NUTS-3 Region Trento (Italien)
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Die Touristenströme am nördlichen Gardasee lassen vermuten, dass das Trentino ein besonderes Fleckchen Erde sein muss. Nicht alle Urlauber jedoch wissen, wieviel es in einer der größten alpinen Nuts-3-Regionen tatsächlich zu entdecken gilt. Ihre Gebirgsgruppen zählen geographisch zu den Südlichen Kalkalpen, die Geologie gilt als hochkomplex. Beginnt die Entdeckungsreise im Nordwesten, so stößt man in der Ortlergruppe (ostalpines Altkristallin) auf Monte Cevedale (3.769m), Palon della Mare (3.704m) und Punta San Matteo (3.684m) - die höchsten Berge der vollständig auf Alpenkonventionsgebiet gelegenen Provinz. Vedretta della Mare, Vedretta Rossa und Vedretta del Careser hüllen die Kare in eisiges Weiß (zum Nationalpark Stilfser Joch: vergleiche etwa Sondrio, Graubünden). Die Nonsberggruppe liegt weiter östlich (Monte Macaion/Gantkofel: 1.866m). Die Wanderung Richtung Süden führt, jenseits des Val di Sole mit dem Fluss Noce (periadriatische Naht), in die Adamello-Presanella-Alpen sowie die Brenta-Gruppe. Im Schatten der Presanella (3.558m) fließt Vedretta Presanella langsam talwärts, auf der Südostseite hingegen schmilzt die Vedretta di Nardis zusehends dahin. Der namengebende Hauptgipfel des Adamellomassivs liegt in Brescia, Carè Alto ragt aber immerhin 3.462m hoch auf. Nördlich dehnen sich die sanft geneigten Gletscherfelder von Vedretta di Làres und Vedretta della Lobbia aus. Im Bergsee Laghetto di Làres spiegeln sich die darüberliegenden Ferner. Östlich von Val Rendena und Val Meledrio wächst die Brenta-Gruppe auf "nur" 3.173m an, deren Gletscher deshalb kleiner sind. Der Naturpark Adamello-Brenta (Natura 2000) umschließt 621km² und 80 Gebirgsseen. Ahorn, Hartriegel, Nussbaum, Hagebuche und Eiche prägen die unteren Waldbereiche, in der montanen Stufe stehen Buchen- und Mischwälder, darüber Rottanne, Lärche und Zirbe. Über 2.000m Seehöhe wachsen Krüppel- und Zwergsträucher, etwa Rhododendron oder Alpenazalee, sowie kalk- und silikathaltige Böden liebende Alpenblumen, wie Edelweiß oder Moosglöckchen. Die Fauna umfasst sämtliche bekannte Alpentiere, etwa Steinbock, Hermelin, Luchs, Wolf und Braunbär. Zur Avifauna gehören verschiedenste Hühner- und Kauzarten sowie Königsadler, Wespenbussard, Habicht und Turmfalke - Bartgeier sind seltene Gäste.
Langkofelgruppe (3.181m) in den Dolomiten (©Archivio fotografico A.p.T. Val di Fassa, Nicola Angeli) In Richtung Gardasee (vergleiche Verona) erheben sich um Val del Sarca (Fluss Sarca) und die Valli Giudicárie (Chiese) die Gardaseeberge, die am Monte Cadria auf 2.254m ihre höchste Erhebung finden. Wird nun das Valle Adige/Etschtal, welches das Trentino von Nord nach Süd durchzieht, überschritten, so prägen die Alpi Vicentine die Landschaft (Cornetto: 1.900m / vergleiche Vicenza), nördlich davon die Alpi di Val di Fiemme/Fleimstaler Alpen. In den Dolomiten sind Marmolada (3.342m), Langkofel (3.181m), Sella (3.151m) und Latemar (2.842m) vetraute Bergmassive. Der Ghiacciaio della Marmolada reicht bis Belluno. Der Avisio in Val di Fiemme/Fleimstal und Val di Cembra/Cembratal sowie die Brenta in der Valsugana teilen die Dolomiten in mehrere Abschnitte. In der Valsugana liegen Lago di Caldonazzo und Lago di Levico. Am Gardasee gedeihen mediterrane Gewächse wie Oliven, Mandeln und Zitronen. In der nördlichen "Düse" wehen zuverlässige Winde: "Peler" mit phantastischen Windsurfwellen am Morgen und "Ora" ab Mittag. 3,5km weiter oben lässt der Winter die Hochregionen kaum los und erhält die Gletscher. Die alpine Kontinentalität bedingt generell eher geringe Niederschläge. Anschaulich wird dies am Klimadiagramm Careser/Diga (2.600m) mit 903mm Jahresniederschlag und -0,5°C Jahresmitteltemperatur. Für Trento/Roncafort (200m) werden diese Werte mit 12,0°C und 958mm angegeben, San Michele all'Adige 15km nördlich von Trento misst jährlich 1.850 Sonnenstunden. Mit 81 Einwohnern pro km² ist die Provinz trotz steten Bevölkerungswachstums nicht besonders dicht besiedelt und der Urbanisierungsgrad äußerst gering. Das BIP/Kopf erreicht 26.091 € und damit alpenweit Rang 35. Die Arbeitslosigkeit beträgt 3,6%. Der Zweite Sektor bietet 30% der Arbeitsstellen, vornehmlich in Bauwesen, Maschinenbau, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung