Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste (Italien)

overview

Steckbrief
Hauptort: Aosta583m
Höchste Erhebung: Mont Blanc4808m
Gemeinden74
Bevölkerung123978
Fläche3263 km²
Bevölkerungsdichte38 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Biella, Haute-Savoie, Savoie, Torino, Valais/Wallis, Vercelli
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Aosta (583 m): ø 10.5 °C / Σ 545mm
 

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Castello di Châtel-Argent in Villeneuve (©Alpes-Images (alpes-images.ifrance.com))
Das Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste bietet zwischen 340m am Talausgang und 4.808m am Monte Bianco/Mont Blanc alpine Höhepunkte der besonderen Art.

Die westalpine Region Aostatal liegt vollständig auf Alpenkonventionsgebiet, ihre mittlere Höhe beträgt 2.100m. In der aus Gneisen und Graniten aufgebauten Mont Blanc-Gruppe im Nordwesten überragen 40 Berggiganten die Viertausendmeter-Marke, etwa Grandes Jorasses (4.208m), Aiguilles de Peuterey (4.107m) und Aiguille de Bionnassay (4.052m). Über 100 Gletscher bedecken 180km² der Gebirgsgruppe (vergleiche Haute-Savoie), der 11km lange Glacier du Miage berührt - stark schuttbedeckt - den Talboden des Val Veny, der Glacier de la Brenna den des Val Ferret. Deren Flüsse Doire du Val Veny und Doire du Val Ferret vereinen sich zum Hauptfluss Dora Baltea/Doire Baltée, der das Aostatal von hier nach Westen durchschneidet und erst bei Saint-Vincent nach Südosten abknickt.

Für die folgenden Gebirgsgruppen ist ein permanenter Wechsel zwischen Sedimentgesteinen (Bündnerschiefer, Glimmerschiefer) und Kristallingesteinen typisch. Im Norden liegen die Alpi del Vallese/Alpes Valaisannes/Walliser Alpen. Zu deren zahlreichen Viertausendern zählen Dent d'Herens (4.171m), Cervino/Cervin/Matterhorn (4.478m) und Liskamm (4.527m). Ghiacciaio del Lis, Grande Ghiacciaio di Verra, Ghiacciaio di Ventina und Glacier des Grandes Murailles breiten sich an ihren Flanken aus.

Torrente Artanavaz (Valle del Gran San Bernardo) und Torrente Valpelline (Valpelline) verbinden sich im Unterlauf und münden beim Hauptort in die Dora Baltea. Torrente Marmore, Evençon und Lyso fließen in den Nord-Süd-gerichteten Tälern Valtournenche, Valle d'Ayas und Val di Gressoney dem Hauptfluss zu. Lago di Place Moulin, Lago di Cignana und Lac Goillet bilden bedeutende Hochgebirgs-Speicher.

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Aosta (©Pierrot Heritier)

Südlich des Haupttales - in den Alpi Graie/Alpes Grées/Grajischen Alpen - sei zunächst die Rutor-Gruppe genannt (Testa del Rutor/Tête du Rutor: 3.486m). Östlich des Valgrisenche (Dora di Valgrisenche/Stausee Lac de Beauregard) beherrscht die Paradiso-Gruppe die Landschaft - zum Gran Paradiso (4.061m) vergleiche Torino. Ghiacciaio della Tribolazione, Ghiacciaio del Paradiso und Ghiacciaio del Laveciau sind Beispiele der ausgeprägten Vergletscherung. Rhêmes und Savarenche sprudeln in den gleichnamigen Tälern zum Hauptfluss, Grand Eyvia im Val di Cogne.

Der Mont Blanc steht mittlerweile sinnbildlich für unversöhnliche Interessen von Umweltschutz und Tourismusindustrie, so umfasst das Natura 2000-Gebiet Ambienti Glaciali del Monte Bianco gerade einmal 126km². Der 1922 gegründete Parco Nazionale del Gran Paradiso (703km²) stellt dagegen - zusammen mit der Vanoise in Savoie - das größte Nationalparkgebiet Europas dar. Über Kastanien, Flaumeichen und Föhren gedeihen ab 1.000m Rottannen-Lärchenwälder, ab 1.900m bis 2.300m Lärchen-Zirbenwälder, Rhododendren und Heidelbeeren. Unter den seltenen Pflanzen werden Himmelsherold, Halbkugelige Teufelskralle, Zarter Enzian, Gold-Mannsschild oder Fels-Primel beobachtet (zur Fauna: vergleiche Torino). Erwähnenswert sind ferner der Naturpark Monte Avic sowie die Natura 2000-Gebiete Monte Rosa und Gran San Bernardo. Mit 2.000 Arten beherbergt das Valle d'Aosta 40% der Pflanzenwelt Italiens.

Die abgeschirmte Lage bewirkt im Haupttal relativ trockenes Klima - Aosta (583m) misst 545mm Jahresniederschlag, und steppenartige und (sub)mediterrane Vegetation breitet sich aus. Das astronomische Observatorium in Saint-Barthélemy nahe Aosta misst jährlich 2.136 Sonnenstunden. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Aosta 10,5°C, die Gebirgstäler und Hochgebirge bleiben dagegen kalt und feucht (Großer Sankt Bernhard (2.472m): -1,3°C/2.336mm). Wie sonst sollten die über 200 Gletscher der Region genährt werden.

