NUTS-3 Region Bern (Schweiz)
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Bern ist flächen- wie bevölkerungsmäßig eine der größten alpinen Nuts-3-Regionen. Ihr Territorium erstreckt sich vom Faltenjura über das Mittelland bis zur Alpenregion. Der Schweizer Kanton liegt damit in seiner südlichen Hälfte auf Alpenkonventionsgebiet. Den mit kilometerlangen Gletschern bedeckten Hauptkamm der Berner Alpen überragt das Finsteraarhorn (4.274m) als einer von neun Viertausendern. Eiger (3.970m), Mönch (4.107m) und Jungfrau (4.158m) nehmen jedoch alpingeschichtlich herausragendere Positionen ein. Am Nordrand des Aarmassivs gelegen, wurde die kristalline Masse nach Norden über mesozoische Sedimente geschoben. Die Jungfrau ruht deshalb auf einem kristallinen Sockel, darüber folgen Kalkdecken und Magmatite. Der Eiger dagegen besteht vollständig aus Kalk. Da die Berner Alpen die zweitgrößte Gletscherfläche der Alpen aufweisen, können Kanderfirn, Oberer und Unterer Grindelwaldgletscher, Ober- und Unteraargletscher, Gauligletscher und Glacier de la Plaine Morte nur stellvertretend genannt sein. Die Berner Alpen werden von acht BLN-Gebieten und einigen Jagdbanngebieten überzogen, zum 539km² großen Unesco-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn vergleiche Valais/Wallis. Sustenhorn (3.503m) und Titlis (3.238m) als Teile der Urner Alpen im Südosten sind von Triftgletscher, Steingletscher und Wendengletscher eingehüllt (vergleiche Uri). Richtung Norden nehmen die Gipfelhöhen rasch ab. So erreicht das Brienzer Rothorn als höchster Gipfel der Emmentaler Alpen 2.349m (vergleiche Luzern), Hohgant (2.163m) und Niederhorn (1.949m) sind noch niedriger. Die beiden Moorlandschaften Habkern/Sörenberg (86km²) und Rotmoos/Eriz (36km²) entstanden auf wasserundurchlässigen Flyschschichten und bilden Moore von nationaler Bedeutung. Wollgras, Sonnentau, Moosbeer- und Heidelbeersträucher sowie Rosmarinheide gedeihen hier. Wachtelkönig, Schneehuhn und Steinbock sind die faunistischen Höhepunkte. Westlich des Thunersees finden die Freiburger (Vor)Alpen in Gantrisch (2.175m) und Stockhorn (2.190m) ihre letzten Ausläufer (vergleiche Fribourg/Freiburg). Die Moorlandschaft Gantrisch umfasst 45km².
Stolze 18% des Schweizer Holzvorrats stehen im Kanton Bern, der auf insgesamt 28% seiner Fläche von Wäldern bedeckt wird. Nadelbäume, speziell Fichte und Tanne, machen davon über drei Viertel aus, in Laubwäldern dominiert die Buche. Der Verlauf der Aare, des längsten ausschließlich Innerschweizer Flusses, reflektiert die große Nord-Süd-Ausdehnung Berns. Sie entspringt dem Aaregletscher im Grimselgebiet im Südosten und fließt über das Haslital in Brienzersee und Thunersee, um, immer Richtung Nordwesten, Bern zu passieren und schließlich in den Bielersee/Lac de Bienne und aus dem Kanton zu strömen. Von rechts fließen der Aare Gadmerwasser, Zulg und Emme zu, von links sind es Lütschine, Kander, Gürbe und Saane/Sarine. Zu den wichtigsten Gebirgsstauseen gehören Grimselsee, Oberaarsee, Gelmersee und Räterichsbodensee. An den Ausmaßen von Brienzersee und Thunersee lassen sich die Kräfte der eiszeitlichen Gletscher nachvollziehen: sie sind maximal 260m/217m tief, 14km/18km lang, 3km/3,5 breit, 30km²/48km² groß und umfassen ein Volumen von 5,2/6,5 Mrd. m³. Zwischen den mittleren Jahrestemperaturen am Bielersee (429m) bei zirka 7 bis 9°C und denen am Finsteraarhorn (4.274m) mit -10°C liegen Welten. Im Jura fallen übers Jahr 1.200-1.600mm, im Mittelland 1.000-1.400mm und in den Berner Alpen 2.000-3.000mm Niederschlag. 161 Einwohner pro km² leben in der Region. Das Mittelland, insbesondere um die Agglomerationen Bern, Biel/Bienne und Thun, ist wesentlich dichter besiedelt. 35.590 € beträgt das BIP/Kopf, womit man sich alpenweit auf dem hervorragenden 15. Rang einreiht. Nur 2,8% der erwerbsfähigen Bevölkerung sind arbeitslos. 