Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Vercelli (Italien)

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Steckbrief
Hauptort: Vercelli130m
Höchste Erhebung: Punta Gnifetti4554m
Gemeinden86
Bevölkerung177027
Fläche2088 km²
Bevölkerungsdichte85 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Biella, Novara, Torino, Valais/Wallis, Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste, Verbano-Cusio-Ossola
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Varallo (453 m): ø 10.4 °C / Σ 1747mm
Vercelli (135 m): ø 12.2 °C / Σ 856mm
 

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Reisfelder prägen die Poebene im Süden Vercellis (©Turismo Valsesia Vercelli)
"Dal Riso al Rosa - Benvenuti in Provincia di Vercelli" (www.dalrisoalrosa.it). Zwei absolut unterschiedliche Naturräume - Reisfelder im Süden ("Riso"), hochalpine Landschaften im Norden (Monte "Rosa") - prägen Landschaftsphysiognomie und kulturelle Identität.

Am Schnittpunkt von Verbano-Cusio-Ossola und Valais/Wallis liegt an der Punta Gnifetti (4.554m) der höchste Punkt in Vercelli. Das Monte Rosa-Massiv gehört zu den Alpi del Vallese/Walliser Alpen, die im Italienischen gerne als "Alpi Pennine" bezeichnet werden - das deutsche Pendant "Penninische Alpen" ist veraltet. Einen weiteren Viertausender bildet Piramide Vincent (4.215m), ansonsten werden die Berge entlang der nördlichen Provinzgrenze Richtung Osten immer niedriger, etwa vom Corno Piglimo (2.894m) über Pizzo Montevecchio (2.789m) zum Monte Capio (2.172m). Die beiden großen Flusstäler von Torrente Sermenza (Val Sermenza) und Torrente Mastallone (Val Mastallone) laufen auf das Val Grande respektive den Hauptfluss Sesia zu. Dieser entspringt den Gletscherwässern des Ghiacciaio della Sesia, der - neben Ghiacciaio delle Piode und Ghiacciaio di Bors - die nennenswerteste Firnfläche der Provinz darstellt.

Der Parco dell'Alta Valsesia (65km²) bildet Europas höchstgelegenen Naturpark. Bis 1.500m dehnen sich Buchen- und Weißtannenwälder aus, in der subalpinen Zone bis 2.000m bieten die Lärchenwälder auch Rhododendron und Heidelbeere Platz. Im Grenzbereich alpinen Lebens gedeihen Alpen-Akelei, Schnee-Enzian, Baldo-Anemone, Flechten und Moose. Säugetiere werden unter anderem von Steinbock, Gämse, Murmeltier, Hermelin, Luchs und Blindmaulwurf repräsentiert. Vorkommen an Skabiosen-Scheckenfalter, Schwarzem Apollo, Hochalpen-Apollo oder Alpenbockkäfer demonstrieren die Intaktheit der Natur. Ebenso wie für das Val Mastallone erwähnt Natura 2000 einige Hühnerarten sowie Uhu, Specht, Neuntöter, Steinadler und Wespenbussard.

Südlich der Sesia verkörpern Corno Bianco (3.320m), Corna Rossa (2.979m), Monte Rosso (2.343m) und Il Badile (1.883m) die gen Osten abnehmenden Gebirgshöhen der Walliser Alpen. Die Torrenti Richtung Sesia, beispielsweise Vogna (Val Vogna), Artogna (Valle Artogna) oder Sorba (Val Sorba), verlaufen in engeren und kürzeren Tälern als diejenigen im Norden. Lago di Cima (2.424m) und Laghetto (2.366m) bilden zwei der zahlreichen Hochgebirgsseen. Die geologischen Verhältnisse werden von kristallinen Gesteinen geprägt.

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Walser Häuser bei Alagna Valsesia (Walliser Alpen) (©Gianluca Garelli)
Die Höhenunterschiede zwischen Punta Gnifetti (4.554m) und den Provinzflächen in der Pianura Padana/Poebene (etwa 100m) sind imposant. Beide Territorien werden durch einen wenige Kilometer breiten Korridor (hier endet das Alpenkonventionsgebiet) entlang des Hauptflusses verbunden, der Vercelli wie ein roter Faden durchzieht. Zu den diversen Kanälen im Alpenvorland zählen Canale Cavour, Canale di Cigliano und Canale Depretis, zu den natürlichen Fließgewässern Elvo, Rovasenda und Marchiazza, die dem Cervo zufließen. Nach dessen Mündung in die Sesia, passiert diese den Hauptort und verlässt alsbald die Provinz in Richtung Po. Der Fluss Dora Baltea berührt Vercelli im Westen.

Die sommerlich überflutete Ebene in einem der wichtigsten Reisanbaugebiete Europas ist eine Augenweide. Einige Sümpfe, Flussabschnitte und Wälder des Alpenvorlands werden von Natura 2000 beobachtet (zur Baraggia: vergleiche Biella).

Im Gebirgsstau nehmen die Niederschläge von Vercelli (135m) nach Varallo (453m) im vorderen Valsesia von 856mm auf 1.747mm deutlich zu, das wesentlich abgeschirmtere Alagna Valsesia (1.191m) erhält 1.270mm. Die mittleren Jahrestemperaturen sinken auf gleicher Linie von 12,2°C über 10,4°C auf 3,5°C. Die jährliche Sonnenscheindauer im Hauptort wird mit 1.807h angegeben.

