NUTS-3 Region Haute-Savoie (Frankreich)
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"Dach der Alpen", "größter Höhenunterschied aller Alpenregionen", "größter See Westeuropas", "Meer aus Eis", "3.500km Wasserläufe" - all diese Schlaglichter stehen für die Westalpenregion Haute-Savoie (Deutsch: Hochsavoyen/Arpitanisch: Savouè d'Amo). Die zur Gänze auf Alpenkonventionsgebiet befindliche Region am Dreiländereck Frankreich-Schweiz-Italien wächst von der Rhône (250m) und dem Lac Léman/Genfersee (372m) bis hinauf zum Mont Blanc (4.808m) um sagenhafte viereinhalb Kilometer in die Höhe. Ein Nachteil der hohen tektonischen Kräfte sind gelegentliche Erdbeben. Südlich des Genfersees steigt das Hochplateau Pays de Gavot bis 1.687m in Les Mémises an. Ansonsten liegt das moränenbedeckte Alpenvorland mit seinen Landschaften Génevois, Plaine de l'Albanais und Plateau des Bornes meist deutlich tiefer. Die Kalkvoralpen bilden den nächsten Bogen gen Südosten, etwa das Massif du Chablais (Hauts-Forts: 2.464m) mit Dutzenden Bergseen und, weiter im Süden, der Mont Salève (Grand Piton: 1.375m). Dessen alpine Randlage lässt südliche Einflüsse spürbar zu, so erreicht hier die Gelbbauchunke ihre höchstgelegene Verbreitung. Aber auch viele Schmetterlingsarten, 84 Nistvogel- und 4 Fledermausarten sowie Orchideen und Buchenwälder werden für Natura 2000 beobachtet. Ökologisch wertvoll sind auch das Massif des Bornes (Pointe Blanche: 2.437m) und die Chaîne des Aravis (Pointe Percée: 2.752m). In deren Lebensräumen gelten Großer und Schwarzblauer Moorbläuling, Luchs, Alpenmannstreu und Frauenschuh als besonders schutzwürdige Glieder von Fauna und Flora. Der Parc du Massif des Bauges (810km²) im Süden schließt den Voralpenteil ab (vergleiche Savoyen).
Die Berge gewinnen gen Südosten zunehmend an Höhe. Jenseits des Giffretals erheben sich das kalkige und stark verkarstete Massif du Faucigny (Tête à l'Ane: 2.801m) und die kristallinen Aiguilles Rouges (Aiguille du Belvédère: 2.965m) mit Gletscherresten (beide Natura 2000). Der vereiste Höhepunkt der Alpen jedoch liegt - jenseits des verkehrsgeplagten Arvetals - in der kristallinen Mont Blanc-Gruppe, die mit Mont Maudit (4.465m), Dôme du Goûter (4.304m), Mont Blanc du Tacul (4.248m) und anderen Viertausendern begeistert. Glacier du Tour, Glacier d'Argentière, Glacier de Talèfre, Glacier de Tré-la-Tête, Mer de Glace und Vallée Blanche gehören zu den größten Gletschern der Alpen (vergleiche Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste). Eine Perle ist der 28km² große und glasklare Lac d'Annecy im Südwesten. Er ist maximal 81m tief, 15km lang, 3,5km breit und besitzt 1,1 Mrd. m³ Volumen. 40% des Genfersees liegen auf savoyischem Gebiet. 150.000 Zugvögel benützen den See als Winterquartier (vergleiche Vaud). Das gesamte Einzugsgebiet Hochsavoyens gehört der Rhône an. Bislang ungenannte Flüsse sind Abondance, Borne, Chaise, Dranse, Fier oder Usses. Im Schutz von Jura oder alpinen Gebirgsketten werden 900mm jährliche Niederschläge gemessen, im Hauptort Annecy (450m) 1.244mm und auf den höchsten Gipfeln bis zu 2.200mm. Auffällig ist im Klimadiagramm von Annecy die relativ gleichmäßige Niederschlagsverteilung übers Jahr. Hier macht sich der dominierende Einfluss der Westwinddrift bemerkbar, der außerdem die Temperaturen abmildert. So liegen die mittleren Jahrestemperaturen im Hauptort bei 10,2°C, am Mont Blanc fallen sie auf zweistellig negative Werte. Hochsavoyen weist eine Bevölkerungsdichte von 156 Einwohnern pro km² auf und zählt zu den Alpenregionen mit starker Zuwanderung. Im Umland von Annecy leben mittlerweile 180.000 Menschen und bilden damit eine der größten Agglomerationen der Alpen. Das BIP/Kopf beträgt 24.634 € (Rang 48 alpenweit), die Arbeitslosigkeit 6,7%. Tertiäre Berufe machen 67% der Stellen aus. Solche bieten vornehmlich Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung sowie Erziehung und Unterricht. 