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NUTS-3 Region Südburgenland (Österreich)

overview

Steckbrief
Hauptort: Oberwart315m
Höchste Erhebung: Geschriebenstein884m
Gemeinden72
Bevölkerung97594
Fläche1471 km²
Bevölkerungsdichte66 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Mittelburgenland, Niederösterreich-Süd, Oststeiermark
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Bernstein (600 m): ø 8.4 °C / Σ 749mm
Kleinzicken (267 m): ø 9.2 °C / Σ 741mm
Wörterberg (400 m): ø 9.4 °C / Σ 754mm
 

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Burg Güssing (Bau 1157), ihr zu Füßen liegt die gleichnamige Gemeinde (©Südburgenland Tourismus)
Das Südburgenland mag auf den ersten Blick ländlich, verschlafen, ja gar ein wenig rückständig erscheinen. Auf den zweiten Blick faszinieren jedoch kreative Innovationsbereitschaft, heilsame Thermalquellen, trutzige Burgen, sanft gewellte Landschaften, mildes Klima und unverwechselbare Weinkulturen.

Ethnisch-kulturell teilt das Südburgenland seine Vielfalt mit den beiden anderen burgenländischen Regionen. Das siedlungshistorische Erbe so mancher Gemeinde tritt in den insgesamt 47 deutsch-kroatischen und 4 deutsch-ungarischen Ortstafeln ebenso in Erscheinung wie im gemischtsprachigen Schulwesen und der lebendigen Volkskultur. Seit dem 17. Jh. sind im Südburgenland - auf Erlaubnis des Magnatengeschlechts der Batthyány - auch Roma sesshaft. Eine kurze Grenze verbindet die Nuts-3-Region mit Slowenien.

Nur ein kleiner Bereich im Nordosten gehört zum Alpenkonventionsgebiet. Hier erheben sich die östlichsten Ausläufer der Zentralalpen. Das Bernsteiner Gebirge (Hutwisch: 896m) besteht aus Tonschiefern, weist das einzige Edelserpentinvorkommen Europas auf und bildet eine bewaldete Hochfläche. Das Günser Gebirge bietet am Geschriebenstein (884m) den höchsten Punkt des Burgenlandes (vergleiche Mittelburgenland). Seine Hänge sind von Wäldern, Edelkastanien, Obstbäumen (Marillen, Pfirsichen) und Weinreben, aber auch Trockenrasen mit Heideginster, Johanniskraut oder Bergklee überzogen. Geschriebenstein-Irottkö ist ein ungarisch-österreichischer Naturpark.

Das Bergland durchziehen die Flüsse Strem, Pinka und Lafnitz als Lebensadern für Fischotter, Graureiher, Weiß- und Schwarzstorch, Kornweihe oder Eisvogel (vergleiche Oststeiermark). Im unteren Pinkatal liegt der Naturpark in der Weinidylle, der neben dem kleinsten Weinbaugebiet Österreichs auch Streu- und Pfeifengraswiesen aufweist. Dort wachsen Lungenenzian, Taglilien und Schachblumen, in denen sich Zebraspinne, Wiedehopf, Wendehals oder Wechselkröte aufhalten. Das Zickentaler Moor bildet das größte Niedermoor im pannonischen Raum, und das Natura 2000-Gebiet Südburgenländisches Hügel- und Terrassenland umfasst immerhin 141km².

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Tamburizza ist der Überbegriff für kroatische Volksinstrumente (©Südburgenland Tourismus)

Im Osten spannt sich das im Tertiär versunkene Grundgebirge des Eisenbergs (415m) als Grenzriegel zur Ungarischen Tiefebene. Die größeren Erhebungen im Süden sind vulkanischen Ursprungs, beispielsweise nahe Jennersdorf oder etwa der Burgfelsen Güssing. Sie gehören der jüngeren Vulkanismusphase des Pliozäns vor ungefähr 2 Mio. Jahren an (vergleiche Oststeiermark). Der Dreiländernaturpark Raab - die Raab ist der Hauptfluss der Region - rundet die landschaftlichen Höhepunkte der Nuts-3-Region ab.

Es herrschen ideale Klimabedingungen für den Weinbau, da kalt-feuchte Luftmassen aus Norden und Westen durch die Bergländer abgehalten werden und sich der mediterrane Einfluss durchsetzt. Dies bedeutet allerdings nicht nur viel sommerlichen Sonnenschein, sondern auch adriatische Tiefdruckgebiete mit Starkniederschlägen. Bernstein (600m) im Bernsteiner Gebirge misst Jahreswerte der Temperatur von 8,4°C und Jahressummen der Niederschläge von 749mm, Kleinzicken (267m) im Hügelland 9,2°C und 741mm. Im Jahresschnitt scheint hier an 1.861 Stunden die Sonne.

Die jahrzehntelange Lage am Eisernen Vorhang verzögerte die wirtschaftliche Entwicklung, und so verwundert es nicht, dass das BIP/Kopf mit 15.224 € den drittschwächsten Wert Österreichs darstellt. Auch alpenweit offenbart der 93. Rang unter allen 101 alpinen Regionen die ökonomischen Probleme. Naturgemäß leidet die Region deshalb unter verstärkten Abwanderungserscheinungen, die gegenwärtig mit Programmen, wie "Südburgenland plus", gebremst werden. Die mittlere Bevölkerungsdichte beträgt 66 Einwohner pro km², die Arbeitslosenquote 7,4%.

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Die Lafnitz war lange Zeit Grenzfluss zwischen Österreich und Ungarn (©Südburgenland Tourismus)
Tertiäre Berufe schaffen 64% der Stellen, vorwiegend in Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht, Hotel- und Gaststättenwesen sowie Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung. Der Sekundäre Sektor bietet 31% aller Arbeitsplätze, hauptsächlich in Bauwesen, Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Nahrungs-, Genussmittel- und Getränkeproduktion, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen sowie Be- und Verarbeitung von Holz (ohne Möbel).