9% arbeiten im Ersten Sektor, 25% im Zweiten Sektor - vor allem in Baugewerbe, Maschinenbau, Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen sowie Papier-, Verlags- und Druckgewerbe. In Biel, der "Weltmetropole der Uhrenfabrikation", nehmen Firmen wie Rolex, Omega und Swatch eine Sonderrolle ein. Tertiäre Branchen stellen 66% des Berufsangebots: Ganz vorne liegen Verkehr und Nachrichtenübermittlung (Hauptsitze der größten Eisenbahngesellschaften, Postauto und des führenden Schweizer Telekommunikationsunternehmens Swisscom), Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen sowie Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung (Hauptstadtfunktion). Nachdem bereits Goethe die Naturschönheiten des Berner Oberlands beschrieben hatte, läuteten die Eröffnung des Wetterhornlifts als erster Schweizer Seilbahn 1908, der Jungfraubahn 1912, und die Erstdurchsteigung der Eiger-Nord(west)wand 1938 durch die deutsch-österreichische Seilschaft Harrer, Heckmair, Kasparek, Vörg die touristische Ära ein. Jungfraujoch bleibt auf 3.454m bis heute der höchste Bahnhof Europas. Zwischen 1935 und 1995 besaß Grindelwald mit der "Funi" - einer Standseilbahn auf Schneeunterlage ohne Schienen - eine weitere Besonderheit. Die Wintersportgebiete Meiringen-Hasliberg, Betelberg, Zweisimmen, Adelboden-Lenk, Gstaad, Grindelwald, Mürren und Kandersteg entführen auf hunderten Pistenkilometern in ein Winterparadies, das jedem Vergleich standhält. Viele internationale Wettbewerbe werden hier ausgerichtet, so alljährliche Ski-Weltcup-Rennen. Endlos sind die Langlaufloipen und Winterwanderwege inmitten der herrlichsten Landschaften der Alpen, und eine Beschreibung der möglichen Sommersportarten sprengt ebenfalls jeden Rahmen. Schluchten und Trogtäler, Wasserfälle, Bergseen, Almwiesen und Gletscherpanoramen locken aber natürlich auch wahre Naturfreunde an. Weiterhin pflegt man das Brauchtum mit Alphorntreffen, Schwing- und Älplerfesten oder Hornschlittenrennen. Die Altstadt Berns mit ihren Arkaden und mittelalterlichen Brunnen zählt zum Unesco-Weltkulturerbe. Der barocke Predigtsaal der Heiliggeistkirche (1729), Kleine und Große Schanze, Bundeshaus (ab 1857), Münster Sankt Vinzenz (ab 1421) und die Hauptgassen sind besonders sehenswert. Als hervorragende Museen gelten das erst 2005 eröffnete Zentrum Paul Klee, das Kunstmuseum und das Historische Museum. Auf dem Schlossberg in Thun steht das imposante Zähringer Schloss (12.Jh.), die Stadtkirche (ab 13.Jh.) vereint Kunstwerke aus vielen Epochen. Im Emmental begeistern Bauernhäuser mit Walmdächern, Käsebetriebe und die seit dem 17.Jh. bekannten Töpferwaren. Das Simmental ist mit seinen Kirchen ein lebendiger Spiegel der Glaubenskämpfe des 16.Jhs. Berner Restaurants verwöhnen den Gaumen mit "Berner Märitsuppe", "Ämmitaler Kartoffelchueche" oder "Gsteiger Späckbiri" (Eintopf). Weine, vom Blauburgunder über Regent bis zum Chasselas, reifen vorwiegend an den Ufern von Bieler- und Thunersee. Der Emmentaler Käse ist heute weltweit in aller Munde.
Geschichtliches
Erste Siedlungen auf der Engehalbinsel nördlich von Bern werden in die La-Tène-Zeit datiert. In der Provinz Obergermanien verschmolzen die Kulturen der keltischen Helvetier und Römer. Im 7.Jh. zogen Alemannen in das Gebiet östlich der Aare, die Burgunder lebten im Westen. Sie waren Teil des Frankenreichs und bauten ihren Einfluss kontinuierlich aus. 1032 fiel die Region in deutsche Hände, 1191 gründete der Zähringer Berthold V. die Stadt Bern, die er nach einem Bärengefecht benannte. Die bald reichsfreie Stadt begab sich unter das Protektorat des Hauses Savoyen (vergleiche Savoie), was schweren Disput mit den Habsburgern nach sich zog. Sodann folgten meist siegreiche Schlachten, Gebietszukäufe und letztlich die ewige Verbindung mit den Waldstätten 1353. Lange bildeten die Berner Alpen unbekanntes Territorium, nur in einzelnen Passregionen betrieben Alemannen Alpwirtschaft.
Gemeinsam mit Zürich bildete Bern die Speerspitze der Reformation und man beendete mit dem präzise geführten Toggenburgerkrieg 1712 die Dominanz der katholischen Orte in der Eidgenossenschaft (vergleiche Sankt Gallen). Die ruhmvolle Zeit festigte den Einfluss der Aristokratie dermaßen, dass jede Neuerung mit Härte verhindert wurde. Zu Zeiten der Aufklärung entzündete sich so ein sozialer Sprengsatz und die französische Übermacht zerrieb Adel und Kantonsgebiet. Nach der Helvetik erhielt Bern Gebiete zurück und orientierte sich demokratisch. Komplizierte Verhandlungen brachten 1848 einen typisch eidgenössischen Kompromiss hervor: Bern wurde zur "Bundesstadt" erklärt und ist heute faktisch, nicht aber rechtlich, Hauptstadt der Schweiz. | |||||||||||||||||||