NUTS-3 Region Außerfern (Österreich)
|
|||||||||||||||||||
|
|
||||||||||||||||||
Das Außerfern ist eines der letzten Territorien der Alpen, in dem bislang weder Verkehr noch Industrie oder Tourismus zu größeren ökologischen Schäden geführt haben. Eine österreichweite Studie 2007 bescheinigt dem Bezirk Reutte auch deshalb die höchste Lebensqualität unter allen Tiroler Regionen. Naturgeographisch gliedert sich das Außerfern in sechs Untergruppen der Nördlichen Kalkalpen. Dabei handelt es sich im Westen um die Allgäuer Alpen (Krottenkopf: 2.656m), die man mit den deutschen Nachbarregionen Ostallgäu und Oberallgäu teilt. Die Tannheimer Berge (Köllenspitze: 2.240m) gehören zu den Allgäuer Alpen, im Tannheimer Tal verläuft der Fluss Vils. Unter den Seen sind der Haldensee, der in ein Naturschutzgebiet eingebundene Vilsalpsee und der Karsee Traualpsee zu nennen. Der in der Region Bludenz-Bregenzerwald entspringende Lech verleiht dem Talabschnitt zwischen Allgäuer und Lechtaler Alpen bis zum Eintritt ins Reuttener Becken seinen Namen. Über eine Strecke von über 40km windet er sich als letzter großer Wildfluss Mitteleuropas dahin. Sein ganzes Tal ist Natura 2000-Zone (41km²), und die wenigen bereits anthropogen veränderten Stellen werden derzeit renaturiert. Hier befindet sich Österreichs wichtigste Brutstätte alpiner Flussvögel, wie Gänsesäger, Flussregenpfeifer oder Wasseramsel. Auf den Schotterinseln gedeihen Alpenleinkraut oder Zwergglockenblume, an den Ufern wachsen Tamariske, Weide und Grauerle, dahinter Schneeheide-Kiefernwald mit angeschwemmten Bergblumen, etwa dem Edelweiß. Aussterbende Arten präsentiert auch die Fauna mit Amphibien (Kreuzkröte), Schmetterlingen (Apollofalter) oder Libellen (Azurjungfer). Die Lechtaler Alpen (Wetterspitze: 2.895m) und das Mieminger Gebirge (Wannig: 2.493m) riegeln die Region im Süden ab. So ist das Außerfern - seine Bezeichnung verrät es schon - mit dem "Rest" Tirols nur über den stark frequentierten Fernpass verbunden. Der Pass wurde vor etwa 4.000 Jahren durch einen massiven Bergsturz überformt, seither prägen Blind-, Mitter- und Weißensee das Landschaftsbild. Ein geomorphologisch perfekt ausgebildeter Tomahügel ragt aus dem Fernsteinsee. Die Lechtaler Alpen (vergleiche Tiroler Oberland) besitzen einen markanten Hauptkamm und vielfältigen geologischen Aufbau.
Den höchsten Punkt der Region weist der Wetterstein mit der 2.964m hohen Zugspitze im Nordosten auf. Im Gebirge leben Alpentiere von der Gämse bis zum Murmeltier. Zu Füßen des Wettersteins liegt das Naturschutzgebiet Ehrwalder Becken, das eine einzigartige alpine Niedermoorlandschaft mit Schilf, Seggen, Orchideen und Vogelbrutgebieten bewahrt. Leider wurde dieses durch die Regulierung der Loisach sowie den neu geschaffenen Golfplatz stark in Mitleidenschaft gezogen. Ebenfalls an der nördlichen Grenze zu Garmisch-Partenkirchen erheben sich die Ammergauer Alpen (Geierköpfe: 2.161m). Der glasklare und zur Energiegewinnung genutzte Plansee ist mit maximalen 78m Tiefe, 6km Länge und etwa 3km² Oberfläche der zweitgrößte See Tirols. Südwestlich folgt der per Kanal verbundene Heiterwanger See (maximal 61m tief, 1,5km² groß). Das Klima variiert zwischen dem Hauptort Reutte (870m) und der Messstation Zugspitze (2.960m) gehörig: So betragen die durchschnittlichen Jahrestemperaturen 6,7°C beziehungsweise -4,8°C und die mittleren Jahressummen der Niederschläge 1.362mm respektive 2.003mm. Die Stauwirkung der Gebirge und Öffnung nach Norden bewirken dabei im Winter teils starke Schneefälle, die das Außerfern bisweilen in weißer Pracht versinken lassen. Mit einer Population von 31.922 Menschen und einer Bevölkerungsdichte von 26 Einwohnern pro km² gehört es zu den am dünnsten besiedelten Räumen der Alpen. Die einzige Stadt Vils zählt lediglich 1.567 Einwohner, wohl aber hat sich um den Hauptort Reutte und Breitenwang - bedingt durch den Standort des bahnbrechenden Metallwerks Plansee (Weltkonzern für Hochleistungsstoffe und Pulvermetallurgie) - ein deutlich erkennbares Zentrum herausgebildet. Das hohe BIP/Kopf von 26.803 € (Rang 32 alpenweit) zeigt, dass es sich offenbar auch in intakter Natur hervorragend wirtschaften lässt. Die Arbeitslosigkeit beträgt 3,3%. Im Tertiären Sektor finden