32% der regionalen Arbeitsplätze schafft der Sekundäre Sektor, überwiegend in Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen mit deutlichem Abstand vor Bauwesen, Maschinenbau, Nahrungs-, Getränke- (Évian-Mineralwasser) und Genussmittelherstellung sowie Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten. Besorgniserregend ist die Beschäftigtenquote im Ersten Sektor mit 0,7% - sie spiegelt aber die geringe kulturelle Verankerung land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeiten im französischen Alpenraum wider. Die Zahl der Gästebetten entspricht in Hochsavoyen dagegen jener der Einwohner - jedes Jahr sieht 38 Mio. Übernachtungen, davon 56% im Winter. Chamonix, Morzine, Megève und La Clusaz besitzen die größten Unterbringungs-Kapazitäten. Les Carroz, Les Contamines-Montjoie, Les Gets, Les Houches, Châtel, Samoëns oder Combloux gehören zu den charmanteren Skiorten (vergleiche "Geschichtliches"). Weltcupskirennen und Tour de France-Etappen gehören ebenso zum Programm wie sämtliche alpinsportliche Möglichkeiten bis hin zum Sommerskilauf. Am Genfersee locken 47 Strände mit besten Panoramablicken. Bekannt sind die Feste "Fête du Lac" in Annecy mit Musik und Feuerwerk und "Fête de l'Alpe" in Morzine, wo Gäste einheimische Trachten bewundern können. Beim "Fête des Bergers" in Châtel stehen die Pflege von Kunsthandwerk und Folklorismus im Vordergrund. Beim "Fête du Reblochon" in La Clusaz werden lokale Spezialitäten serviert, so "Rissoles" (Fleischpasteten) oder "Reblochon"-Käse. Die wenigen Weine Savoyens (vergleiche Savoie) zählen ebenso zum Kulturerbe wie die Arpitanische Sprache oder der Savoyardische Dialekt. Arpitanisch oder Franko-Provenzalisch ist eine galloromanische Sprache, die im mittleren Rhônetal und in Savoyen Verwendung findet, aber auch in weiten Teilen der Schweizer Romandie sowie im nordwestlichen Italien zuhause ist (vergleiche Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste). Unter den 157 geschützten historischen Monumenten befinden sich auch das 1151 gegründete Kartäuserkloster Chartreuse du Reposoir und die Abbaye de Sixt Fer à Cheval (ab 1144). Im modernen und zugleich historischen Hauptort besucht man das Chateau Tour de la Reine (12.Jh.) und die Kathedrale St-Pierre (16.Jh.). Besonders romantisch ist der Anblick der alten Grafenburg Palais de l'Isle (12.Jh.), die, wie es der Name schon vermuten lässt, auf einer Insel inmitten des schmalen Flusses Thiou emporragt. Unter den sechs "Musées de France" informiert das Musée du Chablais in Thonon-les-Bains über Natur, Ethnologie und Historie der Gegend, Bergfreunde spricht das Alpinmuseum in Chamonix besonders an.
Geschichtliches
Die Geschichte deckt sich mit der von Savoie, was auch für die Wirtschaftsentwicklung gilt. Allerdings sorgte in Hochsavoyen neben elektrochemischer und metallurgischer Industrie, etwa in Arly oder Hoch-Faucigny, auch schon früh ein anderes Phänomen für ein weiteres Standbein. Im 18.Jh. entdeckten britische Aristokraten den Alpinismus per se - 1786 wurde Chamonix durch die Erstbesteigung des Mont Blanc durch Balmat und Paccard weltbekannt. War der Tourismus zuvor in den Voralpen und am Genfersee mit seinen Thermen in Thonon-les-Bains oder Évian-les-Bains stehen geblieben, so drang er nun tiefer ins Herz der Alpen.
Nach dem Bau von Eisenbahnlinien sah das späte 18.Jh. die Entstehung erster Skipisten in St. Moritz (Graubünden) und bald auch in Chamonix, Morzine und Mégève. 1924 fanden in Chamonix die ersten Olympischen Winterspiele statt. Morzine/Avoriaz - wie auch Flaine - ist einer der in den 1960er Jahren entstandenen Betonburgen, die heute als "Portes du Soleil" 650km Piste, 204 Lifte, 632 Schneekanonen und 243km Loipe aufweist (vergleiche Valais/Wallis). Die menschliche Umgestaltung alpiner Landschaft hat hier besorgniserregende Ausmaße erreicht und steht einer nachhaltigen Entfaltung des mehr und mehr an Bedeutung gewinnenden Sommertourismus im Wege. Bis in die Gegenwart klingen im Übrigen Parolen für ein unabhängiges Savoyen an, die jedoch durch Einrichtung der "Assemblée des Pays de Savoie", also der "Versammlung der Savoyischen Länder", im Jahr 2001 leiser wurden. | |||||||||||||||||||