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NUTS-3 Region Lindau (Bodensee) (Deutschland)

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Steckbrief
Hauptort: Lindau400m
Höchste Erhebung: Riedholzer Kugel1066m
Gemeinden19
Bevölkerung79467
Fläche323 km²
Bevölkerungsdichte246 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Oberallgäu, Rheintal-Bodenseegebiet, Sankt Gallen
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Lindau (Bodensee) (400 m): ø 10.8 °C / Σ 1420mm
Lindenberg im Allgäu (760 m): ø 6.9 °C / Σ 1848mm
 

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Alphornbläser in den Allgäuer Vorbergen um Maierhöfen (©Touristikverband Lindau - Westallgäu)
Als "Alpenland am Bodensee" beschreibt ein Geograph die Nuts-3-Region Lindau im äußersten Südwesten des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben. Zwischen dem deutschen Oberallgäu, dem österreichischen Rheintal-Bodenseegebiet und dem Schweizer Sankt Gallen liegt hier im Dreiländereck eine Gegend, die sich selbst als einen der "schönsten und vielseitigsten Landstriche Europas" bezeichnet.

Für die naturräumlichen Unterschiede gilt dies nicht zuletzt. Vom tiefsten Punkt am Bodensee bei 395m gelangt man durch den Schilfgürtel des Ufers auf die Feuchtwiesen, und weiter gen Osten über die Obst- und Weinbaugebiete zu den Moränenhügeln und Drumlinfeldern, Weihern und Mooren des Westallgäus. Den Süden baut die Vorland- und Faltenmolasse mit ihren Bergkämmen auf, wo Hochsträss und Daxberg bereits Höhen von 1.041m und 1.021m erreichen. Hier wird die sanfte Landschaft von schroffen Felswänden - beispielsweise am Enschenstein - und Klammen, etwa Eistobel und Hausbachklamm, unterbrochen (Natura 2000). Nahe Maierhöfen liegt die Riedholzer Kugel, mit 1.066m der höchste Punkt des Landkreises.

Ausgehobelt von den am Grunde des würmeiszeitlichen Rheingletschers mitgeführten Gesteinen, liegen die maximalen Ausmaße des Bodensees heute bei 254m Tiefe, 14km Breite, 63km Länge und 536km² Oberfläche, was ihn zum drittgrößten See Mitteleuropas macht. Laut Bodenseekonferenz beinhaltet er außerdem ein Volumen von 48 Mrd. m³, das zweitgrößte Fassungsvermögen eines mitteleuropäischen Sees. Der Genfersee ist bei beiden Betrachtungsweisen größer (vergleiche Haute-Savoie und Vaud). Rund 4,5 Mio. Menschen werden mit seinem Trinkwasser versorgt. Bei Föhn durchs Rheintal oder Gewittern verwandelt sich der See für Segler schnell zur gefährlichen Falle. Im Natura 2000-Gebiet Bayerischer Bodensee sind insbesondere Löffelente, Schnatterente, Tafelente, Reiherente, Schellente, Gänsesäger und Eiderente zuhause, doch werden auch Flussseeschwalbe, Eisvogel und Kormoran gesichtet.

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Eistobel zwischen Maierhöfen und Grünenbach (©Pixelio.de)
Groppe und Strömer schwimmen in Leiblach und Lindauer Ach im Westallgäuer Hügelland. Dort liegt auch der Spatzenwinkel, ein überregional bedeutendes Niedermoor. Schilf, Großseggenried und der artenreiche Eschen-Ahornschluchtwald entlang der Ach gedeihen hier. Die Leiblach trennt die Region vom Rheintal-Bodenseegebiet. Durch Lindenberg und Weiler fließt die Rodach, den östlichsten Teil entwässert die Obere Argen. Sie alle fließen in den Bodensee und gehören damit dem Einzugsgebiet des Rheins an. Wasserfälle laden zu einem Besuch ein, so die Scheidegger, Hasenreuter oder Rickenbachfälle. Ansonsten sind noch einige weitere Moore anzusprechen, etwa Lindenberger Moos, Unterreitnauer Moos oder Wollmatinger Ried.

Das Klima offenbart merkliche Differenzen zwischen den vom Bodensee stark abgemilderten Jahrestemperaturen in Lindau (400m) mit etwas über 9°C und den alpineren Werten in Lindenberg (760m) mit 6,9°C. Die Niederschläge der genannten Stationen liegen bei 1.420mm respektive 1.848mm. Der große Wasserkörper des Bodensees führt in den kühleren Jahreszeiten zu persistenten Nebellagen, die von den Anwohnern durchaus als deprimierend empfunden werden können. Andererseits schützt genau dieser Nebel die landwirtschaftlichen Dauerkulturen vor Frost.

Gegenwärtig leben 246 Einwohner pro km² im Landkreis Lindau am Bodensee. Dieser Gesamtwert ist relativ hoch, berücksichtigt man weiters den Kontrast zwischen der beschaulichen, von relativ wenigen Menschen bewohnten Voralpenregion und den sehr dicht besiedelten Gebieten in der Nähe des Bodensees. Das BIP/Kopf liegt bei 23.047 € (Rang 63 alpenweit), die Arbeitslosigkeit bei 4,6% (der beste Wert aller deutsch-alpinen Nuts-3-Regionen). Arbeit schaffen zu 5% der Primäre, zu 39% der Sekundäre und zu 56% der Tertiäre Sektor.