sich 61% der Arbeitsplätze. Das Beherbergungs- und Gaststättenwesen steht mit Abstand an erster Stelle, danach folgen Handel und Reparatur, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung sowie Erziehung und Unterricht. Jungholz hat eine der größten Bankendichten der Welt, denn es genießt als nur von Bayern aus erreichbare Enklave österreichisches Recht in deutschem Wirtschaftsraum. In der Industrie arbeiten 37% der Außerferner, und dort überwiegend in Bauwesen, Herstellung von Metallerzeugnissen (Plansee), Maschinenbau, Papier-, Verlags- und Druckgewerbe sowie Nahrungs-, Genussmittel- und Getränkeproduktion. Der Fremdenverkehr kommt trotz seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung ohne Massentourismus aus. Die größte Skiregion konzentriert sich in der Zugspitzarena um Ehrwald, Lermoos und Biberwier. Hier warten 52 Aufstiegsanlagen mit 150 Pistenkilometern sowie über 100km Loipe auf ihre sportlichen Gäste. Skifahren lässt es sich jedoch ebenso vorzüglich am Reuttener Hahnenkamm, Füssener Jöchle, Neunerköpfle, in Nesselwängle, Zöblen oder Jungholz. Allein in den Lechtaler Alpen erschließen Lechtaler Höhenweg, Augsburger Höhenweg, Spiehlerweg und nicht zuletzt der Rote und Gelbe Weg der Via Alpina die Alpenwelt. Wanderern verschaffen urige Bergjausen, Alpenblumengarten, Klettersteige, Barfußwanderweg und Sternguckerabende Erlebnisse für alle Sinne, und auch ansonsten blüht der Sommertourismus. Auf dem Plansee verhilft die höchstgelegene Schifffahrtslinie Österreichs zu traumhaften Panoramen, im Winter tragen die Schlittschuhe hinaus. Die Geierwally-Freilichtspiele locken Kulturfreunde in die Bernhardstalschlucht nahe Elbigenalp, dem Geburtsort des bekannten Heimatromans (1875). Weltbekannt sind die Lüftlmalereien in Holzgau. Das Burgen- und Festungsensemble Ehrenberg (13.Jh.) vermittelt erlebnisreiche Einblicke in die Landschaft und Geschichte (Museum Europäische Burgenwelten). Hoch über dem Vilstal thront die staufische Burgruine Vilsegg (1220) mit grenzüberschreitender Sicht auf Neuschwanstein (vergleiche Ostallgäu) In Reutte bestimmen das "Grüne Haus" - heute Heimatmuseum - und andere bemalte oder mit Stuck verzierte Bürgerhäuser das barocke Ortsbild. So auch das Wohnhaus der berühmten Malerfamilie Zeiller, deren zahlreiche Barockfresken - wie in den Kirchen von Breitenwang, Bichlbach und Elbigenalp - auch in Bayern (Ettal) oder Niederösterreich (Altenburg) zu sehen sind. Typischerweise wird Lechtaler Natur Bergkäse aus Heumilch kredenzt. Alemannische Dialekte hört man in den vielen kleinen Gebirgsdörfern, die teilweise sogar "Namlos" sind.
Geschichtliches Außer vereinzelten bronzezeitlichen Funden und der römischen Via Claudia Augusta blieb aus der Vor- und Frühgeschichte wenig erhalten. Die Region wurde schließlich erst um 1000 n.Chr. von Schwaben Allgäu her besiedelt, weshalb das Außerfern der einzige von Alemannen geprägte Lebensraum Tirols ist. Mit Graf Meinhard II. fiel das Lechtal 1266 an Tirol. 1278 fand Reutte erstmalig urkundliche Erwähnung. Mit dem Bau der Lechbrücke 1464 wurde Reutte bedeutender Stützpunkt im Fernhandelsverkehr Richtung Westen, 1498 erhielt es das Marktrecht. Rundum wurden Erze abgebaut, beispielsweise in Pflach oder Biberwier.
1703 versuchten bayerische Truppen eine Eroberung Ehrenbergs, und Reutte erlebte einen verheerenden Großbrand. 1796 fielen die napoleonische Truppen ein, was zu wechselnden Besitzansprüchen Bayerns und Österreichs führte, bis das Territorium 1814 endgültig den Habsburgern zugesprochen wurde.
Realteilung und Überbevölkerung führten zu einer umfangreichen Zeit- und Saisonwanderung. Im Zeitalter des Barocks gingen Maurer und Stukkateure in den süddeutschen Raum und brachten nach ihrer Rückkehr Malereien und Stuck an ihren Häusern an (Elbigenalp, Bach, Holzgau, Hägerau), bis ins 19.Jh. waren Außerferner Wanderhändler in Europa und Übersee unterwegs. Wie in Tirol und Vorarlberg gab es auch hier "Schwabenkinder", die sich im nördlichen Alpenvorland als Hilfskräfte verdingten (vergleiche Tiroler Oberland, Bludenz-Bregenzerwald). Die Gründung des Metallwerks Plansee (1921) und Eröffnung der Zugspitzbahn (1926) läuteten den wirtschaftlichen und touristischen Aufstieg ein. | |||||||||||||||||||