Tirol Atlas Archive

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NUTS-3 Region Bozen/Bolzano (Italien)

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Steckbrief
Hauptort: Bozen262m
Höchste Erhebung: Ortler3905m
Gemeinden116
Bevölkerung482650
Fläche7400 km²
Bevölkerungsdichte65 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Belluno, Graubünden, Innsbruck, Osttirol, Pinzgau-Pongau, Sondrio, Tiroler Oberland, Tiroler Unterland, Trento
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Bozen (254 m): ø 11.8 °C / Σ 697mm
Marienberg (1335 m): ø 6.4 °C / Σ 664mm
Sterzing-Kloster (948 m): ø 8.1 °C / Σ 768mm
Toblach (1250 m): ø 5.4 °C / Σ 776mm
 

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Blick von Überetsch bei Eppan über das Bozener Becken bis ins Eisacktal (©Josef Aistleitner)
"Südtirol - Magie der Vielfalt", lautet der Slogan der Tourismuswerbung, und die Realität bestätigt in der zweitgrößten alpinen Nuts-3-Region diese Worte.

Diese Vielfalt kommt bereits entlang des Alpenhauptkamms zum Ausdruck, wo sich Ötztaler Alpen (Weißkugel: 3.738m), Stubaier Alpen (Sonklarspitze: 3.471m), Tuxer Alpen (Hohe Wand: 3.289m), Zillertaler Alpen (Hochfeiler: 3.509m) und Venedigergruppe (Dreiherrenspitze: 3.499m) aufbauen. Die Naturparks Texelgruppe und Rieserferner-Ahrn (je 315km²) gehören zu den Perlen alpiner Schutzgebiete (Natura 2000). In der Rieserfernergruppe (Hochgall: 3.436m) tritt neben den altkristallinen Gesteinen ein mächtiger Tonalitpluton zu Tage. Zwischen 800 und 1.400m dominieren montane Fichtenwälder, bis 2.200m folgen subalpiner Fichtenwald, Lärchen und Zirben. Vom Dachs bis zum Murmeltier ist eine reiche Tierwelt vorzufinden. Ebenfalls zu den Zentralalpen zählen die Sarntaler Alpen (Hirzer Spitze: 2.781m).

Beinahe 100 Gletscher umhüllen die Ortlergruppe rund um den höchsten Punkt Südtirols, den Ortler (3.905m), Königsspitze (3.851m), Zufallspitze (3.700m) und die zirka 70 weiteren Dreitausender. Unter ihnen bilden Ortlerferner, Zufallferner, Suldenferner, Madatschferner und Laaser Ferner die gewaltigsten Eismassen. 534km² des Nationalparks Stilfser Joch liegen auf Südtiroler Gebiet (Natura 2000/vergleiche Sondrio).

Spektakulär sind die Dolomiten (vergleiche Trento, Belluno), die zu den Südlichen Kalkalpen zählen. Es beeindruckt das Wechselspiel zwischen den markanten Riffbauten aus Dolomit, wie Langkofel (3.181m), Sellastock (3.151m) oder Drei Zinnen (2.998m), und weit gespannten Almböden. Die Seiser Alm gilt mit 52km² Fläche als größte Hochalm Europas.

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Das ladinische Kolfuschg/Corvara zu Füßen des Sellastocks (3.151m) (©Maria Haffner)
Eisack, Rienz, Passer und Talfer entwässern über die Etsch in die Adria. Die Ausnahme bildet die an der Wasserscheide des Toblacher Feldes entspringende Drau, die zur Donau strebt. Ein eifriger Geograph will 176 Seen gezählt haben, wovon Kalterer See, Montiggler Seen, Karersee oder Pragser Wildsee besonders pittoresk erscheinen.

Südtirol beherbergt 2.200 Arten an Farn- und Blütenpflanzen. Viele von ihnen stehen auf der Roten Liste, so Alpenveilchen, Dolomiten-Akelei, Enzian, Feuerlilie, Türkenbund und Edelweiß. Auch über 40% der Tierarten sind - vor allem in der collinen und montanen Stufe - gefährdet. Prägend sind die bewässerten Wein- und Apfelplantagen und die auf 49% der Fläche wachsenden Wälder.

Der Vinschgau erhält als inneralpines Trockengebiet nur 600mm Jahresniederschlag, Schlanders ist mit 485mm einer der trockensten Orte im Alpenraum. Die klimatischen Bedingungen variieren von Nord nach Süd und mit zunehmender Höhe beträchtlich, so weist Bozen (254m) ein Jahresmittel von 11,8°C Lufttemperatur, 697mm Niederschlag und 1.886 Sonnenstunden aus. Marienberg (1.335m), etwa 10km vom Reschen entfernt, misst 6,4°C und 664mm, in den Gletscherzonen fällt die Jahresmitteltemperatur deutlich unter den Gefrierpunkt.

Die Bevölkerungsdichte ist mit 65 Einwohnern pro km² niedrig, das Bevölkerungswachstum dank Zuwanderung positiv. Die drittniedrigste Arbeitslosenrate Italiens (2,7%) und ein BIP/Kopf von 32.279 € (Rang 21 alpenweit) überzeugen auf ökonomischer Ebene.

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Erdpyramiden am Ritten (©Clemens Geitner)
Dienstleistungen dominieren mit 65% aller Arbeitsplätze, vor allem in Handel und Instandsetzung, Hotel- und Gaststättengewerbe, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Erziehung und Unterricht sowie Gesundheit und Sozialwesen. Industrie und Gewerbe bieten 26% der Stellen, vornehmlich in Bauwesen (dominant), Be- und Verarbeitung von Holz (ohne Möbel), Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau sowie Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung. 9% der Erwerbstätigen arbeiten im Primären Sektor, der allein 10% der EU-Apfelproduktion erwirtschaftet. Die Handwerkskunst strahlt über die Grenzen aus, wie die Holzschnitzereien aus Gröden oder die Thun-Keramik aus Bozen.

