NUTS-3 Region Ostallgäu (Deutschland)
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Forggensee, Schloss Neuschwanstein, dahinter Branderschrofen (1.880m) und Säuling (2.047m) (©Pixelio.de) Naturgeographisch findet der Landkreis im Süden - dort wo Garmisch-Partenkirchen und das Außerfern angrenzen - seine höchsten Erhebungen. Aus den in einzelne Bergstöcke gegliederten und stark bewaldeten Ammergauer Alpen ragen Hochplatte (2.082m), Säuling (2.047m) und Tegelberg (1.720m). Als Teil der Allgäuer Alpen türmen sich die Tannheimer Berge auf: Aggenstein (1.987m), Einstein (1.867m) und Breitenberg (1.838m) wollen hier erstiegen werden. Sowohl Ammergauer wie Allgäuer Alpen gehören den Nördlichen Kalkalpen an. In ihrem Ostallgäuer Teilgebiet bieten die Ammergauer Alpen ein interessantes geologisches Bild: Während sie ansonsten meist aus Hauptdolomit aufgebaut sind, herrschen hier Wettersteinkalke vor. Besonders eindrucksvoll erkennt man diese an den beiden Bergmassiven von Hochplatte und Säuling. Zwischen den beiden Gebirgszügen strömt der Lech ins Ostallgäu, um dort zuerst den 12m hohen Lechfall hinabzustürzen, sich dann durch die enge und naturbelassene Lechschlucht zu zwängen und schließlich in Forggensee (15km² groß, etwa 9km lang und 2,5km breit), Premer und Oberem Lechsee aufgestaut zu werden. Die Wertach als zweiter großer Fluss der Region kommt aus dem Oberallgäu und fließt über den Lech der Donau zu. Zu den Gebirgsseen zählen Alatsee, Alpsee und Schwansee. Im Natura 2000-Gebiet Aggenstein werden Auerhahn, Birkhuhn, Weißrückenspecht, Schwarzspecht, Dreizehenspecht und Steinadler gesichtet. Auf den Magerrasen am Kienberg wächst der Frauenschuh, und es treten die Schmetterlinge Skabiosen-Scheckenfalter und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling auf. Die Steilhänge des Allgäuer Bergwalds werden ebenso gehegt wie die bis zu 70 Grad geneigten Grashänge. Der größte Bereich des Landkreises ist aus typischen geomorphologischen Alpenvorlandsformen aufgebaut. Das mehr oder weniger wellige Moränenland wird durchzogen von 46 Weihern und Seen mit einer Gesamtuferlänge von über 100km. Bannwaldsee, Elbsee, Hopfensee, Schwaltenweiher und Weissensee sind hier nur einige Beispiele. Unter den zirka 9.000 Biotopen des Ostallgäus treten Moore und Streuwiesen besonders häufig auf. Das Naturschutzgebiet Attlesee etwa besteht aus den verlandenden Seen, die der Lechgletscher hier nach der Eiszeit zurückließ. In und um die Torfmoore gedeihen Röhricht und Großseggenriede, Schwingrasen und Fichten-Spirkenmoorwald. Botanisch stechen außerdem Arnika, diverse Sonnentauarten, Schwalbenwurzenzian, Heidelbeer-Weide und Kleines Zweiblatt hervor. Der Blaue Eisenhut ist die giftigste Pflanze Europas. Im zentralen Teil des Landkreises entspringt das längste Bachsystem Bayerns, die Günz, deren Lauf ein naturschützerisches Vorzeigeobjekt darstellt.