Infolge ihres hohen Gebirgsanteils liegt die Bevölkerungsdichte der Provinz, die im Piemontesischen "Vërsèj" ausgesprochen wird, heute durchschnittlich nur bei 85 Einwohnern pro km². Die Bevölkerungsentwicklung ist generell leicht negativ, vornehmlich betroffen sind aber die Bergorte und der Hauptort. Negativentwicklungen offenbart derzeit ebenfalls das BIP/Kopf, welches mit 23.464 € alpenweit auf Rang 59 rangiert. Die Arbeitslosigkeit beträgt 4,7%.

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Varallo Sesia mit dem Sacro Monte di Varallo (ab 1486) (©Gianluca Garelli)
40% der Arbeitsplätze bietet der Sekundäre Sektor, insbesondere in Baugewerbe, Textil- und Bekleidungsbranche, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, es folgen Maschinenbau sowie Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten. In den Dienstleistungen (54% der Stellen) überwiegen Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, an dritter Stelle folgen Gesundheits- und Sozialwesen, dann Erziehung und Unterricht sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung. Der Reisanbau verhilft dem Ersten Sektor zu 6% Anteil an der Gesamtbeschäftigung, im Valsesia entstehen Meisterwerke der Schnitzkunst, der Stickerei und des Musikinstrumentenbaus.

Tourismus spielt eine bescheidene Rolle. Alagna Valsesia verband sich unlängst mit Gressoney im Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste und bietet damit 26 Lifte und 180km Pisten. Wichtiger als solche Zahlenspiele bleiben aber die phantastische Landschaft und die Freeridingmöglichkeiten in unverspurten Hängen und steilen Couloirs. Scopello-Alpe di Mera, Rimasco-Alpe Campo und Alagna/Wold sind familientauglichere Skigebiete. Langläufer schwärmen von Riva Valdobbia, Scopello und Carcoforo, Wanderer von der Via Alpina. Die grandiosen Eiskletter- und Skitourenmöglichkeiten sowie die Wildwasserstrecke bei Varallo Sesia sind Sportlern ein Begriff.

Kulturell beeindrucken die Walsersiedlungen, deren Bewohner ihre Traditionen seit über 700 Jahren bewahren. So wird noch heute "Titsch" gesprochen, und die bis auf 1.700m Seehöhe kultivierten Getreide überraschen sogar das geschulte geographische Auge. Der Sacro Monte di Varallo (ab 1486) zählt mit 45 Kapellen und der Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt zu den berühmtesten heiligen Bergen. Im Val Sermenza entdecken Wanderer gleich mehrere mit Fresken bemalte Kapellen und die Kirche San Lorenzo (ab 13.Jh.). Museale Kleinode finden sich allenthalben, darunter Museo Etnografico e del Folklore Valsesiano in Borgosesia, Museo Naturalistico del Parco Naturale Alta Valsesia in Carcoforo oder Museo Civico in Civiasco.

Die Basilika San Andrea (1219-1227) im Hauptort Vercelli ist ein gotisches Hauptwerk Norditaliens, und auch Ospedale Maggiore (1224) und Dom (16.-19.Jh.) mit Gräbern der Savoyer bilden begehrte Anlaufpunkte. Das Museo Borgogna macht mit Bildern des piemontesischen Malers Gaudenzio Ferrari, von Lanino und Tizian sogar Torino Konkurrenz. In Kooperation mit der Guggenheimstiftung werden ab 2007 Ausstellungen in der ehemaligen Kirche San Marco (12.Jh.) organisiert.

In den Trattorien bereitet man typische Gerichte zu: "Brudera", in Schweinefleischbrühe gekochter Reis, oder "Machet", Polenta mit Milch und Kastanien. Beliebt ist auch der "Toma della Valsesia", ein schnell gereifter Käse. Dazu gehören die DOC-Weine Gattinara, Bramaterra, Coste della Sesia (Croatina, Nebbiolo, Bonarda, Vespolina), Erbaluce di Caluso und Lessona.

Geschichtliches

Historische Spuren gehen bis zu keltoligurischen Siedlungen zurück, bereits zu Römerzeiten hieß der heutige Hauptort "Vercellae". Als Stadtpatron gilt der erste Bischof, der heilige Eusebius, aus dem 4.Jh. Nach den Attacken der Völkerwanderung (Hunnen) hatten ab dem 6.Jh. die Langobarden die Macht inne, ab dem 8.Jh. die Karolinger. Um sich gegen die Interessen Friedrich Barbarossas zur Wehr zu setzen, wurde im 12.Jh. der Lombardische Städtebund geschlossen. Nach der siegreichen Schlacht von Legnano 1176 erstarkten die Städte, in Vercelli wurde die Leibeigenschaft abgeschafft und 1228 entstand die erste piemontesische Universität. Unterdessen besiedelten Walser die Gebirgstäler, ab 1255 in Rimella, später in Alagna und anderswo.

Im Alpenvorland folgten den Auseinandersetzungen zwischen Guelfen und Ghibellinen der Verlust der Autonomie und die Herrschaft der Visconti ab 1335. Die Machtübernahme durch das Haus Savoyen-Piemont 1427 (vergleiche Savoie) führte zunächst zur Verarmung der Gegend, hielt aber - unterbrochen nur von Napoleon - über viele Jahrhunderte an. Im Risorgimento zeigte sich Vercelli ebenso patriotisch aktiv wie im Partisanenkampf des Zweiten Weltkriegs. Die Gebirgstäler dienten als sichere Rückzugsgebiete, bis die Faschisten 1944 nach Alagna vorstießen. Erst 1996 wurde Biella aus der Provinz ausgegliedert.

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