Tirol Atlas Archiv

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NUTS-3 Region Varese (Italien)

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Steckbrief
Hauptort: Varese382m
Höchste Erhebung: Monte Lema1620m
Gemeinden141
Bevölkerung848606
Fläche1199 km²
Bevölkerungsdichte708 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Como, Novara, Ticino, Verbano-Cusio-Ossola
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Castellanza (217 m): ø 13.4 °C / Σ 1023mm
 

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Laveno Mombello am Lago Maggiore (©Immagini tratte dall'archivio fotografico della Provincia di Varese)
Die Vareser beschreiben ihre Heimat als "grünes Taschentuch mit blauen Tupfen", wobei die Farbe Blau von den Seen, das Grün von den Wäldern herrührt. Andererseits präsentiert sich die auf Westlombardisch "Vares" ausgesprochene Provinz auch als äußerst dicht besiedelter Lebens- und Wirtschaftsraum, welcher der Natur kaum noch freie Entfaltungsmöglichkeiten gewährt.

Der Monte Lema (1.620m) eröffnet als höchster Gipfel ein aufschlussreiches Panorama über Varese und seine Nachbarn, die italienische Region Piemont im Westen, das Schweizer Ticino im Norden und Nordosten sowie andere lombardische Provinzen in den anderen Himmelsrichtungen. Die Berge gehören zu den Prealpi Luganesi/Luganer Voralpen, die hier auch als "Prealpi Varesine/Vareser Voralpen" Bezeichnung finden. Gen Süden werden die Gipfel niedriger, etwa am Monte Nudo (1.235m) oder Campo dei Fiori (1.226m).

Unter den kurzen Flüssen und Bachläufen des Berglandes sind Torrente Giona (Val Veddasca), Tresa, Margorabbia (Val Travaglia/Valganna), Rancina und Boesio (Fracce) zu nennen, die sämtlich im Lago Maggiore münden. Am Oberlauf der Margorabbia befinden sich die beiden glazial geformten kleinen Gebirgsseen Lago di Ghirla und Lago di Ganna, der Stausee Lago Delio im Norden liegt auf immerhin 930m Seehöhe.

Das Val Veddasca beherbergt ein 50km² umfassendes Natura 2000-Gebiet, in dem Gämse, Reh, Baummarder, Schneemaus, Dachs und sogar Luchs vorkommen. Auch Zwergfledermaus und Braunes Langohr werden gesichtet. Kornweihe, Wespenbussard, Steinadler und einige Hühnerarten beherrschen die Vogelwelt.

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Casalzuigno - eines der zahlreichen "Paesi Dipinti" (©Immagini tratte dall'archivio fotografico della Provincia di Varese)
Der Lago Maggiore/Verbano/Langensee bildet mit maximal 370m Tiefe, 54km Länge, 10km Breite, 212km² Oberfläche und 38 Mrd. m³ Volumen den zweitgrößten See Italiens. Er gilt ebenso als tiefster See der Schweiz, gleichwohl 80% seines Areals auf italienischem Staatsgebiet, und zwar vorwiegend in den Provinzgebieten von Varese und Verbano-Cusio-Ossola sowie zu geringem Teil von Novara, liegen. Teilweise gehört der Lago di Lugano/Luganer See ebenfalls zur Provinz Varese (vergleiche Ticino).

Der Parco di Campo dei Fiori spiegelt den Übergang von den Voralpen über das Moränenhügelland mit den kleineren Seen Lago di Varese, Lago di Comabbio und Lago di Monate bis hinein in die fruchtbare Pianura Padana/Poebene. Unterhalb 600m wachsen Wälder aus Kastanie, Esche, Linde und Bergahorn, darüber sind Buche und einige Nadelhölzer charakteristisch. Lungenenzian, Bienen- und Fliegenragwurz bilden Höhepunkte der Blumenwelt. Die Palude Brabbia ist als Ramsargebiet gemeldet und damit ein Feuchtgebiet internationalen Ranges.

Der Parco Naturale Valle del Ticino (vergleiche Novara) verläuft entlang des Ticino, die Olona bildet den zweiten großen Alpenvorlandsfluss Richtung Po.

Für Castellanza (217m) im Süden der Provinz veranschaulicht das Klimadiagramm Jahresmittelwerte von 13,4°C und 1.023mm. Cuasso al Monte (537m) in den Vareser Voralpen registriert 1.778 Sonnenstunden jährlich. Mit zunehmender Höhe fallen bis zu 2.000mm Niederschlag, und auch die Temperaturen sinken deutlich. Die Poebene zeigt große Temperaturgegensätze zwischen Sommer und Winter, während der kalten Jahreszeit anhaltende Nebellagen.

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Der Corso Matteotti in der Altstadt von Varese (©Immagini tratte dall'archivio fotografico della Provincia di Varese)
Varese zählt gegenwärtig mit 708 Einwohnern pro km² zu den am dichtesten besiedelten Nuts-3-Regionen der Alpen, doch verlangsamt sich der Zuzug in den letzten Jahren. Gerade der Hauptort Varese selbst kommt nicht mehr an seinen Einwohnerhöchststand in den 1980ern heran. Die größeren Orte am See und im Alpenvorland erfahren ebenfalls mehr oder minder große Abwanderungstendenzen, in den Bergregionen sind die Entwicklungen sehr unterschiedlich. Das BIP/Kopf von 24.623 € bedeutet alpenweit Rang 49, die Arbeitslosigkeit beträgt 5,1%.