Klimatisch variieren die mittleren Jahrestemperaturen zwischen 7,2°C in Kaufbeuren (716m) und 6,8°C in Schwangau-Horn (792m) kaum. In den Bergen fallen diese Werte natürlich deutlich ab. Bei den Niederschlägen sieht es anders aus: Sie steigen mit Annäherung an die Alpen von 970mm in Buchloe (626m) über 1.365mm in Schwangau-Horn (792m) bis 1.670mm in Pfronten-Oesch (850m) kontinuierlich an. Gegenwärtig zeigt sich die Region mit 97 Einwohnern pro km² mäßig dicht besiedelt, jedoch wächst die Bevölkerung seit Jahren. Positioniert zwischen den Ballungszentren München und Augsburg sowie nahe an Österreich, Schweiz und Italien, wird ein BIP/Kopf von 21.687 € erwirtschaftet. Im Alpen-Ranking bedeutet dies Platz 68. Die Arbeitslosigkeit beträgt 4,9%. Arbeitsplätze bieten zu 8% der Erste, zu 38% der Zweite und zu 54% der Dritte Sektor. Im Sekundären Sektor dominieren diesbezüglich Maschinenbau vor Baubranche, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen sowie Papier-, Verlags- und Druckgewerbe. Das moderne Entwicklungszentrum für Mikrotechnik soll die künftige Entwicklung der Industrie positiv lenken. Die Dienstleistungsbranche schafft Stellen vor allem in Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Hotel- und Gaststättengewerbe, Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung sowie Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen. Im Sommer findet man ein breit gefächertes Sportangebot zwischen Gleitschirmfliegen, Schwimmen und Via Alpina. Wintersportmöglichkeiten gibt es - in den als "klein aber fein" zu bezeichnenden Skigebieten - auf der Pfrontner Hochalpe am Breitenberg, dem Buchenberg in Buching oder dem Tegelberg in Hohenschwangau. An der Alpspitzbahn in Nesselwang hat der Skifahrer die Wahl zwischen Gondel- und Sesselbahn, die hintereinander an einem Seil hängen. Heilbäder sind Füssen-Bad Faulenbach, Hopfen am See und Weissensee, Luftkurorte Nesselwang, Pfronten und Seeg. Schwangau darf sich heilklimatischer Kurort nennen und besitzt mit den Kristallthermen einen Publikumsmagneten. Wer über die "Romantische Straße" ins Ostallgäu gelangt, den erwarten also nicht "nur" die Königsschlösser Neuschwanstein (19.Jh.) und Hohenschwangau (12.-19.Jh.). Musikalische Höhepunkte bilden die Schlosskonzerte oder das moderne Musical "Ludwig". Romantisch und ganz allein im Alpenvorland steht die barocke Wallfahrtskirche St. Koloman unweit von Schwangau (15.-18.Jh.). An dieser Stelle soll einst der gleichnamige irische Pilger bei seiner Reise nach Rom gerastet haben. Freunde sakraler Baukunst lieben außerdem die Basilika St. Mang (ab 9.Jh.) und die Klosterkirche Irsee (1699-1702). Unter den Profanbauten ist allen voran das Hohe Schloss in Füssen (1293-1323) zu nennen, eine der bedeutendsten spätgotischen Schlossanlagen Deutschlands. Weniger gut erhalten, aber im Nebel umso unheimlicher sind die Burgruinen Falkenstein (1059) sowie die nur zehn Fußminuten voneinander entfernt gelegenen Burgruinen Eisenberg und Hohenfreyberg. Beide stammen aus dem 14.-16.Jh. und bieten unvergleichbare Aussichten auf den Aggenstein. Im Erholungs- und Hauptort Marktoberdorf lohnen die Besuche der Stadtpfarrkirche St. Martin (18.Jh.), des Fürstbischöflichen Schlosses und des Pestfriedhofs. Das Riesengebirgsmuseum ist mit Gegenständen der aus Nordböhmen eingewanderten Heimatvertriebenen ausgestattet (vergleiche Kaufbeuren). Die Tradition wird im Ostallgäu in Georgi- und Kolomansritt sowie der Viehscheid gepflegt. Die Passions- und Heiligenspiele in Waal werden als Einlösung des Versprechens aus den Pestjahren von einheimischen Laienschauspielern am Leben gehalten. "Allgäuer-Bergkäse" und "Allgäuer-Emmentaler" sind geschützte Marken, zum berühmten Küchenheiligtum "Kässchbätzla" kann im Kapitel Oberallgäu nachgelesen werden.
Geschichtliches
Funde aus der mittleren Steinzeit zeugen von der frühen Besiedlung des Ostallgäus. Den Illyrern und Kelten folgten die Römer, die mit dem Bau der Via Appia - sie durchläuft das Ostallgäu von Süd nach Nord - eine bis heute währende Verbindung zwischen mitteleuropäischer und mediterraner Kultur schaffen sollten. Alemannen wanderten ab dem 3.Jh. ein und der Lech wurde zur Grenze zwischen dem Alemannischen im Westen und dem Bairischen im Osten. Das Iller-Lech-Gebiet stellte sich im 6.Jh. unter das Protektorat des Ostgotenkönigs Theoderich, im 8.Jh. fielen die Franken ein.
Die heutige Kreisstadt Marktoberdorf wurde Königshof der Grafschaft Keltenstein, 1299 übernahm das Augsburger Hochstift das Zepter. Eine Ära der Prosperität setzte ein und 1453 bekam Oberdorf das Marktrecht. Im 17.Jh. plagte der Schwarze Tod das Ostallgäu. Nach der Säkularisation fielen das Hochstift Augsburg und damit auch Oberdorf an das Kurfürstentum Bayern, ab 1806 an das Bayerische Königreich. In Steinholz bei Mauerstetten entstanden ab 1939 zwei NS-Lager, aus denen Zwangsarbeiter rekrutiert wurden (vergleiche Kaufbeuren). In Riederloh I waren vorwiegend Polen und Russen untergebracht. Riederloh II jedoch war ab 1944 ein Außenlager des KZ Dachau und dementsprechend von der SS überwacht. Marktoberdorf erhielt 1953 zwar den Stadttitel, blieb aber bis heute ein eher kleiner Markt. | |||||||||||||||||||