Tirol Atlas Archiv

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Standortfaktor Flächenverfügbarkeit

Einflüsse der Baulandknappheit auf die Tiroler Industrie

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Chemiewerk Sandoz im weiten Inntalboden bei Kundl
(© Sandoz GmbH)

Jedem Wanderer, der schon einmal bei klarer Sicht auf einem Gipfel der Innsbrucker Nordkette oder der Kalkkögel gestanden hat und in die breite Furche des Inntales hinab und hinaus Richtung Kufstein geblickt hat, wird sich die Aussage der Karte Standortfaktor Flächenverfügbarkeit intuitiv erschließen. Siedlungen, Infrastruktur, Gewerbegebiete und die großen Industrieanlagen drängen sich entlang dieser wirtschaftlichen Hauptschlagader des Landes Tirol. Gleiches gilt auch für den Blick von oben auf den Bozner Talkessel und hinab in das Etschtal zwischen Meran und der Salurner Klause.

Im Land Tirol stehen nur gut 12 % der Gesamtfläche als Dauersiedlungsraum* zur Verfügung, in Südtirol beträgt dieser Anteil 14 %. Vielfältige Nutzungskonkurrenzen und daraus folgend hohe Baulandpreise sind die zwangsläufige Folge der topographisch bedingten Bodenverknappung. Verschärft wird das Problem durch die Hortung von Bauland, da Grundstückseigentümer bei tendenziell weiter steigenden Preisen einen Anreiz haben, ausgewiesenes Bauland zunächst nicht zu bebauen, weil sie auf weitere Wertsteigerungen hoffen können. Vergleichsweise viel Dauersiedlungsraum steht den Gemeinden des Inntales zwischen Kufstein und Telfs und den Gemeinden im Etschtal entlang der Achse Meran-Bozen-Neumarkt zur Verfügung. Hinzu kommen die Talkessel um Brixen, Bruneck und Lienz. Die Erkenntnis, dass sich in diesen Räumen auch die großen, flächenintensiven Industrieanlagen ballen, ist beinahe schon banal.

Wichtig wird der Standortfaktor Flächenverfügbarkeit in der Konkurrenz mit außeralpinen Regionen, die im bayerischen Teil des Tirol Atlas Gebietes zu finden sind. Die dortigen Alpenvorland-Gemeinden verfügen über einen Anteil von deutlich über 50 %, teilweise sogar über mehr als 80 %, Dauersiedlungsraum an der Gesamtfläche. Flächenintensive Industrien mit positiven Skalenerträgen (je größer die Produktionsanlagen, desto günstiger kann produziert werden) wie die Holzverarbeitung haben einen Anreiz, Standorte aus Tirol heraus dorthin zu verlegen. Das Unternehmen Binder Holz hat z.B. im Mai 2005 durch Investitionen von 75 Mio. € einen neuen, großen Produktionsstandort in Kösching bei Ingolstadt eröffnet, der schon 2008 die Produktionsleistung des Stammwerkes in Fügen im Zillertal übertreffen soll.

Die Nordtiroler Raumordnung versucht im Rahmen des zum Jahresende 2004 gestarteten Projektes ZukunftsRaum Tirol mit verschiedenen Instrumenten das Flächenmanagement im Dauersiedlungsraum zu verbessern:

  1. Bodenfonds: Dieser Fonds kauft im großen Stile Baugrundstücke an und stellt sie im Rahmen einer gesamthaften Planung und Erschließung interessierten Unternehmen zur Verfügung (Bis Februar 2005 wurden 270.000 m2 erworben und 125.000 m2 als Gewerbegrundstücke weiter verkauft).
  2. Standortdatenbank: Die Abteilung Raumordnung und Statistik der Tiroler Landesregierung hat in Zusammenarbeit mit der Zukunftsstiftung Tirol und der Daten-Verarbeitung-Tirol GmbH (DVT) eine Standortdatenbank implementiert, die alle für eine Betriebsansiedlung relevanten Informationen bündelt und im Internet zur Verfügung stellt.
  3. Mobilisierung von Baulandreserven: Um die tatsächliche Bebauung von ausgewiesenen Baulandgrundstücken zu fördern, werden derzeit mehrere Vorschläge angedacht (z.B. vorgezogene Erschließungs- und Erhaltungsbeiträge, Grundsteuer B auch für unbebautes Bauland, Anhebung der Einheitswerte, Rückwidmung)

* Dauersiedlungsraum = für dauerhaftes Wohnen und Wirtschaften (ausgenommen die Tourismuswirtschaft) geeigneter Raum (genaue Definition siehe Metadaten Karte Raum-Gliederung-Oberflächenbedeckung)