NUTS-3 Region Appenzell Innerrhoden (Schweiz)
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Appenzell Innerrhoden ist einer der kleinsten Schweizer Kantone und eine der zwergenhaften alpinen Nuts-3-Regionen. Die Innerrhodener lassen diese Tatsachen jedoch schmunzelnd an sich abprallen, indem sie behaupten, sie seien statistisch ohnehin die kleinwüchsigsten Schweizer und außerdem hätten sie sich dafür die schönste Gegend ausgesucht! In der Tat genießen die traditionell von der katholischen Kirche und dem Bauerntum geprägte Kultur sowie die abwechslungsreiche (vor)alpine Landschaft auch international hohen Bekanntheitsgrad. Naturräumlich zeigt die Landschaftsphysiognomie hügelig-voralpinen Charakter, doch wirken die Gebirgstäler zerklüftet und alpin. Den höchsten Gipfel Säntis (2.502m) teilt man mit dem Bruderkanton Appenzell Ausserrhoden und dem Nachbarkanton Sankt Gallen. Markant sind auch Altmann (2.435m), Hoher Kasten (1.794m) oder Kronberg (1.662m). Gleichwohl die Nördlichen Kalkalpen am Alpenrheintal enden, kann das Alpsteinmassiv geologisch als ihre westliche Fortsetzung gesehen werden. Zu Fauna, Flora und Schutzgebieten erstattet das Kapitel Appenzell Ausserrhoden Auskunft. Brüel-, Horst-, Kaul-, Schwendi- und Wissbach ziehen zur Sitter hin, dem Hauptfluss der Region, der über Thur und Rhein in die Nordsee entwässert. Die drei Seen des Kantons liegen im Säntisgebiet und heißen Seealpsee, Fälensee und Sämtisersee. Letztere beide stehen über einen unterirdischen Karstablauf in Verbindung zum Rheintal, der sie in regenarmen Sommern zum Verschwinden bringt. Die Messstation in Appenzell (764m) zeigt Temperatur-Jahresmittel von 6,8°C und mittlere Niederschläge von hohen 1.593mm. Das Niederschlagsmaximum liegt dabei eindeutig im Sommer (vergleiche Appenzell Ausserrhoden). Mit gerade einmal 15.220 Einwohnern besitzt Appenzell Innerrhoden die niedrigste Bevölkerungszahl aller alpinen Nuts-3-Regionen. 88 Einwohner pro km² - Tendenz fallend - können sich an einer Arbeitslosenquote von phantastischen 1,5% und dazu an einem BIP/Kopf von sagenhaften 37.455 € erfreuen. Im alpenweiten Vergleich bedeutet dies Rang 9 und damit den direkten Platz hinter dem Bruderkanton. Dabei arbeitete bis 1970 ein Drittel der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft, gegenwärtig sind es noch immerhin 22%. Dies entspricht im gesamten Alpenraum dem höchsten Arbeitskräfteanteil im Primären Sektor, Obwalden und Uri folgen mit jeweils 14% dahinter. Der Sekundäre Sektor weist 29% der Beschäftigten auf und setzt sich vornehmlich aus Bauwesen, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Produktion von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Be- und Verarbeitung von Holz (ohne Möbel) sowie Textil- und Bekleidungsindustrie zusammen. Knapp 50% der Arbeitsplätze bietet der Dienstleistungssektor, in dem Handel und Instandsetzung sowie Hotel- und Gaststättengewerbe die führende Rolle einnehmen, danach folgen Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen sowie Erziehung und Unterricht. Schon 1790 gründete Carl Jakob Inauen die Molkekuranstalt Weissbad und verschaffte den Sennen damit eine zusätzliche lukrative Einnahmequelle. Hunderte Gäste vergnügten sich hier Wochenende um Wochenende. Auch Gontenbad und Jakobsbad lockten mit ihren Mineralwässern. Zunehmend entdeckten die Touristen auch die Landschaft um den Alpstein und bereits 1846 öffnete die erste bewirtschaftete Hütte am Säntis. Seit Ende des 19.Jhs. bemühte sich die Region um den weiteren Ausbau der touristischen Infrastrukturen und es entstanden neue Wanderwege und Bergbahnen. Obwohl der Fremdenverkehr vorwiegend sanft ausgerichtet ist, liefert er heute zirka ein Fünftel der kantonalen Einnahmen. Der gleichnamige Hauptort des größten Bezirks, Appenzell, liegt am Fuße des Säntis und gilt als beliebter Ausgangspunkt für Wanderer, Kletterer, Skitourengeher und andere Bergfreunde. Mit dem Sitz der Kantonsverwaltung, dem schmucken Rathaus (16.Jh.) sowie dem Landsgemeindeplatz bildet Appenzell heute den politischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt des Kantons. Von