Tirol Atlas Archive

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NUTS-3 Region Traunstein (Deutschland)

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Steckbrief
Hauptort: Traunstein591m
Höchste Erhebung: Sonntagshorn1961m
Gemeinden35
Bevölkerung170906
Fläche1534 km²
Bevölkerungsdichte111 Einwohner/km²
>> Datenblatt Nuts-3 Kennzahlen
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Foto
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Grafiken
Höhenverteilung (Hilfe)
Corine Landbedeckung
Alterspyramide
 
NUTS-3 Nachbarregionen
Berchtesgadener Land, Pinzgau-Pongau, Rosenheim (Landkreis), Salzburg und Umgebung, Tiroler Unterland
 
Klimadiagramme nach Walther-Lieth
Rauschberg bei Ruhpolding (1640 m): ø 3.4 °C / Σ 1972mm
Reit im Winkl (690 m): ø 6.2 °C / Σ 1715mm
Ruhpolding (692 m): ø 6.0 °C / Σ 1837mm
Trostberg (489 m): ø 8.1 °C / Σ 1050mm
 

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Kampenwand (1.669m) in den Chiemgauer Alpen (©Chiemsee Tourismus e.V.&Co.KG (www.chiemsee.de))
Beinahe ist man versucht, der Region Traunstein "maritimes Flair" zuzusprechen - ist sie doch annähernd deckungsgleich mit der als "Chiemgau" bekannten Urlaubsregion im Südosten Oberbayerns, in der das "Bayerische Meer" alias Chiemsee eine besondere Rolle einnimmt.

Im Süden des Landkreises erhebt sich der zentrale Teil der Chiemgauer Alpen, die im Sonntagshorn (1.961m) ihren höchsten Gipfel finden. Niedriger liegen Zwiesel (1.781m), Hochgern (1.743m), Rauschberg (1.671m) und Hochfelln (1.664m). Die den Nördlichen Kalkalpen angehörenden Chiemgauer Alpen zeigen sich bis in die hochgelegenen Zonen stark bewaldet, nur vereinzelt finden sich markante Felswände. Das Naturschutzgebiet Östliche Chiemgauer Alpen (Natura 2000) erstreckt sich seit 1954 über 128km² zwischen montaner (700m) und subalpiner Stufe (2.000m). Auf karbonatreichem Ausgangsgestein gedeihen dort Bergwälder aus Buche, Bergahorn, Tanne, Fichte, Kiefer und Lärche.

Teisenberg (1.333m) und Zinnkopf (1.227m) sind rundliche Flyschvorberge der jüngsten alpinen Faltung. Es überwiegen Gesteine aus Mergel, Ton- und Sandstein. Durch die hier fehlende Vergletscherung während der letzten Eiszeit sind die Böden tiefreichend verwittert und erosionsanfällig. Die neueren forstwirtschaftlichen Kahlschläge können deshalb in naher Zukunft zu größeren Problemen führen.

Wie bereits angesprochen, ist der nach Graf "Chiemo" benannte Chiemsee prägend für die Physiognomie der Region. Die Seefläche zählt vollständig zum Kreisgebiet, nur die Inseln sind Teil des Landkreises Rosenheim. Mit maximal 73m Tiefe und 80km² Fläche ist er der größte See Bayerns. Er fasst zirka 2 Mrd. m³ Wasser, also genau zwei Drittel des Volumens des Starnberger Sees (vergleiche Weilheim-Schongau). Der Chiemsee unterliegt starken Verlandungsprozessen, was der Vergleich mit seinen Ausmaßen vor 10.000 Jahren verdeutlicht. Damals besaß der Urchiemsee noch eine Fläche von 300km² und eine maximale Tiefe von 250m.

