Tirol Atlas Archive

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NUTS-3 Region Vaud (Schweiz)

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Steckbrief
Hauptort: Lausanne447m
Höchste Erhebung: Sommet des Diablerets3210m
Gemeinden378
Bevölkerung654093
Fläche3212 km²
Bevölkerungsdichte204 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Bern, Fribourg/Freiburg, Haute-Savoie, Valais/Wallis
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Changins (430 m): ø 9.5 °C / Σ 954mm
Château-d'Oex (985 m): ø 6.1 °C / Σ 1366mm
La Dole (1670 m): ø 3.2 °C / Σ 1886mm
La Frêtaz (1202 m): ø 5.3 °C / Σ 1274mm
Montreux-Clarens (405 m): ø 10.1 °C / Σ 1379mm
Payerne (490 m): ø 8.4 °C / Σ 846mm
Pully (461 m): ø 10.0 °C / Σ 1116mm
 

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Weinanbau an den Hängen bei Saint Saphorin am Genfersee (©Pierrot Heritier)
Was haben Igor Stravinsky, Charlie Chaplin und Phil Collins gemein? Sie alle entschieden sich im Laufe ihres Lebens für den Wahlwohnsitz Vaud, der im Deutschen auch unter "Waadt" oder "Waadtland" bekannt ist.

Eingebettet zwischen Lac de Neuchâtel/Neuenburgersee, Jura (Mont Tendre: 1.678m), Lac Léman/Genfersee und Alpen liegt eine der größten und offenbar attraktivsten Nuts-3-Regionen der Eidgenossenschaft, zu der die Exklaven Avenches und Céligny ebenso gehören.

Die (Pré)Alpes Fribourgeoises/Freiburger (Vor)Alpen (vergleiche: Fribourg/Freiburg) finden kantonal ihre höchsten Erhebungen im Vanil Noir (2.389m), die Alpes Vaudoises/Waadter Alpen in Gummfluh (2.458m) und Tour d'Aï (2.331m). Die Alpes Bernoises/Berner Alpen stehen mit Dent de Morcles (2.968m), Grand Muveran (3.051m) und Les Diablerets (3.210m) überragend im Hintergrund (vergleiche: Bern). Letztgenanntes Massiv ist mit den Gletschern Glacier des Diablerets und Glacier Tsanfleuron überzogen, deren Hauptfläche allerdings bereits im Valais/Wallis liegt.

Vier BLN-Zonen und drei Jagdbanngebiete bedecken weite Teile des kantonalen Alpengebiets. Pro Natura versucht dort etwa, am Nordhang des Diableretsmassivs Großerschließungsmaßnahmen durch Militär und Tourismusindustrie zu vermeiden. Die Moorlandschaft Col des Mosses/La Lécherette umfasst einige wertvolle alpine Nieder- und Hochmoore (16km²).

Die westliche Jurazone rund um den Lac de Joux ist ebenfalls BLN-Gebiet (268km²). Die Réserve des Gorges de l'Orbe bewahrt die thermophilen Wälder auf der südexponierten Seite der Orbeschlucht. Zur heimischen Fauna gehört auch der wieder eingewanderte Biber.

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Uferweg zwischen Chateau Chillon und Montreux am Genfersee (©Pixelio.de)

In den wichtigsten Alpentälern fließen Grande Eau, Hongrin und Sarine/Saane, im Mittelland Venoge, Talent, Thielle und Broye. Den Juraanteil durchzieht die bereits erwähnte Orbe.

Der Neuenburgersee bildet mit maximal 152m Tiefe, 38km Länge, 8km Breite, 218km² Oberfläche und 14 Mrd. m³ Volumen den größten Binnensee der Schweiz und ein wichtiges Ausgleichbecken für die Aare. Die europäische Wasserscheide zwischen Rhein und Rhône verläuft damit mitten auf Kantonsgebiet.

Der Genfersee hingegen ist der zweitgrößte See Mitteleuropas, wobei 60% zur Schweiz, der Rest zum französischen Haute-Savoie gehören. Der eiszeitliche Rhônegletscher hinterließ hier eine riesige Mulde, in welcher der maximal 310m tiefe, 73km lange, 14km breite, 582km² große und 89 Mrd. m³ Volumen umfassende See liegt. Das Rhônewasser benötigt für den Durchfluss von Ost nach West über 11 Jahre. Direkt am Ostufer des Genfersees bewahrt die Réserve de Grangettes (60km²) Niedermoore, Sumpfwälder und alte Mäander der Rhône. In diesem international anerkannten Ramsargebiet treten von den zirka 385 in der Schweiz bekannten Arten der Avifauna stolze 265 auf. Über 70 davon nisten hier regelmäßig, wie etwa Eisvogel, Flussseeschwalbe, Feldschwirl, Haubentaucher oder Orpheusspötter.

Die Jahresmittel der Temperatur liegen im Jura zwischen 4 und 6°C, an den Gestaden des Genfersees bei 10 bis 11°C, um dann auf den Alpengipfeln wieder bis unter - 4°C abzusinken. Die Niederschläge entlang derselben Linie schwanken zwischen 1.400-2.000mm, 1.000-1.200mm und 1.500-2.200mm. Die Messungen für Lausanne zeigen Jahreswerte von 10,8°C und 1.086mm bei bis zu 2.000 Sonnenstunden.

