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Standortfaktor Fahrzeit zur nächsten Autobahn

Wie gut ist die Verkehrsanbindung der Tiroler Gemeinden?

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Einfahrt Gewerbegebiet Neu-Rum (© Jan Stirnweis)

Die Karte Standortfaktor Fahrzeit zur nächsten Autobahnauffahrt bietet einen Indikator für die Erreichbarkeit von Gemeinden für den wirtschaftlich relevanten LKW Verkehr. Gemeinden mit längeren Fahrzeiten zur nächsten Autobahn-Anschlussstelle sind wirtschaftlich benachteiligt, weil dadurch Transportkosten steigen und eine geringere logistische Flexibilität gegeben ist. Dieser Nachteil wirkt sich gerade in Zeiten einer hochflexiblen just-in-time Produktion besonders gravierend aus. Demnach ist zu erwarten, dass in diesen Gemeinden die Arbeitsplatzentwicklung weniger dynamisch verläuft wie in Gemeinden direkt an oder nahe bei Autobahn-Anschlussstellen. Allerdings dürfen die Arbeitsplätze in der Tourismusbranche in diese Betrachtung nicht mit eingehen, weil die touristische Arbeitsplatzsituation von der Erreichbarkeit für Schwerverkehr nicht positiv sondern eher negativ beeinflusst wird. Für den Tourismus ist eher entscheidend, ob die Gemeinden überhaupt an das Straßennetz angeschlossen sind, was in Tirol heute flächendeckend der Fall ist.

Die Fahrzeit zur nächsten Autobahnauffahrt ist allerdings nur ein Standortfaktor unter vielen, die die wirtschaftliche Entwicklung der Tiroler Gemeinden beeinflussen. Gerade in der neueren wirtschaftsgeographischen Analyse werden Faktoren, die sich auf die materielle Infrastruktur beziehen, zu der die Autobahnen gehören, als weniger wichtig eingeschätzt. Faktoren, die das Humankapital abbilden, wie z.B. die Ausbildung der Arbeitskräfte oder die Anzahl der anngemeldeten Patente als Indikator für die Innovationsleistung, und "weiche" Standortfaktoren wie der Freizeit- und Wohnwert gewinnen dagegen an Gewicht. Sie sind allerdings nur sehr schwer auf der Gemeindeebene darzustellen.

Signifikante Aussagen liefert die Verknüpfung der Erreichbarkeit der Autobahnen und der Arbeitsplatzentwicklung zwischen 1991 und 2001 nur für die Gemeinden mit einer sehr langen Anfahrtszeit, die über der 60-Minuten-Grenze liegt. Es handelt sich hierbei besonders um die Gemeinden in Osttirol und im hinteren Lechtal. Hier ist tatsächlich eine Schwerpunktverlagerung der Wirtschaft auf die Tourismusbranche und eine starke Monostruktur festzustellen, während die anderen Branchen im Gesamtvergleich schlecht abschneiden. Bei der Zunahme der Gesamtzahl der Arbeitsplätze erreichen aber interessanterweise sowohl Osttirol als auch das Lechtal Werte, die nicht weit hinter dem Nordtiroler Durchschnitt herhinken (anders als bei der Bevölkerungsentwicklung und beim Bruttoregionalprodukt, vgl. Karte Aktiv- und Passivräume). Es ist also nicht zulässig von generell stark benachteiligten Rämen zu sprechen.

Im oberen Vinschgau, das ebenfalls sehr lange Fahrzeiten zur nächsten Autobahn ausweist lässt sich der Effekt nicht beobachten, weil der Tourismus hier im Gleichklang zum Trend in ganz Südtirol eher an Bedeutung verliert. Die Zunahme der Arbeitsplätze zwischen 1991 und 2001, die im Vollbeschäftigungsland Südtirol generell gegeben ist, ist im oberen Vinschgau etwas abgebremst wahrzunehmen. Dies könnte man zum Teil der schlechten Erreichbarkeit zuschreiben. Allerdings profitiert der Vinschgau auch von der Reschen-Bundesstraße, die schon seit langer Zeit eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hat, sodass keine so gravierende Benachteiligung wie in Osttirol und im Lechtal gegeben ist.

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