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Rauschbergbahn auf den Flyschvorberg Zinnkopf (1.227m) (©Ruhpolding Tourismus GmbH)

Der Sedimenteinschub erfolgt über die Tiroler Achen, die aus dem Tiroler Unterland zufließt. Wenngleich sich ihr Delta vornehmlich aus den mitgeführten Kiesen aufbaut, so trägt die Hauptschuld der Verlandung die Schwebstofffracht. In Maximaljahren können 450.000 m³ Sande, Tone und Schluffe zugeführt werden. Die Ramsar-Schutzzone Chiemsee und Ufergebiete (87km²) bewahrt Streuwiesengebiete (Schafwaschen / Osternach), in denen letzte Habitats für Wiesenbrüter, wie Brachvogel, Kiebitz oder Wachtel, liegen.

Zuflüsse sind Tiroler Achen und Prien, den Abfluss übernimmt die Alz, in die dann auch die Traun mündet. Die Grenze der Region gen Nordosten bildet die Salzach - hier befindet sich bei 370m auch ihr tiefster Punkt. Tachinger und Waginger See sind weitere große Seen und gelten mit bis zu 27°C Sommertemperatur als wärmste Seen Oberbayerns. Insgesamt besitzt Traunstein 50 Seen, fünf Flüsse und 56 Wildbäche, der Biotopverbund zwischen Eggstätter Seenplatte (vergleiche Landkreis Rosenheim) und Seeoner Seen ist ökologisch bedeutsam. Dies gilt auch für die vielen Hochmoorgebiete, unter denen die Kendlmühlfilzen bei Grassau hervorstechen.

Die mittleren Jahresniederschläge nehmen von Norden nach Süden und mit der Höhe zu: von Tittmoning (382m) mit 991mm über Ruhpolding (692m) mit 1.837mm bis hinauf am Rauschberg (1.640m) auf 1.972mm. Umgekehrt nehmen die durchschnittlichen Jahrestemperaturen ab, so von Traunstein mit 7,6°C über Ruhpolding mit 6,0°C zum Rauschberg mit 3,4°C. Außergewöhnlich niedrige Sonnenstundenzahlen weist Ruhpolding mit jährlich nur 1.159 auf, dafür sind die Winter schneereich.

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Chiemsee eingebettet in die Moränen des eiszeitlichen Inn-Chiemsee-Gletschers (©Chiemsee Tourismus e.V.&Co.KG (www.chiemsee.de))
Bei einer Bevölkerungsdichte von 111 Einwohnern pro km² erwirtschaftet der Kreis 25.478 € BIP/Kopf, was alpenweit immerhin den 40.Rang einbringt. Dies bedingen nicht zuletzt die Firmensitze international bekannter Unternehmen, wie Degussa, Bosch-Siemens-Hausgeräte oder Linde, aber auch zahlreiche innovative Klein- und Mittelbetriebe. Arbeit findet man zu 6% im Ersten, 35% im Zweiten und 59% im Dritten Sektor.

Die Industrie schafft Stellen vor allem in Herstellung von elektrischen Geräten, Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten, Maschinenbau, Baugewerbe, Herstellung chemischer Erzeugnisse sowie Nahrungs-, Getränke- und Genussmittelherstellung. In den Dienstleistungen führen Handel und Instandsetzung sowie Gesundheits- und Sozialwesen vor Berufen in Immobilienwesen, Informatik, Forschung und Unternehmensdienstleistungen, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Öffentlicher Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,4%. Die Euregios "Salzburg - Berchtesgadener Land - Traunstein" und "Inntal" fördern die ökonomische Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Die östliche Hälfte (vorwiegend Trostberg) hat Anteil am Bayerischen Chemiedreieck.

Fremdenverkehr findet überwiegend im südlichen Teil des Landkreises statt, wo renommierte Luftkur- und Wintersportorte liegen. Ruhpolding bietet Skipisten auf Untern- und Westernberg, verlockend sind insbesondere die Langlaufloipen - nicht umsonst ist hier das Bundesleistungszentrum für Biathlon und Ski Nordisch. Der Hochfelln hat gute Abfahrten und ist Drachen- und Gleitschirmfliegern als Streckenflugberg ein Begriff. Der Weitwanderweg "Via Alpina" führt ebenfalls durch Ruhpolding. Reit im Winkl ist einer der schneesichersten Orte Deutschlands, was man auf der Winklmoosalm auszunützen versteht. Inzell ist Bundesleistungszentrum für Roll- und Eisschnelllauf und hat mehrere Weltmeister und Olympiasieger hervorgebracht.

