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NUTS-3 Region Sankt Pölten (Österreich)

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Steckbrief
Hauptort: Sankt Pölten271m
Höchste Erhebung: Hennesteck1330m
Gemeinden40
Bevölkerung146412
Fläche1230 km²
Bevölkerungsdichte119 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Mostviertel-Eisenwurzen, Niederösterreich-Süd, Wiener Umland/Nordteil, Wiener Umland/Südteil
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Sankt Pölten (272 m): ø 9.4 °C / Σ 696mm
 

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Sankt Pölten besitzt die zweitälteste Fußgängerzone Österreichs (©Magistrat St.Pölten/Foto:Werner Jäger)
Nur weil die Donau einen weiten Bogen um die Region Sankt Pölten macht, sollte es der Reisende ihr auf keinen Fall gleichtun! Seit Sankt Pölten zur Landeshauptstadt von Niederösterreich aufstieg, verwandelte es sich in ein modernes politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum, und auch sein Umland zeigt reizvolle Seiten.

Naturgeographisch reicht der Raum vom Tullnerfeld (vergleiche Wiener Umland/Nordteil) bis in die Voralpen. Dazwischen liegt im Westen das Hügelland des Dunkelsteinerwalds (Dunkelstein: 625m). Es gehört geologisch bereits zur Böhmischen Masse und wird land- und forstwirtschaftlich genutzt. Das Nördliche Alpenvorland bleibt in seiner Ausdehnung relativ schmal, partiell ist es rebbedeckt. Untergliedert wird dieser Regionsteil durch die Flüsse Pielach, Traisen, Perschling, Große Tulln und die beiden erst nördlich der Stadt Sankt Pölten entspringenden Fließgewässer Fladnitz und Kremnitzbach.

Stellvertretend, auch für die Nuts-3-Region Mostviertel-Eisenwurzen, soll das 74km² große Natura 2000-Gebiet "Niederösterreichische Alpenvorlandflüsse" genannt werden, zu dem die Unterläufe von Pielach, Erlauf und Ybbs sowie kleinere Flüsse und Bäche zählen. Lavendelweiden-Sanddorn-Ufergebüsche, Pannonische Eichen-Hainbuchenwälder, Trockenhang-Kalk-Buchenwälder sowie Eichen-, Ulmen- und Eschenauen gedeihen dort. Wegen der intensiv betriebenen Landwirtschaft finden sich Trespen-Trockenwiesen oder Sumpfdotterblumen-Wiesen jedoch nur noch kleinflächig. International bedeutsam ist die Fischotterpopulation, aber auch Grüne Keiljungfer (Libellenart), Huchen (Fischart), Donau-Kammmolch und Flussmuschel sind prägend. Alleine im unteren Pielachtal brüten zirka 100 Vogelarten, und stark bedrohte Tierarten, wie Laubfrosch oder Würfelnatter, treten auf.

Nur der Süden der Region gehört zum Alpenkonventionsgebiet. Dringt man in das Pielachtal bis zum Ursprung der Pielach nach Südwesten vor, so wird der Nordhang des Hennesteck (1.330m) erreicht. Dieser höchste Berg der Region zählt ebenso zu den Türnitzer Alpen wie Hohenstein (1.195m) und Eisenstein (1.185m). Die Türnitzer Alpen gehören zu den Nördlichen Kalkalpen und dementsprechend gibt es Karsterscheinungen, wie die Nixhöhle nahe Frankenfels. Die verschiedenen Abschnitte des Pielachtals werden unter anderem als Lehengegend, Schroffengegend, Schwerbachgegend, Schlossgegend und Kirchberggegend bezeichnet.

Östlich der Traisen beginnt der Wienerwald, über den die Nachbarregionen Wiener Umland/Nordteil und Wiener Umland/Südteil mehr Informationen bieten.

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Klangturm im Kulturbezirk Sankt Pölten (20.Jh.) (©Magistrat St.Pölten/Foto:Werner Jäger)

Sankt Pölten (272m) zeigt relativ hohe Jahrestemperaturen von 9,4°C und recht niedrige 696mm Niederschlag. Das Niederschlagsmaximum liegt dabei eindeutig im Sommer (Juli: 94mm). Richtung Dunkelsteiner Wald und Alpen wird das Klima rauer und die Regen- und Schneemengen nehmen zu.

Administrativ setzt sich die Nuts-3-Region aus der Statutarstadt Sankt Pölten und dem Politischen Bezirk Sankt Pölten (Land) zusammen. Das flächenmäßige Wachstum des Hauptorts beschleunigt sich seit den 1980er Jahren extrem, so stieg allein die Zahl der Häuser in dieser kurzen Zeitspanne um 55%, und auch die Industrieflächen greifen zusehends nach dem Umland. Dieser Entwicklung bewusst, versucht die innovative Stadt gegenwärtig ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept zu entwerfen. Die Gesamtregion hat mittlerweile 119 Einwohner pro km², die ein erfreuliches BIP/Kopf von 27.905 € erwirtschaften. Im Wettstreit unter den alpinen Nuts-3-Regionen befindet man sich damit auf Rang 28. 4,7% der erwerbsfähigen Bevölkerung sind arbeitslos.

Im Zweiten Sektor arbeiten 28% der Erwerbstätigen. Stellen bieten hier - in absteigender Reihung - Bauwesen, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Maschinenbau, Nahrungs-, Genussmittel- und Getränkeproduktion sowie Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren. Ganze 67% der erwerbsfähigen Bevölkerung arbeiten in tertiären Berufen und dort vor allem in Handel und Instandsetzung, Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung (Landeshauptstadtfunktion), Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und Nachrichtenübermittlung sowie Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen.

