Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Bergamo (Italien)

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Steckbrief
Hauptort: Bergamo249m
Höchste Erhebung: Pizzo di Coca3050m
Gemeinden244
Bevölkerung1033848
Fläche2723 km²
Bevölkerungsdichte380 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Brescia, Lecco, Sondrio
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Bergamo (366 m): ø 12.7 °C / Σ 1115mm
S. Pellegrino Terme (355 m): ø 11.7 °C / Σ 1558mm
 

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Valseriana mit Vertova (©Roberto Vavassori)
Die Bergamasker besitzen innerhalb Italiens den Ruf eines tölpischen Volks mit derbem Dialekt. Der vorurteilsfreie Gast dagegen findet in Bergamo freundliche Menschen und eine von der Natur vielfältig bedachte Provinz.

Diese erstreckt sich von den über 3.000m hohen Alpi Orobie/Bergamasker Alpen im Norden über die Voralpen und Hügelländer bis in die nur noch um 100m über Meeresspiegel gelegene Pianura Padana/Poebene.

Zu den höchsten Bergen - die sogar einzelne Gletscherreste aufweisen - gehören Pizzo di Coca (3.050m), Pizzo di Redorta (3.032m) und Pizzo del Diavolo (2.926m). Die Voralpen verlieren schnell an Höhe und bestehen überwiegend aus Kalken, weshalb die Bergamasker Alpen gerne den Südlichen Kalkalpen zugerechnet werden, jedoch ist ihre Geologie komplexer. Die großen Gebirgstäler bilden Val Brembana (Fluss Brembo) und Val Seriana (Serio), kleinere Täler Val Cavallina (Cherio), Valle Imagna (Imagna) oder Valle di Scalve (Dezzo). Die Kaskaden des Serio sind mit 315m Fallhöhe die höchsten Wasserfälle Italiens und zweithöchsten Katarakte Europas (vergleiche Pinzgau-Pongau). Nur im nördlichsten Gebirgsteil liegen zahlreiche kleinere Natur- und Stauseen, so Lago di Barbellino oder Lago di Sardegnana.

Im Parco delle Orobie Bergamasche (630km²) haben abwechslungsreiche Geologie und ausgeprägte Höhenunterschiede eine vielfältige Vegetation zur Folge. Von den Kastanien im Tal über Buchen- und Nussbäume, Erlen, Eschen und Birken hinauf zu Rot- und Weißtannen und anderen Nadelhölzern, zieht sich die Baumgrenze auf über 2.000m Seehöhe. Darüber findet man auf den sauren Gesteinen alpine Weiden mit weniger artenreicher Flora, auf den kalk- und dolomithaltigen Böden seltene und endemische Pflanzen, darunter Wulfens Steinrose und Bergamasker Leimkraut.

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Die Città Alta von Bergamo (©Benoit Barbier)
Im Valle del Freddo sind auf nur 350m-700m Meereshöhe mit Edelweiß, Alpengämskresse oder Silberwurz Spezies vertreten, die ansonsten nur im Hochgebirge vorkommen. Die Ursache für diese geographische Besonderheit liegt in der kühlschrankgleichen Speicherung von winterlichen Eis- und Schneeresten tief im Fels, welche die Sommertemperaturen deutlich senken (vergleiche etwa Liezen).

Säugetiere werden von Gämse, Reh, Baummarder und Schneehase sowie den aus Sondrio einwandernden Murmeltieren vertreten. Eines der zahlreichen Natura 2000-Gebiete ist Alta Val Brembana (43km²) rund um die Stauseen Laghi Gemelli. Hier sind Alpensteinhuhn, Alpenschneehuhn und Auerhuhn sowie Bluthänfling, Uhu, Steinschmätzer und Steinadler heimisch. Der Wanderer sollte auf die verbreitet auftretende Viper und die Schlingnatter achten.

Hydrologische Grenzen schaffen der Fluss Oglio sowie der von ihm durchquerte Lago d'Iseo/Lago di Sebino/Iseosee im Osten und die Adda im Westen, die dem Po zustreben. Maximal 250m Tiefe, 25km Länge, 5km Breite und 65km² Oberfläche machen den mit Brescia geteilten Iseosee zum viertgrößten oberitalienischen See. Entlang von Serio und Adda liegen ausgedehnte Schutzzonen.

In der Oberstadt von Bergamo (366m) werden Jahresmittel von 12,7°C und 1.115mm gemessen. Die meteorologische Klassifikation Köppens spricht hierbei von "Cfa-Klima", das für die Elemente C=warmgemäßigt, f=ganzjährig humid und a=heiße Sommer steht. Im Hochgebirge gilt dies natürlich nicht mehr. Die durchschnittliche Sonnenstundenzahl im Hauptort wird mit 1.824h pro Jahr angegeben.

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San Gallo im Val Brembana (©Roberto Vavassori)
Da Bergamo positives natürliches Bevölkerungswachstum und dazu anhaltende Zuwanderung zeigt, besitzt es eine relativ junge Einwohnerschaft. Die Bevölkerungsdichte beträgt sehr hohe 380 Einwohner pro km². Die Orte der hinteren Gebirgstäler weisen seit Jahrzehnten fallende Einwohnerzahlen aus, diejenigen Richtung Talausgang und im Alpenvorland dagegen erfahren teils starke Zuwächse. Mit einem BIP/Kopf von 25.603 € wird alpenweit Rang 38 erreicht. Die Arbeitslosigkeit ist mit 3,2% niedrig.