sowie Papier-, Verlags- und Druckgewerbe. Es dominieren - mit 65% der Arbeitsplätze - tertiäre Berufe, speziell in Handel und Instandsetzung, Immobilien, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Öffentlicher Verwaltung, Verteidigung und gesetzlicher Sozialversicherung sowie Hotel- und Gaststättengewerbe. Die häufig in Genossenschaften organisierte Landwirtschaft (Apfelplantagen, Gemüseanbau, Milchwirtschaft) beschäftigt, zusammen mit der Forstwirtschaft, 5% der Erwerbstätigen und prägt unverzichtbar das Landschaftsbild zwischen Talböden und Almen. Diese Voraussetzungen, gepaart mit hoher Lebensqualität, verleihen dem Trentino hervorragendes touristisches Potenzial. Allein das Fassatal besitzt 120 Liftanlagen und 300km Skipisten, etwa in Canazei oder auf dem Marmoladagletscher. Unter den anderen Wintersportstationen finden sich Cavalese, Folgaria, Folgarida-Marilleva, Madonna di Campiglio (Skiweltcup), Moena, San Martino di Castrozza, Val di Sole und viele mehr. Natürlich lädt die Bergwelt auch zum Mountainbiken, Wandern, Skitourengehen und (Eis)Klettern ein, der Gardasee ist Inbegriff für Wassersport. Levico bietet ein Thermalbad und einen hübschen Badestrand am Levicosee, Terme di Pejo verschafft Entspannung im Nationalpark, und schon Maria Theresia von Österreich schätzte Terme di Rabbi. Das überwältigende kulturelle Erbe beschert endlose Anlaufpunkte in Festungen, Palästen, Gotteshäusern, Museen und historischen Monumenten. Eine Fahrt in der schmalspurigen Nonstalbahn erschließt die Schlösser Thun, Bragher, Coredo und Cles (alle ab 12./13.Jh.) und die beeindruckende Wallfahrtskirche San Romedio (1536). Lebendig bleiben weiterhin die Karnevalsfeste oder das Eselrennen "Paglio Raglio" im Valle di Cembra. Im Hauptort befindet sich der größte Profanbau des Trentino, das Schloss Buonconsiglio (13.Jh.), dessen diverse Baustile aus verschiedenen Epochen ein harmonisches Zusammenspiel ergeben. Es beherbergt Landeskunstmuseum und Historisches Museum. Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Dom San Vigilio (13.Jh.) und die Kirche Santa Maria Maggiore (1523). 2002 wurde in Rovereto das Kunstmuseum MART eröffnet. Unter den über 70 kultivierten DOC-Weinen können nur Caldaro, Casteller, Sorni, Teroldego Rotaliano sowie Cabernet, Kretzer, Moscato, Nosiola, Traminer oder Pinot der Herkunftsbezeichnung Trentino und weiterhin die Valdadige-Weine genannt werden. In den Ristoranti werden "Canéderli" (große Gnocchi), "Patào" (Mehlsuppe mit Kraut) oder die traditionell verbreiteten Polentagerichte serviert, in Judikarien und im Alto Garda eher Wildbret und Pilze.
Geschichtliches
Reste der Pfahlkulturen am Lago di Ledro bezeugen die frühesten Siedlungsspuren. Die rätische Siedlung Trento/Trient (Rätisch: "trent"="Furt") erlebte Einflüsse der Veneter, Etrusker und Gallier. Die 15 v.Chr. einfallenden Römer machten den heutigen Hauptort zum "Splendidum Municipium". Den Barbareneinfällen folgten langobardische und karolingische Herrschaft. Im 10.Jh. erfolgte die Angliederung der "Marca Tridentina" an das Heilige Römische Reich, 1004 überließ Heinrich II. die Mark dem Bischof von Trient, der bald auch die Grafschaften Bozen und Vinschgau erhielt. Ab 1273 übernahmen die Grafen von Tirol die weltliche Macht, und als 1363 die Habsburger Tirol erbten, schlossen diese auch das Hochstift Trient vertraglich an. An der Grenze zwischen romanischem und germanischem Kulturraum fand hier 1545-1563 das bedeutende gegenreformatorische Konzil statt.
Der Erste Weltkrieg führte in "Welschtirol" zu immensen Zerstörungen und hinterließ neben tausenden Gefallenen auch die Eingliederung des Landes in den italienischen Staat. Heftige Luftangriffe und Deportationen prägten den Zweiten Weltkrieg. Wie auch Bozen/Bolzano erhielt das Trentino 1948 die Anerkennung der Autonomie. Viele Zuständigkeiten obliegen seither direkt der Region beziehungsweise Provinz: Regionalverwaltung, Raum- und Stadtplanung, Handel, Tourismus, öffentliches Bauwesen, Umweltschutz, Verkehr, Schulwesen oder Regionalpolizei. Die Sprache beschränkt sich auf Italienisch, abgesehen von deutschen (zimbrischen) Sprachinseln, etwa im "Bersntol"/Fersental und in "Kamou vo Lusern"/Lusern in der Valsugana, sowie dem Ladinischen, insbesondere im "Fascia"/Val di Fassa/Fassatal. | |||||||||||||||||||