Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Bad Tölz-Wolfratshausen (Deutschland)

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Steckbrief
Hauptort: Bad Tölz658m
Höchste Erhebung: Scharfreiter2102m
Gemeinden21
Bevölkerung120633
Fläche1111 km²
Bevölkerungsdichte109 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Tiroler Unterland, Weilheim-Schongau
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Attenkam (672 m): ø 7.5 °C / Σ 1110mm
Bad Tölz (640 m): ø 7.2 °C / Σ 1469mm
 

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Walchensee, dahinter Fischberg (1.164m) und die Jachenau (©Lars Keller)
"Schmale Landsträßlein, die durch grüne Hügel verlaufen. Hinter uralten Laubbäumen ein Waldsee, der in der Sonne glitzert. Am Ufer ein gemütlicher Biergarten, in dem es nach frischen Brezen duftet. Und im Hintergrund ein weißer Zwiebelturm vor scharfgezackter Hochgebirgs-Silhouette, die Lust auf einen Gipfelsturm macht." So beschreibt die Tourismuswerbung das Tölzer-Land, und in der Tat bietet Bad Tölz-Wolfratshausen eine wahre Idylle für Einheimische und Urlauber.

Wie alle alpinen Nuts-3-Regionen Deutschlands liegt auch Bad Tölz-Wolfratshausen voll auf Alpenkonventionsgebiet. Das im einleitenden Zitat angesprochene Hochgebirge bezieht sich auf das Bergmassiv des Karwendels, das im Süden am Scharfreiter bei 2.102m den höchsten Punkt des oberbayerischen Landkreises bildet. Dabei gehören die Berge eigentlich noch zum relativ niedrigen Vorkarwendel. Einen kleinen Anteil hat Bad Tölz-Wolfratshausen auch am 920km² großen Alpenpark Karwendel, der sich von hier über Garmisch-Partenkirchen bis in die Region Innsbruck erstreckt. Auch Natura 2000-Flächen sind gemeldet.

Jenseits des Isarlängstals erhebt sich das stark bewaldete Mittelgebirge um Altlacher Hochkopf (1.328m) und Staffel (1.532m), bevor es hinunter ins abgelegene Tal der Jachenau geht. Die Libellenart Helm-Azurjungfer, Alpensalamander und Gelbbauchunke sind dort faunistisch zu erwähnen, in der Flora bilden Kriechender Scheiberich, Wilder Frauenschuh und Torfglanzkraut herausragende Arten.

In einer tektonisch bedingten Synklinale liegt der türkis schimmernde Walchensee, einer der tiefsten und größten deutschen Alpenseen (maximal 190m tief, 7km lang, 5km breit und etwa 16km² groß). Anthropogener Entstehung ist der Sylvensteinspeicher mit 125 Mio. m³ Speicherraum, der sich fjordgleich nördlich des Karwendels erstreckt und zur Wassersicherung sowie Stromgewinnung dient. In Trockenzeiten taucht der einst überflutete Ort Fall geisterhaft wieder auf.

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Marktstraße in Bad Tölz (©Tourist-Information Bad Tölz)
Gen Norden steigen die Bayerischen Voralpen als weiterer Teil der Nördlichen Kalkalpen wieder höher an. Herzogstand (1.731m), Jochberg (1.567m), Benediktenwand (1.800m), Roßstein (1.698m) und Fockenstein (1.564m) treten dabei voneinander isoliert auf. In den vom Karst geschaffenen Höhlen Angerlloch und Kiensteinloch leben Mopsfledermaus, Wimperfledermaus, Großes Mausohr und Kleine Hufeisennase.

Es folgen die Flyschvoralpen (Zwieselberg: 1.348m) und schließlich das von Moränenhügeln geprägte und von Weihern, Seen und Mooren durchtränkte Alpenvorland. Den rapiden Übergang zwischen Voralpen und Alpenvorland erkennt man besonders schön am Kochelsee. Geformt vom Loisach-Isar-Gletscher während der letzten Eiszeit, verlandet heute seine nördliche Alpenvorlandsseite zusehends in Form eines Hochmoors (37km²/Natura 2000). Auf der Nordseite strömt die Loisach zu, von Süden stürzt Isarwasser in Trinkwasserqualität über große Rohrleitungen aus dem Walchenseekraftwerk. Der See besitzt nur 6km² Oberfläche, jedoch ist er 66m tief. Informationen zum Starnberger See im Nordwesten können in der Beschreibung der Nachbarregion Weilheim-Schongau nachgelesen werden.

Hydrologisch prägend sind auch die bereits erwähnten Flüsse Loisach und Isar, die die Region von Süd nach Nord durchziehen. Im Naturschutzgebiet Pupplinger Au vereinigen sie sich inmitten herrlicher Auwälder. Einige typische Isarfische, wie Wels oder Huchen, sind in ihrer Existenz bedroht, dafür werden nach wie vor Biberspuren entdeckt. Zur Avifauna zählen Eisvogel, Flussläufer, Flussregenpfeifer oder Graureiher. Erdkröte, Zauneidechse, Kreuzotter und Ringelnatter bevölkern die Ufer zwischen Alpenleinkraut, Silberwurz, Wacholder und Kiefer.

