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Unternehmensneugründungen 2000 und 2005

Wie viele neue Unternehmen wurden wo in Tirol gegründet?

Die Zahl an Unternehmensneugründungen kann ein wichtiger Indikator für die aktuelle Dynamik des Wirtschaftslebens sein. Im konkreten Fall handelt es sich bei den Daten der Wirtschaftskammer Tirol um sogenannte "echte" Neugründungen, das heißt auf Unternehmen mit einer neuen Branchenaktivität und/oder einem neuen Standort. Protokollierungen aufgrund von Rechtsformenwechsel, Umgründung oder Unternehmensübernahme sind nicht erfasst. Die Daten des Handelsregister Bozen weisen dagegen alle Neuprotokollierungen aus, wobei die Unternehmen des Landwirtschaftssektors aus der Betrachtung herausgenommen wurden, um die Vergleichbarkeit mit Nordtirol zu verbessern.

Im Vergleich der Zeitpunkte 2000 und 2005 ergibt sich auf der Bezirksebene eine deutliche Steigerung der Gründungsaktivitäten in Nordtirol, während das Bild in Südtirol sehr gemischt ausfällt. Seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 ist die Zahl der Neugründungen von rund 1200 auf rund 2200 deutlich gestiegen. Gerade auf den New Economy Boom im Jahre 2001 hat die Nordtiroler Wirtschaft mit einer deutlichen Steigerung der Unternehmensgründungen reagiert. Im Jahre 2003 wurde konjunkturell bedingt der Höhepunkt der Gründungsaktivitäten besonders in Innsbruck und Innsbruck-Land erreicht. Seitdem ist allerdings gerade im Zentralraum der Nordtiroler Wirtschaft eine deutliche Abkühlung eingetreten. Sehr gut schneiden dagegen die peripher gelegenen Bezirke Imst und Lienz ab. In Südtirol brachen die Eintragungen in das Handelsregister bereits 2002 deutlich ein, haben sich seitdem aber wieder leicht erhöht. Hier ergibt sich ein Gegensatz zwischen dem westlichen und zentralen Südtirol, wo die Neueintragungen in das Handelsregister 2005 etwas geringer waren als 2000, und dem Süden und Osten des Landes mit leicht höheren Werten.

Für die Sektorstruktur der Wirtschaft sind die Auswirkungen nördlich und südlich des Brenner sehr ähnlich ausgefallen. Neue Unternehmen sind demnach v.a. im Dienstleistungsbereich und hier besonders in den Branchen Informatik, Unternehmensberatung und Immobilien, in Nordtirol auch in der Sparte Transport und Verkehr, entstanden. Im produzierenden Bereich konnte v.a. das Baugewerbe kräftig zulegen. Das Verarbeitende Gewerbe (Industrie) schnitt besonders in Südtirol schwach ab und auch der Handel hat in beiden Tiroler Landesteilen keine wesentliche Impulse für Unternehmensgründungen setzen können. Neben der Sektorstruktur ist auch die Verteilung der Rechtsformen in deutlicher Bewegung begriffen. Zwar sind die Einzelfirmen (NT: 75,5 %; ST: 65,5 %) nach wie vor in der deutlichen Mehrheit, durch die Neugründungen findet aber aber eine zunehmende Verlagerung zu Personen- und Kapitalgesellschaften statt. Besonders die Rechtsformen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), der Kommanditgesellschaften und der Offenen Handelsgesellschaften sind auf dem Vormarsch. Allerdings gilt für die "echten" Neugründer, dass sie zumeist als Ein-Personen-Unternehmen und damit "klein" anfangen.

Die Studie "Südtirols Firmenportrait" des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) Bozen, die anläßlich des 4. Giornata dell'economia im Mai 2006 erstellt wurde, verweist zurecht darauf, dass die Zahlen zu den Unternehmensneugründungen nur ein Hinweis auf die Entwicklung der Konjunktur sind. Die schwache Entwicklung der Neugründungen in Südtirol ist sicherlich auch auf das hohe Ausgangsniveau an Unternehmen zurückzuführen. Gerade die geringe Arbeitslosigkeit in Südtirol kann laut WIFO ein Grund für die geringe Zahl an Neugründungen sein, weil weniger "Ich-AG"s oder sogenannte "Neue Selbständige" einen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit suchen. Allerdings räumt das WIFO auch ein, dass in Südtirol die Gefahr einer Überalterung der Unternehmer besteht, und auch der Anteil von Frauen geführter Unternehmen liegt mit 21 % deutlich unter dem Nordtiroler Wert von 30 %. In Teilbereichen besteht also durchaus Handlungsbedarf, um eine Verbesserung der Unternehmenslandschaft herbeizuführen. Die Wirtschaftskammer Tirol verweist demgegenüber wiederum in ihrer "Regionalpolitischen Studie Unternehmensgründungen in Tirol" vom Mai 2006 auf der Basis einer Befragung von Jungunternehmern darauf hin, dass die "Neuen Selbständigen" durchaus selbsbewusste und selbstbestimmte Unternehmer mit Expansionsabsichten sind. Sie leisten einen erheblichen Beitrag zur Steigerung der Wertschöpfung und die meisten von ihnen haben bewusst entschieden, ihr eigener Chef zu sein und Marktchancen zu nutzen. Demnach gehen nur relativ wenige Gründungen auf die Unterstützung durch das AMS zurück. Daten zu Jungunternehmern und Unternehmensgründern können also sehr verschieden interpretiert werden. Erst nach 3-4 Jahren kann einigermaßen sinnvoll bewertet werden, ob die neuen Unternehmen lebensfähig sind und neue Arbeitsplätze schaffen können. Die Studie der WK Tirol ermittelte immerhin eine "Überlebensquote" der neuen Unternehmen nach 7 Jahren von 65,6 %.