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Alpenpass Großer Sankt Bernhard (2.469m) (©Alpes-Images (alpes-images.ifrance.com))
Die Bevölkerung konzentriert sich im Haupttal und dort vorwiegend im Hauptort. Dieser Umstand relativiert die insgesamt geringe Bevölkerungsdichte von 38 Einwohnern pro km². Der Zuzug hält seit Jahrzehnten sowohl im Haupttal als auch in den touristisch geprägten Berggemeinden an. Das BIP/Kopf liegt bei 26.884 € - Rang 31 alpenweit - die Arbeitslosigkeit bei 3,2%. Gravierende Probleme verursacht die Hauptverkehrsachse, welche die Gesamtlast der Transitrouten Richtung Großer Sankt Bernhard und Mont Blanc-Tunnel trägt.

Die Dienstleistungen bieten 66% aller Arbeitsplätze, insbesondere in Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Hotel- und Gaststättengewerbe, Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung sowie Gesundheits- und Sozialwesen. Der Zweite Sektor schafft 29% der Stellen, überwiegend in Bauwesen, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung sowie Maschinenbau.

Der Tourismus findet in weltbekannten Destinationen seinen Höhepunkt. Courmayeur bietet als "heimliche Hauptstadt der Alpinisten" 36km Pisten unter dem "Dach der Alpen". In La Thuile stehen 150km Piste und 38 Lifte zur Verfügung. Breuil-Cervinia schafft die Verbindung zu Zermatt im Valais/Wallis (22 Lifte bis 3.480m/150km Piste), Gressoney mit Alagna-Valsesia in Vercelli. Hier und in weiteren 20 Skigebieten der Region stehen mittlerweile an die 1.000 Schneekanonen - eine ökologisch bedenkliche Tatsache, ebenso wie Heliskiing oder die Ausbreitung von Golfplätzen in hochgelegenen Alpentälern (Courmayeur). Sportlich bleiben zu keiner Jahreszeit Wünsche offen, Thermen besitzen Pré-Saint-Didier und Saint-Vincent, letzteres auch ein Spielcasino.

Über 100 mittelalterliche Burgen und Schlösser fädeln sich bei einer Fahrt durch das Aostatal wie Perlen auf eine Schnur, wobei zumindest das wuchtige Castello Fenis (ab 13.Jh.) mit kunstvollen Innenhof-Wandmalereien, Castello di Verrès (14.Jh.) und Castello di Saint-Pièrre (ab 11.Jh./Naturkundemuseum) unbedingt zu besichtigen sind. Aosta begeistert als "Roma delle Alpi" durch römische Kunstschätze wie Augustusbogen und Stadtmauer beziehungsweise im Museo Archeologico. Auf frühchristlichen Überresten wurden im 9.Jh. die Chiesa Sant'Orso - imposant sind Chorgestühl, Krypta und Kreuzgang - und im 11.Jh. die Kathedrale neu geschaffen.

Feierlaune verbreiten die Sagre des Aostatals, darunter "Sagra della frutta" in Fénis (Früchte-Fest), "Sagra della Fiocca" in Avise (Schlagsahne-Fest), "Sagra del Lardo di Arnad" in Arnad (Lardo-Speck-Fest) oder "Sagra delle castagne" in Donnas (Kastanien-Fest). Als Spezialitäten gelten die Käsearten "Fontina" und "Toma di Gressoney". Kenner schätzen unter den autochthonen Reben Petit Rouge, Vien de Nus, Neyret und den DOC-Wein Donas aus Nebbioloreben. Die Foire de Saint Ours in Courmayeur vermittelt Einblicke in lokale Handwerkskünste, etwa der Leder- und Specksteinbearbeitung, Schnitzerei, Korb- und Tuchwarenherstellung. Folkloregruppen und Musikkapellen halten traditionelle Gebräuche und Tänze lebendig.

Geschichtliches

Der Große Sankt Bernhard wird seit fünf Jahrtausenden begangen. Im 5.Jh. v.Chr. siedelten keltisch-ligurische Salasser in der Region, die erst 25 v.Chr. gegen die Römer kapitulierten. Diese gründeten "Augusta Praetoria" (Aosta) und verbesserten die Infrastruktur Richtung Gallien. Im 5.Jh. entstand der Bischofssitz in Aosta. Goten und Franken nutzten die Passstraßen und übernahmen die Macht, es folgten Langobarden und die Herzöge Burgunds. Ab 1032 war das Haus von Savoyen tonangebend, das den lokalen Adelsfamilien jedoch bereits 1191 Autonomierechte zugestehen musste. Jene erbauten Burgen und Schlösser, und reiches kulturelles Leben setzte ein. Die Kirche stand keinesfalls nach und errichtete zahlreiche Klöster und Sakralbauten.

Im 16.Jh. verflachte der Handel, 1630 hielt die Pest Einzug, 1691/1704-1706 besetzten die Franzosen den Landstrich, und auch Napoleon okkupierte ihn vorübergehend. Während der Belle Époque begann der Thermentourismus. Viele französischsprachige Talbewohner wanderten aus, als die Faschisten umfassende Italianisierungsmaßnahmen durchsetzten. Der Partisanenwiderstand fiel dafür umso heftiger aus, wofür der Region später höchste militärische Ehren zuteil wurden. Um Sezessionsbestrebungen abzuschwächen, erhielt das Aostatal 1945 den Status einer autonomen Region - verbunden mit speziellen politisch-administrativen Zuständigkeiten und finanziellen Vorteilen. Italienisch sprechen heute 72% der Bevölkerung, Französisch (Frankoprovençalisch) 16% - beide sind Amtssprachen. Nicht zu vergessen ist das Walserdeutsch im Val di Gressoney.

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