NUTS-3 Region Rheintal-Bodenseegebiet (Österreich)
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"Was Gott durch einen Berg getrennt hat, soll der Mensch nicht durch ein Loch verbinden" - so spottet der echte Vorarlberger gerne über den Arlbergtunnel, der ihn mit dem "Rest Österreichs" vereint. Ganz im Westen Vorarlbergs, in der Nuts-3-Region Rheintal-Bodenseegebiet, trifft der Reisende ein heimatverbundenes Völkchen, das sich quasi ringsum von Ausland umgeben sieht. So grenzen Deutschland im Nordosten, Liechtenstein im Südwesten und die Schweiz im Westen an, von der Schwesterregion Bludenz-Bregenzerwald im Osten einmal abgesehen. Der Blick vom Pfänder (1.062m) erklärt, warum dieses Territorium zu den österreichischen Metropolregionen zählt: In der Rheintalebene siedeln auf 15% der Fläche des Bundeslands etwa 70% aller Vorarlberger und hier befindet sich auch sein wirtschaftliches Zentrum. Im Osten dagegen erhebt sich der Bregenzerwald mit bewaldeten Molasse-Voralpen, Helvetikum-Kalkbergen (Hoher Freschen: 2.004m; Tälispitze: 2.000m; Matona: 1.998m) und den Bergen des Rhenodanubischen Flyschs (Hochgerach: 1.985m). Jenseits des Walgaus schwingt sich der Rätikon zu den regionalen Höhenmaxima auf (Galinakopf: 2.198m; Garsellakopf: 2.105m; Drei Schwestern: 2.053m). Der Frage, ob der Rätikon nun den Nördlichen Kalkalpen oder den Zentralalpen zuzuordnen ist, geht das Kapitel über Liechtenstein nach. Die Täler werden von Ill, Dornbirnerach und Bregenzerach durchzogen, die allesamt über den Rhein beziehungsweise direkt in den Bodensee münden. Dort liegt bei 396m der niedrigste Punkt des Rheintal-Bodenseegebiets (zum Bodensee: vergleiche Lindau). Ökologisch wertvolle Lebensräume der Tallagen, beispielsweise die Streuwiesen, sind seit 1977 zumindest teilweise vor dem massiven Siedlungsdruck geschützt. Das Rheindelta gilt als Ökotop internationalen Ranges und bewahrt auf rund 20km² Flachwasser, Schilfröhrichte, Feuchtwiesen und Auwälder. Über 330 Vogelarten brüten und rasten hier, darunter Alpensegler, Bekassine, Graureiher, Großer Brachvogel, Schlangenadler, Uferschnepfe oder Zwergstrandläufer. Unter den vertretenen Amphibien sind Erdkröte, Gelbbauchunke oder Bergmolch, unter den Reptilien Zaun- und Bergeidechse sowie Ringelnatter.
Bekannt sind außerdem mehr als 500 Blütenpflanzen und Farne, von denen ebenso einige auf der Roten Liste stehen. Machte in den 1970er Jahren noch die Eutrophierung am meisten zu schaffen, so sind es heute freizeitliche Nutzung und Wasserentnahme durch die Landwirtschaft. Natura 2000 schützt weiterhin Bregenzerachschlucht, Lauteracher Ried und die Spirkenwälder im Saminatal. Bangs-Matschels bildet das größte geschlossene Waldgebiet des Vorarlberger Rheintales. Klimatisch präsentiert sich der Norden dank des Bodensees etwas wärmer, aber infolge der Stauwirkung am Alpennordrand auch spürbar feuchter als der Süden. Dies veranschaulichen Jahresdurchschnittstemperatur und mittlere Jahressumme des Niederschlags der beiden Messstationen Bregenz und Feldkirch. In Bregenz (424m) am Bodensee werden 9,5°C und 1.627mm gemessen, in Feldkirch (439m) 8,9°C und 1.204mm. Während der kühleren Jahreszeiten beeinträchtigen Inversionslagen das gesamte Rheintal, wobei diese die Abgaskonzentrationen aus Industrie, Siedlungen und Verkehr verstärken. Die zwei parallelen Autobahnen in Vorarlberg und im Schweizer Sankt Gallen tragen hierzu ebenfalls bei. Administrativ vereint die Nuts-3-Region heute die Politischen Bezirke Dornbirn und Feldkirch sowie den Gerichtsbezirk Bregenz. Die Bevölkerungsdichte gehört mit 378 Einwohnern/km² zu den neun höchsten der Alpenregionen - die ungleiche Verteilung verstärkt diese im Westen zusätzlich recht deutlich. Überdurchschnittlich positiv verläuft in neuerer Zeit die ökonomische Entwicklung, so wird mit einem BIP/Kopf von 28.230 € alpenweit der sehr erfreuliche 26.Platz erzielt. Und auch 5,5% Arbeitslosigkeit sprechen eine klare Sprache. 