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Standortkoeffizient Tourismus

In welchen Gemeinden Tirols dominiert die Tourismuswirtschaft?

Die räumliche Konzentration der Tourismusbranche offenbart eine große Chance für die Wirtschaft im Tirol Atlas Gebiet. Vergleicht man diese Karte mit den Karten Arbeitsplatzkonzentration in der Sachgütererzeugung und in den Unternehmensdienstleistungen, so fällt der "Stockwerkbau" der alpinen Wirtschaft ins Auge. Während alle anderen Branchen des Industrie- und Dienstleistungssektors zumeist Standorte in den Haupttälern und besonders in und um die größeren Städte bevorzugen, zeichnet sich die Tourismusbranche durch das Aufsuchen von peripheren Standorten in den hochgelegenen Tälern und Talschlüssen aus. Daraus ergibt sich die Chance der komplementären Arbeitsteilung zwischen den Haupttalböden und den hochgelegenen Seitentälern.

Die Ursache dieser funktionalen Trennung sind unterschiedliche Standortansprüche. Díe Tourismuswirtschaft stützt sich im wesentlichen auf die Inwertsetzung von naturräumlichen Potenzialen. Beste naturräumliche Voraussetzungen für den Skisport und andere Bergsportaktivitäten, die beeindruckendsten Landschaftsbilder, eine vielfältige, bäuerlich geprägte Kulturlandschaft und Sonderfaktoren wie größere Gewässer (z.B. der Achensee) sind entscheidende Kriterien für das Funktionieren der Tourismus. Gemeinden mit einem Standortkoeffizient größer 2,5, also einer mehr als zweieinhalbfachen Überrepräsentation der Tourismuswirtschaft gemessen in Arbeitsplätzen im Vergleich zum Gesamttiroler Durchschnitt, können eindeutig als vom Tourismus abhängig bezeichnet werden. Sie finden sich im Montafon, rund um den Arlberg, in Teilen des Außerfern (z.B. Tannheimer Tal), den Seitentälern des Oberinntales, im Zillertal, in den Kitzbüheler Alpen, im Achental, in Teilen Osttirols, in den Dolomiten (Grödner- und Abteital), in Teilen des Bezirkes Pustertal, rund um Meran, in Teilen des Vinschgaues, im Passeiertal, im Fassa Tal und im Ampezzaner Tal.

Die anderen Branchen der Sachgütererzeugung und der Dienstleistungswirtschaft legen dagegen einen gesteigerten Wert auf Standortfaktoren wie verfügbare Fläche (v.a. für die Industrie wichtig, siehe Karte Standortfaktor Flächenverfügbarkeit), eine optimale Verkehrsanbindung (siehe Karte Fahrzeit zur nächsten Autobahn) oder, im Falle der modernen Wissensökonomie, die Nähe zu den städtischen Bildungs-, Ausbildungs- und Forschungszentren (siehe Karte Wissensökonomie), die sich in den Haupttälern finden. Verstärkter Tourismus findet in den Haupttalgemeinden nur in Sonderformen statt, wie z.B. als Kulturtourismus in den größeren Städten oder aufgrund überragender Einzelattraktionen wie den Swarovsky Kristallwelten in Wattens.

Diese räumliche Trennung zwischen "Normalwirtschafts-" und "Tourismuswirtschaftsgebieten" ist besonders ausgeprägt in Nord- und Osttirol zu beobachten. In Südtirol wird der Effekt durch die große flächenmäßige Ausdehnung der Gemeinden und durch den kompakteren und größeren Dauersiedlungsraum in den Haupttälern gedämpft. Die Südtiroler Gemeinden haben meist an beiden funktionalen Teilräumen einen Anteil und verfügen deshalb über einen ausgeglicheneren Branchenmix. In Südtirol zeichnen sich nur die größeren Städte markant durch niedrige Standortkoeffizienten der Tourismuswirtschaft ab.

Betrachtet man die Dynamik der Arbeitsplatzentwicklung im Tourismussektor zwischen 1991 und 2001, so zeigt sich ein Nord-Süd-Gefälle. Während die Nordtiroler Tourismuswirtschaft von 27.128 auf 37.662 Arbeitsplätze gewachsen ist, schrumpfte ihr Pendant in Südtirol von 30.143 auf 27.242 Arbeitsplätze. Im Trentino ist die Dynamik ebenfalls deutlich schwächer als nördlich des Brenners mit einem Wachstum von 12.712 auf 13.992 Arbeitsplätze. Die Nachfragerückgänge im Tourismus in den 1990er Jahren haben Südtirol hart getroffen, weil hier der besonders gefährdete Sommertourismus eine größere Rolle spielt und weil das Ausgangsniveau an Arbeitsplätzen 1991 bereits sehr hoch war. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die positive Entwicklung in Nordtirol zum Teil durch eine Umstellung der Erhebungsmethodik bedingt ist (Substituierung von Erhebungsausfällen an Arbeitsstätten und Beschäftigten durch einen Abgleich mit den Pendlerdaten der Volkszählung) und dass auch hier die Tourismuswirtschaft zwischen 1991 und 1997 durch ein konjunkturelles Tal gegangen ist.

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