Die industrielle Prägung drückt sich in 45% des Arbeitsplatzangebots aus, vorwiegend in Textil- und Bekleidungsindustrie, Bauwesen, Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen (Luftfahrt), Maschinenbau sowie Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten. Der Dienstleistungssektor bietet 54% der Stellen, vornehmlich in Handel und Instandsetzung, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und Nachrichtenübermittlung sowie Erziehung und Unterricht. Seit 1998 teilt sich der Hauptort mit Como die Università degli Studi dell'Insubria.

Die Rolle des Fremdenverkehrs erscheint im alpenweiten Vergleich gering. Wandern, Radfahren und vor allem Schwimmen, Segeln und Windsurfen gehören zum sportlichen Angebot. In guten Wintern werden in Cunardo, Brinzio und am Monte Piambello fast 50km Langlaufloipen in den Schnee gezogen.

Als Unesco-Weltkulturerbe gilt der Sacro Monte di Varese, der während der Gegenreformation erschaffen wurde: Auf der Via Sacra gelangen Pilger über 14 Kapellen bis an die Wallfahrtskirche Santa Maria del Monte (vergleiche etwa Como, Novara oder Vercelli). Als "Paesi Dipinti" werden diejenigen Dörfer bezeichnet, deren Außenwände mit Malereien an alte Zeiten und Traditionen erinnern. Arcumeggia zwischen Valcuvia und Valtravaglia ist sicherlich ein diesbezüglicher Höhepunkt, doch entdeckt man solche Ornamente ebenfalls in Marchirolo oder Valganna. Kulturfreunde besuchen außerdem in Arsago Seprio die romanische Stiftskirche San Vittore mit dem Baptisterium San Giovanni (12.Jh.) und das Museo Civico Archeologico. Die der Madonna della Ghianda geweihte Wallfahrtskirche (ab 13.Jh.) steht nahe Somma Lombardo. Das Bergdorf Castiglione Olona war vor 500 Jahren ein beachtliches kulturelles Zentrum, dessen künstlerischer Wert in den Fresken der Kollegiatskirche bis heute ungeschmälert bleibt. Mit dem Festa della Giobia wird der Winter vertrieben, zu anderen Festen gehören die Karnevalszüge und diverse Musikfestivals.

Einigen Flair strahlt der Hauptort Varese selbst aus, speziell mit der sehenswerten romanischen Taufkirche (12.Jh.) und der Basilica San Vittore (1580-1615). Das Castello di Masnago (15.Jh.) birgt das Museo d'Arte Moderna e Contemporanea, wobei das Thema Kunst noch weitere Museen beherrscht. Besonders die Damenwelt kommt gerne auch zum Einkaufen, immerhin bleibt Varese ein Herzstück der italienischen Schuhproduktion.

Kulinarische Höhepunkte sind Varese-Gorgonzola, Honig aus Laveno-Mombello, Käse aus Luino, Spargel aus Cantello, Kartoffeln aus Uboldo, Mandellikör aus Gallarate und natürlich Fisch aus dem Lago Maggiore. Weine werden in der Provinz meist nur für den Hausgebrauch produziert, der Wein aus Angera ist Weinkennern allerdings ein Begriff.

Geschichtliches

Erste Siedler ließen sich 5000 v.Chr. auf diesem Fleck Erde nieder, ein gallisches Dorf - das spätere Varese - nahm schließlich als Durchgangsstation relevante Ausmaße an. Als Marktplatz wurde es 1068 erstmals urkundlich erwähnt, und auch einige Orte am Lago Maggiore profitierten von der nach Völkerwanderungszeiten verstärkt genutzten Transitroute Richtung Gotthardpass. Nach Plünderungszügen der Nachbarn aus Como blühte der Handel im 13.Jh. erneut auf. 1237 kämpften die Vareser auf Seiten Mailands gegen Kaiser Friedrich Barbarossa, und allmählich entstanden diejenigen bürgerlich autonomen Strukturen, die bis 1766 währen sollten. Dann erhielt die österreichische Kaiserin Maria Theresia das Land als Lehen und verwandelte es in eine Art feudale Vergnügungsstätte mit prunkvollen Empfängen, Paraden und Jagden.

Napoleon machte Varese zum Hauptort des Departements Verbano, 1816 erhielt dieser den Rang einer österreichischen Kaiserstadt. 1859 schlugen die Truppen Garibaldis in Biumo das Habsburgerheer, die Einigung Italiens war nahe. Die Einrichtung des Zugverkehrs nach Mailand 1865 führte zur Blüte von Textil- und Schuhfabrikation, Keramikverarbeitung, Papierindustrie und Karosseriebau. Im Zweiten Weltkrieg bombardierten die Alliierten insbesondere die Brücken über den Fluss Ticino und den Flughafen Malpensa. Mit 22 Mio. Passagieren pro Jahr zeigt sich der mittlerweile als "Milano-Malpensa" bekannte Knotenpunkt heute als wichtigster Flughafen Norditaliens und besitzt folglich hohe ökonomische Bedeutung für die gesamte Region. Die Lage im Parco Naturale Valle del Ticino hat starke Interessenskonflikte zwischen Ausbauplänen und ökologischen Belangen zur Folge.

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