61% aller Arbeitsplätze bietet der Tertiäre Sektor. Hier dominieren die Branchen Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung. 37% der Stellen fallen auf den Sekundären Sektor. Dort sind Bauwesen, Textil- und Bekleidungsindustrie (Wolford), Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen (Hilti / Doppelmayr Seilbahnen), Nahrungs-, Getränke- (Rauch) und Genussmittelherstellung sowie Maschinenbau die wichtigsten Arbeitgeber. Skigebiete sind im Rheintal-Bodenseegebiet besonders für Familien geeignet, so am Pfänder - dem "Olymp der Urlaubsgötter", wie ihn die hiesige Tourismuswerbung beschreibt. Hier tun sich herrliche Blicke über den Bodensee ins Alpenvorland auf - dreht man sich um, sind angeblich 240 Alpengipfel zu sehen. In Alberschwende überzeugen weitläufige Berghänge, in Laterns die 27km Piste und Höhenlage bis 1.785m. Naturhöhepunkte anderer Art bieten das neue Wanderwegesystem, Rappen- und Alplochschlucht und die "inatura"-Erlebnisschau in Dornbirn. In der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten in der Oberstadt. Man betritt sie durch das wappengeschmückte Stadttor und sieht sich dann einer Komposition aus idyllischen Gassen und Plätzen gegenüber. Das Symbol der Stadt ist der wuchtige Martinsturm aus dem 14.Jh. Er birgt ein kleines Heimatmuseum, Kulturliebhaber kommen aber in Kunsthaus, Militär- oder Landesmuseum besonders auf ihre Kosten. Am See bestechen die Promenade und das Casino. Die weltgrößte Seebühne schafft eine phantastische Kulisse für die Bregenzer Festspiele, die alljährlich Hunderttausende von Besuchern anziehen. Typischerweise werden hier frische Felchen aus dem Bodensee, Forellen aus der Bregenzerach, aber auch Hirsch, Reh oder Hase vom Pfänder serviert. Alpkäse rundet das Menü ab. In der größten Stadt Vorarlbergs, Dornbirn, lohnen Besuche von Krippenmuseum, Kunstraum, Rolls-Royce-Museum oder des Vorarlberger Architektur Instituts. Das "Rote Haus" am Marktplatz gilt als Wahrzeichen der Stadt. Besondere Schätze in Feldkirch sind die Domkirche St. Nikolaus (13.-15.Jh.) und die Montfort'sche Schattenburg (13.Jh.). Die einzige Basilika Vorarlbergs in Rankweil (15.Jh.), Kloster Mehrerau (Gründung 1097) und Wallfahrtskirche Maria Bildstein (17.Jh.) geben spirituelle Inspiration.
Geschichtliches
Die belegbare Geschichte begann um 400 v.Chr. mit der Gründung des keltischen Oppidums "Brigantion". 15 v.Chr. hielten die Römer Einzug und ordneten die Region der Provinz Raetien zu. "Brigantium" wurde erstmalig 259 n.Chr. von den Alemannen vernichtet, die aber erst ab zirka 450 die Macht fest in Händen hielten. Um 610 zogen Columban und St. Gallus durchs Land, um dieses zu christianisieren. 1260 tauchte Bregenz erstmals urkundlich als "Stadt" auf (Feldkirch 1218 / Stadterhebung Dornbirns 1901). 1407 wurde Bregenz vom "Heer ob dem See" belagert, dieses jedoch 1408 von schwäbischen Rittern und Konstanzer Truppen geschlagen, was zur Aufteilung der Stadt unter den Siegern führte. 1451 und 1523 kauften die Habsburger beide Hälften - Feldkirch gehörte ihnen seit 1375, Dornbirn seit 1380. Bald trat die Stadt neben Feldkirch als ein Hauptort der Vorarlberger Stände auf. Im 17.Jh. bremsten Pest und Schwedeneinfall den Fortschritt, die Gründung des Kornmarktes leitete aber den erneuten Aufstieg ein.
Ende des 18.Jhs. geriet die politische Führung Vorarlbergs in die Hände Tirols, später erfolgten Napoleonische Besetzungen. 1806-14 gehörte es dem Königreich Bayern an, danach wieder Österreich. In ihm wurde es 1860 als eigenes Bundesland anerkannt Die zweite Hälfte des 19.Jhs. sah den Bau der Arlbergbahn, die Regulierung des Rheins und den Siegeszug der Textilwirtschaft. Obwohl Vorarlberg 1918 von der Tiroler Verwaltung entkoppelt worden war, begannen Beitrittsverhandlungen mit der Schweiz. Volksabstimmungen in beiden Ländern fielen positiv aus, die europäischen Großmächte jedoch verhinderten den Wechsel. Allerdings waren ebenso in der französischsprachigen Schweiz negative Bekundungen zu hören. 1938 begann die Gewaltherrschaft der Nazis, Judenmorde, Deportationen und der Zuzug von über 2.000 Südtirolern. Feldkirch hatte auch Bombardierungen zu überstehen. 1945 besetzten französische Alliierte die Region. Der wirtschaftliche Aufschwung setzte bald wieder ein und knüpfte an alte Traditionen an. | |||||||||||||||||||