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Lindauer Hafeneinfahrt mit Bayerischem Löwen und altem Leuchtturm aus dem 13.Jh. (©Dein Allgäu (www.dein-allgaeu.de))
Die demzufolge weiterhin stark vertretene Industrie konzentriert sich vorwiegend auf Lindau und Lindenberg und bietet Arbeit insbesondere in Fahrzeugbau, Maschinenbau, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung (Lindauer Fruchtsäfte GmbH) sowie Gummi- und Plastikindustrie. Das Baugewerbe erweist sich als nur fünftwichtigster Arbeitgeber des Sekundären Sektors. Unter den Dienstleistungsarbeitsplätzen dominieren Gesundheits- und Sozialwesen vor Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung.

Steigende Bedeutung hat der Fremdenverkehr, der zwischen Bodensee und Bergland Abwechslung verspricht. Die sportlichen Angebote variieren zwischen Baden, Segeln, Wandern und Langlaufen. Skifahren beschränkt sich auf wenige kleine Lifte, zum Beispiel am Flucken oder an den Iberg-Skiliften in Riedholz, die aber in herrliche Landschaft gebettet sind und mit Massentourismus wahrlich nichts gemein haben. Ruhe und Besinnlichkeit stehen auch beim Spazieren in der allgäutypischen Landschaft rund um die 34 Filialen der Pfarrei Maierhöfen im Vordergrund. Diese schmiegen sich reizvoll in die Wiesen, Weiden und Wälder der stark kuppierten Moränenlandschaft. Die wichtigsten Gesundheitszentren sind Scheidegg, Weiler-Simmerberg und Oberreute. Das "Limare" in Lindau gilt als Spaß- und Vitalbad.

Neben den vielen Museen - Hutmuseum Lindenberg, Skimuseum Oberreute, Handwerkermuseum Scheidegg, Kornhausmuseum Weiler-Simmerberg - bieten die Brauereien, Schnapsbrennereien und Sennereien entlang der "Westallgäuer Käsestraße" Führungen an. Das Kinderprogramm ist besonders liebevoll aufgebaut, von Reiten und Kutschenfahrten auf den Bauernhöfen über Seefeste bis hin zu Kinderstadtführungen. Unvergesslich bleibt Schifffahrtspassagieren die Hafeneinfahrt in das historische, auf einer Insel gelegene Lindau, wo sie der Bayerische Löwe aus Stein und der Geruch aus den Gasthäusern der Promenade begrüßen. Der Duft stammt infolge der geographischen Lage der Region zwischen See und Gebirge entweder von Fisch- oder von Wildgerichten. Dahinter tut sich die pittoreske Altstadt mit dem prächtigen Rathaus (1422-1436), dem Münster "Unserer Lieben Frau" (ehemals Stiftskirche; 12.-18.Jh.) und dem Spielcasino auf. Seit 1655 wird das Lindauer Kinderfest gefeiert, alljährlich hat aber auch die schwäbisch-alemannische "Fasnet" (Fasnacht) mit Masken und Narrensprung Tradition.

Das milde Klima ermöglicht es den bayerischen Winzern, ihrem Beruf mit Freude nachzugehen. Sie keltern Müller-Thurgau, Bacchus, Cabernet, Weiß- und Blauburgunder, Sauvignon und einige mehr.

Geschichtliches

Vermutlich hielten sich schon zur Eisenzeit Menschen in der "Linden Au" auf, doch sind nur wenige keltische Fluchtburgen, römische Siedlungs- und Straßenreste sowie alemannische Hinterlassenschaften geblieben. Siedlungen wurden urkundlich frühestens im 8.Jh. erwähnt (Wasserburg), zu einer Zeit, als das südliche Landkreisgebiet zum Alpgau, das nördliche zum Argengau gehörte, und das Kloster Sankt Gallen seinen Einfluss allmählich auf weite Gebiete des heutigen Landkreises vergrößerte, etwa durch Erwerb von Grundbesitz in Wasserburg und Lindenberg. Geringere Teile gingen in den Besitz des Klosters Mehrerau bei Bregenz über. Das 882 erstmalig urkundlich erwähnte Lindau wurde im 13.Jh. als Freie Reichsstadt vermögend und dehnte seinen Machtbereich aus. 1528 leitete man die Reformation ein, im Dreißigjährigen Krieg belagerten die Schweden 1646/1647 ergebnislos die Stadt.

Das Hinterland dagegen geriet in die Hände der Montforts, Fugger und Habsburger - die Österreicher beanspruchten im 18.Jh. schließlich über die Hälfte des Kreisgebiets für sich. Durch Napoleon verlor Lindau 1802 die Reichsfreiherrlichkeit und das tausendjährige Lindauer Damenstift wurde säkularisiert. Die gesamte Gegend fiel - nach kurzem Anschluss Lindaus an Österreich - 1806 an das Königreich Bayern. Die Anbindung an das Schifffahrtsnetz erfolgte 1824, an die Eisenbahnlinie Richtung Augsburg 1853 und Richtung Bregenz 1872. Da Lindau und seine Umgebung im Zweiten Weltkrieg von Angriffen weitgehend verschont blieben, brachte die sogenannte "Landverschickung" viele Kinder aus regelmäßig bombardierten Städten des Landes hierher. So hielten sich 1943 allein 700 Kinder mit ihren Müttern aus Essen im Landkreis auf. In der Nachkriegszeit regierten die französischen Besatzer Württembergs (Bayern war ja amerikanisch besetzt), und erst 1955 kam der Landkreis zurück an Bayern.

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