Internationale Aufmerksamkeit erregt Güssing, das 1990 einen Komplettausstieg aus der fossilen Energieversorgung beschloss und heute nur noch 8% seines damaligen Kohlendioxid-Ausstoßes aufweist - ein grandioser Erfolg!

Urlaub im Südburgenland bedeutet das Erlebnis von Ursprünglichkeit und Natur fern aller städtischen Hektik. Der Sommer ist mit Radfahren und Wandern, Besuchen der Naturparks und diversen Veranstaltungen die dominante Saison. Durch die Thermen Bad Tatzmannsdorf und Stegersbach belebt sich aber auch das Wintergeschäft. Das Wasser stammt aus 1.000m Tiefe und hat spezielle Heilkräfte für Haut und Bewegungsapparat, die Moorbehandlungen wirken entzündungshemmend und hautglättend. Eventuell wird diese Pflege nach der Begehung des neu geschaffenen "alpannonia"-Weitwanderwegs benötigt, der zwischen Semmering (vergleiche Niederösterreich-Süd) und dem ungarischen Köszeg (Güns) über 104km von den Alpen bis in die Pannonische Tiefebene führt.

Das kulturelle Leben in der Region befindet sich ebenfalls im Aufschwung. Im Schlaininger Klangfrühling kommen Musikfreunde auf ihre Kosten, der Güssinger Kultursommer lockt die Besucher mit Schauspiel auf der Burg und anderen Programmpunkten an. Die "Eurowart" Oberwart präsentiert alljährlich ein anderes EU-Land. Natürlich sind auch im Südburgenland die Burgen selbst ein attraktives Ziel. Burg Schlaining wurde 1271 erstmals erwähnt und zeigt heute mehrere Ausstellungen, außerdem birgt es das Europäische Museum für Frieden. Burg Güssing wurde 1157 als erste Wehranlage des Burgenlandes errichtet und stellt mittlerweile 5.000 historische Exponate zur Schau, die Wehranlage Eberau besitzt eines der größten Wasserschlösser Österreichs (um 1400). Zur "Weinbergerin", der spätgotischen Gnadenstatue in der bekanntesten Wallfahrtskirche des Burgenlands, Maria Weinberg oberhalb von Gaas, wird seit dem 15.Jh. gepilgert.

Besonders sehenswert sind auch die aus Holz und Lehm erbauten und mit Stroh bedeckten Kellerviertel der kleinstrukturierten Weinanbaugebiete, zum Beispiel in Heiligenbrunn, wo als lokale Weinspezialität aus Direktträgern - unveredelten Rebsorten - der Uhudler gekeltert wird. In Buschenschenken kredenzt man ferner Grünen Veltliner, Blaufränkischen, Zweigelt, Welschriesling, Cabernet Sauvignon, Raabrot und Raabweiß. Güssinger Mineralwasser bildet die alkoholfreie Alternative. Schmankerln sind "Topfentatschgerl" (Quarktaschen), "Wuzinudel" (aus Kartoffel) oder "Burgenländer Schnitzel" mit feurigem Paprika. Die Einheimischen warnen aber: Wer dazu übermäßig Uhudler trinkt, sieht danach aus wie ein Uhu!

Geschichtliches

Erste Kupferbergwerke entstanden im Günser Gebirge während der Kupferzeit, Hügelgräber sind aus der Hallstattzeit bekannt. 500 v.Chr. zog der keltische Stamm der Arabiates in die Region, die alsbald zumindest bisweilen dem Königreich Noricum angehörte. Unter den ab 15 v.Chr. regierenden Römern gehörte das Land zur Pannonischen Provinz. Das nach der Völkerwanderung etablierte Herrschaftsgebiet wurde um 800 in das Karolingerreich eingegliedert. Eine erste deutsche Kolonisierungs- und Missionierungswelle war die Folge. Nach Zurückdrängung der Ungarn (Schlacht auf dem Lechfeld 955) und deren Niederlassung im Karpatenbecken gründeten diese auch im Mittel- und Südburgenland Grenzwächtersiedlungen, so auch Oberwart, welches urkundlich erstmalig 1327 Erwähnung findet. Ab dem 15.Jh. besiedelten deutsche "Heanzen", Ungarn, Kroaten, Walachen, Juden und später Roma diesen Raum.

Türkenkriege, Kuruzzeneinfälle und napoleonische Besatzung bremsten über Jahrhunderte eine kontinuierliche wirtschaftliche Entwicklung. Oberwart hatte sich auf den Viehhandel spezialisiert und wurde 1841 Marktgemeinde (und erst 1939 Stadtgemeinde). Das Burgenland gehörte zur ungarischen Hälfte der Doppelmonarchie und kam 1921 endgültig an Österreich (vergleiche Nordburgenland). Die Krise der 1930er Jahre vertrieb viele Menschen nach Chicago, das auch als "größte burgenländische Stadt" tituliert wird. Der Zweite Weltkrieg führte zu Deportation und Ermordung von Juden, "Zigeunern" und Nazi-Gegnern. 1945 invadierte die sowjetische Armee, deren Anwesenheit die Marshallhilfe gering ausfallen ließ. Der protestantische Bevölkerungsanteil des Burgenlands (Augsburger und Helvetisches Bekenntnis) ist mit über 13% dreimal so hoch als im übrigen Österreich. In Oberwart steht die älteste kalvinische Kirche des ehemaligen Westungarn, in Oberschützen das evangelische Schulzentrum.

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