NUTS-3 Region Verbano-Cusio-Ossola (Italien)
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Verbano-Cusio-Ossola ist mit Höhenlagen zwischen 193m und 4.633m eine Provinz schier unendlicher alpiner Vielfalt, die mit "geräuschloser Schönheit verzaubert" (www.ossola.com). Der erste Namensbestandteil der beinahe ausschließlich auf Alpenkonventionsgebiet gelegenen Nuts-3-Region leitet sich vom "Lago Verbano" ab (=Lago Maggiore/vergleiche Varese), "Cusio" steht stellvertretend für die Gegend um den "Lago di Cusio" (=Lago d'Orta/vergleiche Novara), "Ossola" für das "Val d'Ossola"/Eschental. Die Berge nordöstlich der Linie Divéria-Toce zählen zu den Alpi Ticinesi/Tessiner Alpen, der Bereich um den Monte Leone (3.553m) kann gesondert der Leone-Gruppe zugerechnet werden. Umgekehrt gilt dieser in kleinmaßstäbigeren Alpenabgrenzungen als höchster Punkt der Alpi Lepontine/Lepontinischen Alpen. Die Geologie ist komplex und variiert vorwiegend zwischen altkristallinen Gesteinen und jurassisch-kreidezeitlichen Sedimentgesteinen. Unterhalb von Corno Cieco/Blinnenhorn (3.374m), Punta Arbola/Ofenhorn (3.235m) und Punta del Sabbione/Hohsandhorn (3.183m) an der Grenze zu Valais/Wallis dehnen sich letzte Gletscher aus. Die Schmelzwässer des Ghiacciaio del Sabbione werden auf 2.466m im Stausee Lago di Sabbione zwischengespeichert. Zu den zahlreichen Hochgebirgsseen gehören auch Lago di Toggia, Lago Castel, Lago Sruer und Lago Vannino. Die Ostflanke des Val d'Ossola erreicht am Monte Basodino 3.272m (vergleiche Ticino), nach Süden verringern sich die Berghöhen. Im 108km² großen Parco Regionale dell'Alpe Veglia e dell'Alpe Devero sind zumindest Alpensteinbock, Alpenschneehase, Gämse, Murmeltier, Reh, Rothirsch und Hermelin zu erwähnen. Unter den 42 für Natura 2000 aufgelisteten Vogelarten stehen Zilpzalp, Bergpieper, Erlenzeisig und die Greifvögel Habicht, Sperber, Steinadler und Turmfalke. Der Parco Nazionale Val Grande (113km²) behauptet von sich, "Italiens größte Wildnis" zu sein. Hier wachsen Kastanienwälder, darüber Buche, Weiß- und Rottanne, Rhododendron und Heidelbeere. In den Höhenlagen folgen alpine Matten und Felsvegetation mit Alpenakelei, Alpenlöwenzahn, Später Faltenlilie und diversen seltenen Arten. Die Alpi del Vallese/Walliser Alpen prägen das südwestliche Provinzgebiet. Über das Valle d'Anzasca erreicht man die Monte Rosa-Region (vergleiche Valais/Wallis, Vercelli, Valle d'Aosta/Vallée d'Aoste]). Den Talschluss bildet die über 2.400m hohe Ostwand. Die Punta Dufour/Dufourspitze (4.633m) ist der zweithöchste Gipfel Italiens, wenngleich das Staatsgebiet genau genommen "nur" bis 4.618m hinaufreicht. Der Ghiacciaio del Belvedere/Belvederegletscher zieht weit ins Tal hinab. Die Flüsse der Provinz münden überwiegend im Hauptfluss Toce im Val d'Ossola (Val Formazza im Norden, Val Antigorio im Süden). Von rechts sind das Devero (Val di Devero), Divéria (Val Divedro), Bogna (Bognanco), Ovesca (Val d'Antrona), Anza (Valle Anzasca), von links Isorno (Val d'Isorno) und Melezzo Occidentale (Val Vigezzo). Nach Passieren der Chemieindustrie in Pieve Vergonte ist der Hauptfluss stark mit Schwermetallen belastet. Melezzo und Cannobino (Valle Cannobina) fließen direkt dem Lago Maggiore zu. Der Vergleich der Klimadiagramme von Verbania Pallanza (202m/1.726mm) und Lago di Avino (2.240m/1.324mm) im hinteren Val d'Antrona zeigt die generelle Abnahme der Jahresniederschläge innerhalb der Provinz von Ost nach West - die Tessiner Alpen empfangen bis zu 2.300mm. Die Jahresmitteltemperaturen der genannten Stationen betragen 12,5°C beziehungsweise -0,5°C. In Verbania und Domodossola werden annuell 2.031 respektive 1.555 Sonnenstunden registriert. Heute weist die piemontesische Provinz eine Bevölkerungsdichte von 72 Einwohnern pro km² auf, wobei die Bevölkerungsentwicklung stagniert. Die Einwohnerzahlen der größeren Orte sind sogar rückläufig. Das BIP/Kopf erreicht mit 20.454 € alpenweit nur Rang 77, die Arbeitslosigkeit liegt bei 4,9%. Weit über 60% des Arbeitsplatzangebots schafft die Dienstleistungsbranche, vornehmlich in Handel und Instandsetzung, Gesundheits- und Sozialwesen, Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Erziehung und Unterricht. Im Zweiten Sektor (38% der Stellen) bieten