Orte an den Seen, etwa Chieming, Seebruck oder Waging, haben eine andere Ausrichtung: Gepflegte Strände oder Schiffsfahrten lassen dort Herzen höher schlagen. Als Schmankerl gelten frische Fische oder die "Chiemsee-Fischwürst", eine in Wurstform gekochte Fischbrätmasse. Inspirierende Wirkung strahlen Burgfest Tittmoning, Wallfahrtsritte, Kloster Seeon (Gründung 994) und die Bilder der Chiemseemaler aus. In die Vergangenheit führen ferner Bayerisches Moor- und Torfmuseum, Soleleitungsmuseum (beide Rottau) und Siegsdorfer Naturkunde- und Mammut-Museum. Sollte man den vier noch bestehenden Brauereien des Hauptorts Traunstein entkommen wollen, laden Stadtbefestigung (14.-16.Jh.), Salinenkapelle (17.Jh.), St. Oswald (17.Jh., Primizkirche Papst Benedikts XVI.) und der Hochberg zur Besichtigung ein. Traditionell rasseln alljährlich am Ostermontag die Klingen beim Traunsteiner Georgiritt mit Schwertertanz.

Geschichtliches

Die frühe Geschichte des bayerischen Alpenvorlands vollzog sich mit Keltenbesiedlung und Römerbesetzung überall annähernd gleich. Die belegte Historie Traunsteins begann aber frühestens mit der "Trunaburg" als Sitz der Herren "de Truna". Offizielle Erwähnung fand "Trauwenstain" im Jahr 1245 als Gericht und Amt des Klosters Baumburg, welches heute im nördlichen Landkreisgebiet zu sehen ist. 1275 wechselte der Ort vom Erzbistum Salzburg nach Bayern und die Wittelsbacher bauten den Flussübergang an der Salzstraße zwischen München und Reichenhall aus. Die Stadtbefestigungen wurden verstärkt, 1375 erhielt Traunstein Stadtrechte. Abbau und Verhüttung von Erzen bildete ab dem 16.Jh. die wirtschaftliche Basis für die Orte Ruhpolding und Inzell in den Chiemgauer Alpen. 1619 war die Solepipeline aus Reichenhall vollendet und Traunstein entwickelte sich zum dritten großen Salzproduzenten Bayerns.

Der Salzzoll machte bis etwa 1800 einen wichtigen Teil der städtischen Einnahmen aus. Die Salzstraßen belebten dabei Handwerk und Handel generell. Der 30-jährige Krieg berührte die Region kaum, jedoch hielt die Pest Einzug, und 1704 invadierten österreichische Einheiten im Zuge des Spanischen Erbfolgekriegs. Dies zog einen vernichtenden Stadtbrand und lange Besatzungszeiten nach sich. 1800 nahmen französische Truppen die Gegend ein, doch schon 1806 stand Bayern auf der Seite Frankreichs. Dem erneuten Wiederaufbau Traunsteins nach dem Brand von 1851 kam die Eröffnung der Bahnlinie München-Salzburg 1860 zugute. Die Bahnlinie nach Ruhpolding folgte 1895. Kriegsgefangene wurden im Ersten Weltkrieg in der Saline verwahrt, 1938 vertrieb man die Juden. Im Zweiten Weltkrieg waren schwere Bombenangriffe zu bewältigen. In der Nachkriegszeit kamen viele Heimatvertriebene aus dem Osten und es entstand die neue Stadt Traunreut, die heute mit über 21.000 Einwohnern größer als die namensstiftende Kreisstadt Traunstein ist.

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