der Anlage her bietet das Dorf kein geschlossenes Bild, vielmehr scharen sich einzelne, hübsch bemalte Holzhäusergruppen um den innersten Kern und schaffen den Übergang zur äußeren Streusiedlung. Liebevoll eingerichtet sind einige Museen, so das Museum Appenzell. Möchten die Mittelländer in Nebelperioden endlich wieder Sonnenschein genießen, so begeben sie sich auf den Sankt Anton mit seinem herrlichen Rundblick vom Bodensee über die Vorarlberger-, Liechtensteiner- und Bündneralpen. Sommers füllen Mountainbiker und Fußgänger die Wege, winters vergnügen sich die Schneesportler auf den Langlaufloipen oder Skihängen, etwa von Wasserauen-Ebenalp oder Jakobsbad-Kronberg. Ein neuer Trend im Appenzellerland scheint der Seminartourismus zu sein. Die Alpfahrt findet nach einem genau festgelegten Ritus statt: Voran laufen Junge und Mädchen im Sennenkleid mit einer Herde weißer Ziegen. Es folgen der Senner, Kühe mit Glocken, Sennen in Tracht und zuletzt der Besitzer der Tiere mit dem Pferdefuhrwerk. Auf derlei Motiven beruht auch die Tradition der Appenzeller Bauernmalerei, deren älteste Spuren bis ins 16.Jahrhundert zurückgehen. Informationen zu kulinarischen Spezialitäten finden Sie in der Regionsbeschreibung von Appenzell Ausserrhoden. Zu guter Letzt ein Witz in Innerrhodener Dialekt: "De Seepli het sini Frau agjoomered, e hei doch jetz e ooverockts Chopfweh. D Frau het en tröschted: 'Jo göll, ond denn no graad am tömmschte Oot.' "
Geschichtliches
Da sich die frühe Geschichte der Region Appenzell Innerrhoden nicht von der des Bruderkantons Appenzell Ausserrhoden unterscheidet, ist diese bitte dort nachzulesen. Nach der Reformation und den damit einhergehenden Konflikten zwischen Katholiken und Protestanten gelang im Appenzeller Land eine friedliche Lösung des Problems. Mit der Landteilung von 1597 spaltete sich der Kanton Appenzell in zwei Halbkantone. Das katholische Innerrhoden spielte von nun an eine untergeordnete Rolle, speziell nach dem Verlust der katholischen Vormachtstellung in der Eidgenossenschaft nach dem Toggenburgerkrieg 1712 (vergleiche Bern und Sankt Gallen). Überhaupt erlahmte der alte Liberalismusgedanke und geradezu absolutistische Muster wurden erkennbar. So erhielten die Räte immer mehr Macht und das Dorf Appenzell strahlte große Dominanz aus.
Während der von Napoleon aufoktroyierten Phase der Helvetik wurden Appenzell Innerrhoden, Ausserrhoden und weite Teile Sankt Gallens zum Kanton "Säntis" vereint und jegliche lokale Selbstverwaltung erlosch. Mit dem Vorstoß der habsburgischen Truppen im Frühjahr 1799 zerfiel der Kanton sofort wieder, doch schon im Herbst stellten die erneut einfallenden napoleonischen Truppen die helvetische Ordnung wieder her - mit aller Härte. Nach Abzug der Franzosen 1802 kippte das System ein letztes Mal, und auch die bis heute gültige Verfassung von 1872 zeigt wenig Verständnis für allzu liberale Politik. Ebenso verharrte man in traditionellen Wirtschaftsformen. Die Vieh- und Milchwirtschaft lief nach einer ausgeklügelten Methode zwischen Sennen, Heu- und Grasbauern ab. Die Frauen gingen lange dem wichtigen Zuverdienst der Handstickerei nach. Bis heute versammelt sich die Landsgemeinde jährlich unter freiem Himmel, um Regierung und Kantonsrichter zu wählen und über Gesetze abzustimmen. Gesetzesinitiativen können dabei von jedermann eingebracht werden - ein juristisches Unikum. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die judikativen Ämter des Kantons Ehrenämter sind. Gegen den Willen der Stimmberechtigten wurde erst im Jahr 1990 das Frauenwahlrecht durchgesetzt, womit Innerrhoden das Schweizer Schlusslicht bildete. Progressiv zeigte sich das Stimmvolk allerdings beim Thema Englischunterricht in Grundschulen, das der Kanton als erster flächendeckend einführte. Als Halbkanton ist man im Schweizer Ständerat nur mit einem - anstelle von zwei Vertretern - repräsentiert, genießt ansonsten aber volle Kantonsrechte. Der komplizierte Grenzverlauf umfasst die Kernregion des Inneren Landes und die Exklaven Äusseres Land Oberegg sowie die Frauenklöster Wonnenstein und Grimmenstein. | |||||||||||||||||||