndorf Gerstruben im Dietersbachertal liegt auf 1.155m und ist damit Deutschlands höchstgelegenes Dorf. Die im 13.Jh. gegründete Walserexklave zählt heute fünf Häuser und eine Kapelle. Ein letztlich nie verwirklichtes Stauseeprojekt vertrieb die Einwohner, die das Dorf bis 1892 ganzjährig bewohnten. Tradition haben Funkenfeuer, die mit Edelweiß bestickten Lederhosenträger und die Viehscheid. Man behauptet, die Allgäuer zögen als Alemannen kleinteilige Spätzle den zentralistischen Knödeln vor, wie dem auch sei, Allgäuer Emmentaler, Bergkäse oder Käsespatzen kann sich niemand so leicht entziehen, den Allgäuer Bierköniginnen eventuell noch weniger...

Geschichtliches

"Das ständige Kommen und Gehen im Laufe der Jahrhunderte hat dazu geführt, dass der Allgäuer als solcher quasi einen Gen-Cocktail in sich trägt. Das hat der Qualität der 'Allgäuer Rasse' durchaus nicht geschadet. Wenngleich der Allgäuer statt eines Kopfes einen 'Grind' auf den Schultern trägt. Das ist aber mehr ein sprachliches Problem. Wie man weiß, hilft beim Genetischen eine gewisse Vielfalt, Einfalt zu vermeiden." (www.OberAllgaeu.de). Erste Siedlungen datiert man in die Bronzezeit, um 1200 v.Chr. rückten die Illyrer vor, im 5.Jh. die Kelten und 15 v.Chr. die Römer. Im 3.Jh. n.Chr. brachen die Alemannen ein, die wiederum im 5.Jh. von den Franken unterworfen und christianisiert wurden. Der Begriff "Allgäu" selbst fand erstmalig 817 in einer Urkunde des Klosters Sankt Gallen als "Albigaue" (="Alpengau") urkundliche Erwähnung.

Im 15.Jh. gelangten Teile der Gegend zum Kloster Augsburg. Die freien Reichsstädte wurden 1520 reformiert, wenig später setzen die Bauernaufstände ein (vergleiche Kaufbeuren). Mit der Niederschlagung des "Sonthofener Haufens" 1525 begann die Gegenreformation und das Allgäu blieb katholisch. Die "Vereinödung", eine Art Flurbereinigung ab 1550, schuf das ebenfalls bis heute prägende Element der Einzelhofsiedlung. Dem 30-jährigen Krieg und der Pest folgten Kämpfe gegen französische Revolutionstruppen und österreichische Invasoren, anschließend Säkularisation und Eingliederung in das Bayerische Kurfürstentum und Königreich. Die Ordensburg Sonthofen diente Hitler als Schulungsort von Parteikadern. Weite Teile der Altstadt Sonthofens fielen Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. 1963 erhielt Sonthofen den Stadttitel. Gerade wegen seiner politisch aktiven Bürger wurde es zur "Alpenstadt 2005" gekürt.

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