Die Raumordnungspolitik bekämpfte bislang erfolgreich die Zersiedlung der Landschaft, jedoch entstehen derzeit ein Großeinkaufszentrum in Bozen und ein Outletcenter am Brenner. Der Nord-Süd-Verkehr schafft heute fast unerträgliche Belastungen für Mensch und Umwelt. Fraglich ist, ob und wann der projektierte Brenner-Basistunnel daran viel ändern kann.

Südtirol besitzt eine außerordentliche Hoteldichte. Ortler Skiarena (Sulden, Schnalstal, Meran 2000), Wipp- und Eisacktal (Ratschings, Plose, Gitschberg-Meransen) und Dolomiti Superski mit den Weltcup-Orten Gröden und Corvara (Sella Ronda) pflegen Hunderte von Pisten- und Loipenkilometern. Sommertrainingsort diverser Nationalmannschaften ist der Gletscher am Stilfser Joch, auf den Schnalstaler Gletscher führt die höchste Seilbahn Südtirols (3.212m). Das Biathlon-Zentrum in Altholz richtete 2007 Weltmeisterschaften aus. Wander- und Klettertouren in den Dolomiten sind legendär, und am warmen Kalterer See lässt es sich ausgezeichnet segeln und surfen. Die Meraner Kurtraube zieht gesundheitsbewusste Gäste in den Stammraum Tirols.

Das reichhaltige Kulturgut der Städte, Burgen, Kirchen und Klöster kann nur fragmentarisch erwähnt werden, so die mittelalterlichen sakralen Fresken (um 800) von Sankt Prokulus in Naturns oder die profanen Fresken des Iwein-Epos auf Schloss Rodenegg - die ältesten im deutschen Sprachraum (um 1200), der romanische Dom in Innichen (8.Jh.) oder der Dom Maria Himmelfahrt (ab 13.Jh.) im Hauptort Bozen. Die Südtiroler Museumspädagogik zeigt ihre Vielfalt unter anderem im Schloss Tirol (Landesmuseum), Freilichtmuseum Dietenheim, Archäologiemuseum mit der 5.000 Jahre alten Mumie "Ötzi", den Schaubergwerken Ridnaun und Prettau oder dem "Reinhold Messner Mountain Museum". Ins geologische Archiv führen der Geopark Bletterbach in Aldein/Radein oder die Erdpyramiden am Ritten.

Traditionen leben bis heute fort, wie der Egetmann-Umzug in Tramin, Hexentänze, Krapfenbetteln, Schellenrennen oder Scheibenschlagen. Neben dem herbstlichen Törggelen mit Kastanien und Wein bietet die Südtiroler Küche jede Menge Eigensinnigkeiten, wie "Tirtlan", "Schlutzkrapfen", "Gröstl" oder "Schüttelbrot". Auch gibt es zu viele gute Tropfen, so Sylvaner im Eisacktal, Mazzoner Blauburgunder, Terlaner Gewürztraminer, Sankt Magdalener oder "Strahler". Über 120 DOC-Weine aus den verschiedenen Anbaugebieten stehen auf der Liste, dazu über 30 Mineralwässer.

Geschichtliches

Seit dem Mesolithikum besiedelte der Mensch die umliegenden Höhen von Etsch, Eisack und Rienz. Ab der Römerzeit gewann der zentrale Alpenraum mit dem Ausbau der Via Claudia Augusta über Reschen und Brenner vermehrt an Bedeutung für die machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen beiderseits der Alpen. Ab dem 7.Jh. festigte sich die Oberherrschaft der Bayern bis über Bozen hinaus, Ende des 8.Jh. erfolgte die Eingliederung in das Reich Karls des Großen. Im 11.Jh. wurden die Bischöfe von Trient und Brixen mit den Tiroler Talschaften belehnt, die es verschiedenen Grafengeschlechtern übertrugen, von denen sich 1248 das auf Schloss Tirol bei Meran herrschende Grafengeschlecht durchsetzte. Aus dem pässeübergreifenden "Land im Gebirge" erwuchs schließlich "Tirol", das 1363 die Habsburger übernahmen und bis 1918 behielten - allerdings mit Unterbrechung in der napoleonischen Zeit, die 1809 zur blutigen Volkserhebung unter Andreas Hofer führte.

Mit der Anbindung an die Eisenbahn in der zweiten Hälfte des 19.Jhs. begann der Aufstieg Südtirols zur Tourismushochburg. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Tirol - entlang des Alpenhauptkamms - zerschnitten: Der südliche Landesteil fiel an Italien, und die faschistische Politik verbannte alles Deutsche (Ortsnamen, Unterricht) aus dem öffentlichen Leben, betrieb die Massenansiedlung von Italienern (Industriezone Bozen) und Aussiedlung der Südtiroler ("Option"). Der Pariser Vertrag sicherte zwar schon 1946 den deutsch- und ladinischsprachigen Bewohnern die Gleichstellung gegenüber den Italienern und die Autonomie zu, das zähe internationale Ringen um die schrittweise Umsetzung der Autonomie- und Sprachminderheitenrechte sollte jedoch bis heute andauern - in den 1960er Jahren begleitet von Sprengstoffanschlägen. Noch immer ungelöst ist die Ortsnamenfrage. Südtirol ist die einzige offiziell dreisprachige Provinz Italiens, wobei Deutsch von 69%, Italienisch von 26,5% und Ladinisch von 4,5% der Bevölkerung, vorwiegend in den Dolomitentälern Gröden/Gherdëina und Gadertal/Badia, gesprochen wird.

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