Der Zweite Sektor schafft weiterhin 50% der Arbeitsplätze, wobei Baubranche, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Textil- und Bekleidungsindustrie, Maschinenbau sowie Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten dominieren. Das Dienstleistungssegment hält 48% des Stellenangebots, insbesondere in Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung. In den Ebenen von Bergamo und Brescia spielt auch die Landwirtschaft mit dem Anbau von Mais, Reis, Flachs, Obst, Gemüse und Wein sowie Geflügel- und Schweinemast eine Rolle.

Gleichwohl man keine weltbekannten Tourismusorte vorzufinden sind, empfiehlt sich die Provinz mit einem reichen Angebot. Die Liftanlagen in Presolana-Monte Pora und Foppolo bieten je 50km Pisten, Colere und Piazzatorre deutlich weniger. In Castone della Presanola, Gromo-Spiazzi, Lizzola und weiteren gemütlicheren Skigebieten sind die Skipasspreise familienfreundlich. Einige Langlaufloipen runden das Wintersportangebot ab. Im Sommer führen Wander- und Radwege durch vielfältige Landschaften, beispielsweise rund um den Iseosee. Badevergnügen bieten ebenfalls die Thermen von Bracca, Sant'Omobono, Trescore und San Pellegrino.

Im Hauptort Bergamo am Fuße der Alpen ist die denkmalgeschützte Città Alta beliebt. Hier bestaunen Touristen Santa Maria Maggiore (ab 12.Jh.), Piazza Vecchia (15.Jh.) und die trutzige Stadtmauer mit 16 Bastionen (16.Jh.). Seit 1880 ist dieser Stadtteil mit der geschäftigen und industriellen Città Bassa per Standseilbahn verbunden, wo sich neben Gemeindesitz und Provinzpräfektur die Accademia Carrara mit ihren Gemälden von Boticelli, Raffael und Rubens befindet.

Die Nebentäler von Val Seriana und Val Brembana bleiben weithin unberührt. Das Val Seriana ist hochgeschätzt für seine Marienwallfahrtskirchen, etwa Santuario della Forcella (17.Jh.) oder Madonna della Gamba (18.Jh.). In Clusone lässt ein Totentanzfresko auf der Kapelle Oratoria dei Disciplini seine Betrachter erschauern (15.Jh.). Das Museo della Val Brembana bringt die Vielfalt der Provinz ebenso näher wie die ungezählten anderen Museen. Typisch sind in den Tälern die Chöre, Tanz- und Folkloregruppen.

Unter den Vini stechen die Muskateller Scanzo und Valcalepio hervor. "San Pellegrino" ist das angeblich bekannteste Mineralwasser der Welt. Als Spezialitäten gelten der Weichkäse "Taleggio" oder die "Polenta Taragna". Die Tortenkreation "Turta de Donizèt" wurde zu Ehren des Komponisten Donizetti geschaffen.

Geschichtliches

Gegründet von Ligurern gegen 1200 v.Chr. erlebten die ersten Siedlungen 600 Jahre später Angriffe von Etruskern und Galliern. Von Keltisch "Berghem" ("Bergheim") leitet sich der Name "Bergamo" ab. "Bergomum" nannten die Römer den Ort, den sie im Jahre 196 v.Chr. eroberten und zu einem potenten Municipium ausbauten. Dem Untergang des Römerreichs schlossen sich Einfälle der Goten, Hunnen, Vandalen und Alaunen an. Byzantinern und Langobarden folgten 774 die Franken. Im 10. und 11.Jh. dominierten die Bischöfe, bis diese von einer Bürgergerichtsbarkeit ersetzt wurden. Dies galt ebenso für das Val Brembana, das zu jener Zeit von Eisenlagerstätten profitierte (Valtorta, Carona, Valleve). Bald begann die Phase der Auseinandersetzungen mit der Nachbarstadt Brescia, der wechselnden Bünde mit Verona, Como und Mailand sowie des Kampfes zwischen Guelfen und Ghibellinen.

Das 15.Jh. prägten Visconti und schließlich die Republik Venedig, welche die Gegend gegen einfallende Franzosen und Spanier verteidigte. Immer wieder zogen fortan Pestwellen durch das Alpenvorland und die Gebirgstäler. Nachdem Napoleon 1797 die Republik Venedig aufgelöst hatte, übernahmen die Habsburger die Macht, die infrastrukturelle Verbesserungen durchführten, auch im Val Brembana. Den Namenszusatz "Città dei mille" erhielt Bergamo während des Risorgimento, weil sie die meisten Anhänger des Einheitskämpfers Garibaldi stellte. 1859 wurde sie Provinzhauptstadt im Königreich Piemont-Sardinien. Die Industrialisierung erfasste genauso die Gebirgstäler, und diese wurden allmählich per Eisenbahn an den Hauptort angebunden. Lange Luftschutzbunker bezeugen bis heute die Angst der Bergamasker vor Luftangriffen, die im Zweiten Weltkrieg heftig ausfielen. Gegenwärtig präsentiert sich die lombardische Provinz als einer der wirtschaftsstärksten Landstriche Italiens.

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