Urlaubsgäste genießen die Vorzüge des Alpenvorlands mit Walking- und Fahrradstrecken, die etwas alpineren Ziele liegen im Pielachtal. Der Rundwanderweg dort hat mehr als 100km Länge und im Winter werden romantische Langlaufloipen gespurt. Einheimische führen sehr gerne durch ihr "Dirndltal", das sie nach einer Wildfrucht benennen. Deren Stauden sind hier heilig und dürfen niemals gefällt werden. Sogar eine Dirndlkönigin gibt es, die auch das typische Dirndlkleid trägt. Nahe Frankenfels liegen die Ruine Weißenburg (13.Jh.) und ein Rotwildgehege. Das Bergbauernmuseum Hausstein veranstaltet regelmäßig das sogenannte "Holzknechtsterzessen" - Sterz war früher ein oft verspeister Getreidebrei aus Buchweizen, Mais oder Kartoffeln. Im Dunkelsteinerwald lohnt die Besichtigung der römischen Straßen, die immer wieder Überraschungen bereithalten, so die erstaunlich gut erhaltene Brücke bei Lanzing. In der Kirche von Karlstetten entdeckt man Grab- und Altarsteine aus lokalem Marmor. Unweit von hier reifen Grüner Veltliner und Riesling.

Im Hauptort Sankt Pölten lebt der Kontrast aus Moderne und Barock, und Jakob Prandtauer ist nur einer der zahlreichen Barockbaumeister, die der Stadt ihr unverwechselbares Aussehen verliehen haben. Kein geringerer als der Stararchitekt Boris Podrecca, der auch den Millenium Tower in Wien entwarf, gestaltete 1995 den Altstadtkern neu. Der Turm des hier befindlichen Rathauses (14.Jh.) wird als ein Symbol der Stadt gesehen. Durch die Domgasse wird der Dom (12.-18.Jh.) mit seinem beachtlichen Chorgestühl und dem angeschlossenen Diözesanmuseum erreicht. Auf dem Weg Richtung Festspielhaus und Landesmuseum kommt man an der ehemaligen Synagoge vorbei, die heute das Institut für Geschichte der Juden in Österreich in sich birgt. Die neuen Wahrzeichen der Stadt - der 80m hohe Klangturm (20.Jh.) und das in Form eines Schiffes realisierte Regierungsgebäude Niederösterreichs (21.Jh.) - bezeugen eindrucksvoll Ideenreichtum und eigenständige Denkweise der Sankt Pöltener. Um Pfingsten findet alljährlich das größte Volksfest im Bundesland statt.

Infolge einer Volksabstimmung wurde die nach dem Heiligen Hippolyt benannte Stadt Sankt Pölten 1986 Landeshauptstadt und beweist sich seither immer wieder als äußerst europafreundliche Stadt. So erhielt sie die begehrte Ehrenplakette und den Europapreis des Europarates.

Geschichtliches

Geschichtlich betrachtet erlebte die Region ihre allmähliche Besiedlung ab der Jungsteinzeit (Hallstatt-Kultur) und später bei den Kelten (La-Tène-Kultur). Die Römer dehnten ihr Einflussgebiet bald bis an die Donau aus und der Raum Sankt Pölten ging in die Provinz Noricum ein. An der Stelle des heutigen Hauptorts errichteten sie im 2.Jh. n.Chr. die Stadt "Aelium Cetium". Hadrian verlieh ihr das römische Stadtrecht und sie wurde neben Carnuntum und Ovilava zu einem bedeutenden Zentrum. In der Spätantike ging dieser Status verloren und Sankt Pölten tauchte erst 799 unter dem Namen "Traisma" wieder auf. Nach Abzug der Römer im 5.Jh. zogen Bayern und Slawen zu, erst im 11.Jh. sollten die bayerischen Siedler aber das Obere Pielachtal kolonisieren. Um den strategischen Wert des Dunkelsteinerwalds wussten auch die karolingischen Grenzgrafen und sie erbauten Erdwälle und Festungsanlagen gegen den Feind aus Osten. Verschiedene Bistümer und Klöster - Kremsmünster, Salzburg, Passau - sorgten für die Christianisierung.

907 unterwarfen die Ungarn für einige Jahrzehnte das Land. Sankt Pölten erhielt 1050 das Marktrecht zugesprochen, 1159 - als erster österreichischer Ort überhaupt - das Stadtrecht. Bis 1494 lag der Besitz in Händen des Bistums Passau, danach übernahmen ihn die Landesfürsten und verteidigten ihn gegen die Türken. Bischofssitz wurde die Stadt im Jahr 1785, also kurz vor Durchzug Napoleonischer Truppen. Die Unabhängigkeit von der Grundherrschaft ab 1848 entfachte die industrielle und verkehrstechnische Erschließung in der Region. Wälder wurden in großem Maßstab gerodet, Graphit und Braunkohle (Wölbinger Becken) abgebaut und die Bevölkerung konzentrierte sich um die Industriebetriebe. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Dunkelsteinerwald zur Front zwischen deutscher und russischer Armee und damit zur tragischen Grabstätte tausender Soldaten. Infolge der hohen Konzentration an Rüstungsbetrieben waren die Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg heftig, bis 1955 blieben die sowjetischen Besatzer.

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