Die mittleren Jahrestemperaturen liegen in Bad Tölz auf 640m bei 7,2°C, die Niederschläge bei hohen 1.469mm. Im direkt am Alpenrand gelegenen Kochel erhöhen sich diese sogar auf 1.770mm und im umliegenden Gebirge deutlich darüber hinaus. Dennoch erfreuen sich die Tölzer an 1.693 Sonnenstunden jährlich.

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Hochwasser der Isar bei Fall während des Alpenhochwassers im August 2005 (©Lars Keller)
Die Bevölkerungsdichte der Nuts-3-Region beträgt gegenwärtig 109 Einwohner pro km² - Tendenz, vor allem durch Zuzüge, steigend. Die Bewohner des Landkreises erwirtschaften 23.147 € BIP/Kopf (Rang 62 alpenweit), die Arbeitslosigkeit wird mit 5,6% angegeben.

Handel und Instandsetzung führen die Dienstleistungsberufe (66% der Arbeitsplätze) an, dahinter folgen Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung. In der Industrie (30% aller Stellen) dominiert Maschinenbau vor Baugewerbe, Herstellung chemischer Erzeugnisse, Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten sowie Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung.

Touristisch bietet sich eine bunte Mischung aus Kultur, Natur und Sport. An und auf der Isar bis Wolfratshausen locken Kiesstrände und Floßfahrten mit Blasmusik, am Starnberger See bei Münsing flache Sandstrände. In Eurasburg verschafft der Golfplatz Erholung, in Bad Heilbrunn der Klettergarten und die Kuranlagen. In Kochel baden die Gäste im See oder im Erlebnisbad Trimini. Der Walchensee gilt als Geheimtipp unter den Surfern, während man 1.000m höher wandert, in die Mountainbikepedale tritt oder am Herzogstand Ski fährt. Der Luftkurort Lenggries bietet - als Heimat populärer Skirennläuferinnen - am Brauneck sogar 18 Bergbahnen und Lifte, 34km Piste sowie 112km Loipe. 35km werden in der Jachenau gespurt. Mit viel Liebe präpariert man die Pisten und Rodelbahnen am Blomberg bei Wackersberg, der auch Deutschlands längste Sommerrodelbahn besitzt.

Benediktbeuern strahlt mit seinem 939 n.Chr. gegründeten Kloster (Liköre!), den Bauernhäusern und deren Blumenbalkonen und Gärten oberbayerischen Charme pur aus. In Kochel lohnen Besuche des Franz Marc Museums oder des Walchenseekraftwerks. In Sachsenkam locken der Kirchsee und der Biergarten von Kloster Reutberg (Gründung 1618). Auch in den letzten Winkeln, etwa um Dietramszell oder Egling, warten stuckbesetzte Kapellen und versteckte Einsiedelhöfe auf ihre Entdeckung. Bad Tölz selbst punktet mit Kurviertel, dem Bad Alpamare, dem bekannten Knabenchor sowie seiner mit vielfarbigen Lüftlmalereien versehenen Marktstraße aus dem 17.Jh. Hoch über der Stadt thront die Leonhardikapelle auf dem Kalvarienberg, das Ziel jeden Leonhardi-Rittes, der zu den Höhepunkten im Jahresgang des Brauchtumskalenders gehört.

Das Gaißacher Holzschlittenrennen oder die Johannifloß-Prozession sind mindestens ebenso einzigartig. Der bäuerlichen Tradition entspringt das einfache aber schmackhafte Gericht des "Bröselhafers". Äußerlich den Allgäuer Spätzle ähnelnd (vergleiche Oberallgäu), entpuppt sich der Inhalt jedoch schnell als Kartoffelteig, zu dem - je nach Geschmack - lieber Sauerkraut und Würste oder eben Apfelmus kredenzt werden...

Geschichtliches

Siedlungstätigkeiten lassen sich von der Steinzeit über Urnenfelder- und Hallstattkultur bis zur La-Tène-Zeit nachweisen. Mit dem Jahr 15v.Chr. begann die Romanisierung der Kelten, der Name "Tolnze" wird aber erst im 12.Jh. urkundlich genannt. Im Schutz der damals entstehenden Burgen ließen sich Flößer nieder, die bis nach Budapest Handel trieben. Das Marktrecht erhielt Tölz 1331 von Ludwig dem Bayern zugesprochen. 1453 erschütterte ein großer Brand den Ort. In der ersten Hälfte des 17.Jhs. plagten 30-jähriger Krieg und Pest die Gegend, 1705 verloren viele heimische Bauern in der Schlacht bei Sendling als Teil des Spanischen Erbfolgekriegs ihr Leben.

Im 19.Jh. bedrohten erst die Tiroler das Land, und später gerieten die Einheimischen auch noch in kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich. Die Erschließung der Jodquellen am Blomberg 1845 jedoch sollte ein goldenes Zeitalter einläuten, denn schon 1856 begann der Badebetrieb und die Errichtung der Kuranlagen. Seit 1899 darf die Stadt den Titel "Bad" tragen. 1936 wurde hier die erste SS-Junkerschule gegründet, das ehemalige Zwangsarbeiterlager Föhrenwald bei Wolfratshausen diente in Nachkriegszeiten als DP-Lager. Die US-Armee verließ ihre Tölzer Kasernen - dann in bester Freundschaft - erst wieder im Jahr 1993. Bis heute zieht die "Champagnerluft" viele Gäste nach Bad Tölz, das seit 1969 als "Heilklimatischer Kurort" und seit 2006 zusätzlich als "Moorheilbad" ausgewiesen ist.

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