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Gondelbahn auf den Tour d'Aï (2.331m) im Skigebiet von Leysin (©Leysin Tourisme, José Crespo)
Das im Wappen zementierte Motto "Freiheit und Heimat" prägt offensichtlich die Gesinnung, da die Ausländerrate etwa 40% beträgt und gleichzeitig, bei relativ hoher Bevölkerungsdichte von 204 Einwohnern pro km², ein hoher Sicherheitsstandard erreicht wird. Mit 40.047 € BIP/Kopf belegt Waadt unter allen Alpenregionen einen phantastischen 5. Rang. Besondere Dynamik entfalten der Großraum Lausanne sowie die Agglomerationen Montreux-Vevey, Yverdon-les-Bains und Nyons. Dabei ergeben universitäre Nähe, höchstqualifiziertes Personal sowie spürbare Lebensqualität eine fruchtbare Symbiose.

Im Waadtland ist die Position des Dienstleistungssektors mit 73% aller Arbeitsplätze beherrschend, wobei Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Erziehung und Unterricht sowie Hotel- und Gaststättengewerbe zu den wichtigsten Branchen zählen. Mit nur 21% der Stellen präsentiert sich der Sekundäre Sektor schwach - Baugewerbe, Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen sowie Maschinenbau sind vorwiegend vertreten. 6% der Erwerbstätigen finden ihr Auskommen im Primären Sektor.

Les Diablerets preist sich seines Ganzjahresskigebiets, das allein auf dem Gletscher 25km Piste aufweist. Die Liftanlagen sollen hier in naher Zukunft komplett mit Solarenergie betrieben werden. Die an den Gstaader Skizirkus angeschlossenen Chateau d'Oex und Rougemonte (vergleiche Bern) oder die Wintersportregionen Leysin, Villars Roc-d'Orsay und Chaux à Gryon/La Barboleuse haben Volkskultur und Charme weitgehend bewahrt. Hier sieht man noch echte Holzschnitzer, und die Tracht wird nicht nur an Feiertagen getragen. Auch Langlauf wird gepflegt, was ebenso für den Waadtländer Jura gilt. Dort bieten Herbergen und Bauernhöfe "le gîte et la table" und sind ausgezeichnete Ausgangspunkte für Wanderungen und Radtouren.

Im Jura liegt mit der weltberühmten Musikdosenherstellung in Sainte-Croix auch ein kulturelles Highlight, beschaulich ist das Bergdorf Saint-Cergue. In Avenches findet das Opernfestival in der Arena Anklang, in Payerne die 962 gegründete romanische Abtei. Sehenswert sind die Klosterkirche in Lutry am Genfersee (14.Jh.) und das pittoreske Weindorf Cully. Die Schwefelthermen von Yverdon-les-Bains waren schon den Römern ein Begriff, das Schloss der Savoyischen Herzöge (13./19.Jh.) ist heute ein Museum. Die Altstadt von Lausanne mit der frühgotischen Kathedrale Notre-Dame (1173-1876), den diversen Museen und herrlichen Blicken über den See Richtung Alpen wurde von der Tourismuswirtschaft ohnehin längst entdeckt.

Vaud ist nach dem Valais/Wallis zweitgrößter eidgenössischer Weinhersteller. Unter den weißen Trauben stechen Chasselas, Chardonnay, Grauburgunder und Gewürztraminer heraus, unter den roten Blauburgunder und Gamay. Zu den typischen Rhônereben gehört Viognier, zu den savoyischen Mondeuse. Relativ junge Kreuzungen sind Gamaret und Garanoir. Die lokale Küche bringt "Fricassée à la Vaudoise", "Papet Vaudois" und die Waadtländer "Saucissons" (Würste) hervor.

Geschichtliches

Das milde Klima am Genfersee lockte bereits in der Steinzeit die ersten Siedler an, denen die Kelten folgten. Die Römer schufen an der Stelle des heutigen Hauptorts das Militärlager "Lousanna" (Provinz Germania Superior). Im Kanton verliefen mehrere Hauptstraßen, unter anderem die Richtung Provinz Alpes Graiae und Großer Sankt Bernhard (vergleiche Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste). Um 260 wurde der römische Vicus von Alemannen zerrieben, was die Verlegung der Siedlung auf einen nahen Hügel zur Folge hatte. Im 6.Jh. entstand dort eine Kirche und Bischof Marius gründete das Bistum Lausanne. Zwischen 888 und 1032 gehörte Lausanne zum Königreich Hochburgund, danach florierte es als Zentrum der weltlichen Herrschaft der Bischöfe.

Im 13.Jh. unterstützten die Grafen von Savoyen (vergleiche Savoie) die zuvor weitgehend rechtlose Bürgerschaft. 1476 fielen die Burgunder ein, anschließend plünderten die Eidgenossen die Stadt. Nach erfolgreicher Reformation folgte die teils blutig bekämpfte Bernische Herrschaft. Aigle im Rhônetal verdankte seinen Aufschwung im 18.Jh. vorwiegend den Salzvorkommen. Als Folge der Waadtländer Revolution 1798 wurde Lausanne Hauptstadt des neu errichteten Canton du Léman, ab 1803 des Kantons Waadt. Die rasche Industrialisierung führte zu wirtschaftlicher Blüte und die Stadt wuchs stark an. 1932 legte die Konferenz von Lausanne die deutschen Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg fest. Zurück bleibt aus dieser bunten Vergangenheit heute ein französischsprachiger, überwiegend protestantischer Kanton als Teil der kulturell eigenständigen Romandie - ein kosmopolitisch geprägter Lebens- und Wirtschaftsraum.

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