Metallproduktion, -bearbeitung und Herstellung von Metallerzeugnissen, Bauwesen, Maschinenbau, Glasgewerbe, Herstellung von Waren aus Steinen und Erden sowie Papier-, Verlags- und Druckgewerbe die meisten Arbeitsplätze. Bis auf 2.750m gelangen Wintersportler in Macugnaga (35km Piste), am Ghiacciaio del Sidel findet Sommerskilauf statt. Die überschaubaren Liftanlagen in San Domenico di Varzo, Domobianca, Formazza und auf der Alpe Devero und Piana di Vigezzo erschließen ebenfalls einzigartige Landschaften. Skitourengeher, Radfahrer und Wanderer auf der Via Alpina berichten fasziniert über ihre Erlebnisse, Langläufer kommen in den hochgelegenen Walsergemeinden und im Val Vigezzo auf ihre Kosten. Die Quellwässer der Thermen in Bognanco und Crodo werden zu therapeutischen Zwecken verwendet und teilweise abgefüllt. Von der natürlichen und kulturellen Vielfalt profitiert der zukunftsträchtige sanfte Tourismus. In Baceno im Val Antigorio liegt die monumentale Pfarrkirche San Gaudenzio, die sich ab dem 12.Jh. aus einer kleinen Kapelle entwickelte, im Val Formazza tost - bei geöffnetem Stauseeabfluss - der 143m hohe Toce-Wasserfall. Val Vigezzo wird wegen seiner gerne abgebildeten Landschaft auch "Tal der Maler" genannt. Die Pfarrkirche San Lorenzo (13.Jh.) in Antronapiana im Val d'Antrona wurde 1642 durch einen Erdrutsch verschüttet und anschließend neu errichtet. Bewundernswert erbaute Brücken charakterisieren das Val Divedro (Ponte Nuovo: 14.Jh.). Im Valle Anzasca verschaffen das Walsermuseum in Macugnaga und die alte Goldmine in Pestarena Einblicke in die Vergangenheit. Der Sacro Monte di Domodossola mit 15 Kapellen und der Wallfahrtskirche Santa Croce (17.Jh.) gehört ebenso zum Weltkulturerbe wie die anderen heiligen Berge des Piemont und der Lombardei. Das Landschaftsmuseum im Hauptort existiert seit 1909, archäologische Schaustücke und Kunstwerke werden im Palazzo Viani-Dugnani ausgestellt. Sowohl die "Giardini Botanici di Villa Taranto" wie auch die "Isola Bella" im Seearm zwischen Stresa und Pallanza - die Borromäischen Inseln gelten als "Perlen des Lago" - sind große gartenbauliche Kunstwerke. Wer den See von oben betrachten möchte (möglicherweise auf Skiern), benützt die Seilbahn auf den Monte Mottarone (vergleiche Novara). Ortstypische Spezialitäten sind Pennette all’Ossolana, Gnocchi mit "Formaggio Ossolano" und die aus altem Brot zubereitete "Torta Vigezzina". In Alba gewinnt das Festa del Vino zunehmend mehr Anhänger, wobei die Weine noch häufig für den Eigenbedarf kultiviert werden. Zu den dominanten Reben zählen Nebbiolo, Croatina, Merlot, Barbera und die lokale Züchtung Prünent.
Geschichtliches
Die Lagegunst der einstigen lepontinischen Hauptstadt "Oscella" wussten auch die Römer zu nutzen. Nach Errichtung des Doms galt die Bezeichnung "Domodossola". Während das Pomatt/Val Formazza im 13.Jh. von Walsern besiedelt wurde, unterstand das Val d'Ossola den Conti di Castello. 1259 verloren diese Intra am Lago Maggiore an Novara. 1342 erlangten hier die Visconti die Herrschaft und dehnten sie 1393 auf Pallanza, den Besitz der Conti di Biandrate, aus. Ab 1403 drangen die Eidgenossen mehrfach ins Eschental vor (vergleiche Uri), 1515 übernahmen die Mailänder wieder die Gewalt. Zunehmend lenkte das Haus Savoyen die Geschicke (vergleiche Savoie), bis Napoleon dessen Machtbereiche vorübergehend beschnitt.
Der Eröffnung der Simplonpassstraße 1806 und dem Bau einer mechanisierten Baumwollspinnerei 1808 folgten verstärkte Bemühungen um Industrialisierung, und bescheidener Wohlstand kehrte ein. Am Lago Maggiore entstanden ab 1870 die ersten Luxushotels. 1898 markiert den Baubeginn des Simploneisenbahntunnels Richtung Valais/Wallis, der mit 20km bis heute eine der längsten alpinen Tunnelröhren darstellt - der legendäre Simplon-Orient-Express verkehrte ab 1919. In der Zwischenkriegszeit wurden Pallanza und Intra im heutigen Hauptort "Verbania" (benannt nach dem See) zusammengeführt. Domodossola wurde 1944 Hauptstadt der nur wenige Wochen währenden antifaschistischen Partisanenrepublik Ossola. Ab 1950 wanderten viele Süditaliener ins Ossolatal ein. 1992 erfolgte die Institutionalisierung der Provinz (vorher Teil von Novara), 2007 erhielt Verbania den Stadttitel. | |||||||||||||||||||